Nur auf einer hinreichenden Informationsgrundlage können die Ratsmitglieder und -fraktionen sich wirksam in den Entscheidungsfindungsprozess im Rat einbringen. (OVG Koblenz vom 1. Juni 2010 – AZ 2 A 11318/09)
Ratsmitglieder sind nicht nur berechtigt, im Gemeinderat und den Ausschüssen abzustimmen. Ihnen steht auch das Recht zu, über die Gegenstände der Abstimmung zu beraten. Zur wirksamen Ausübung dieser Rechte sind die Ratsmitglieder auf angemessene Unterrichtung über die Gegenstände anstehender Ratsentscheidungen angewiesen. Der Umfang des Unterrichtungsanspruchs der Ratsmitglieder und Fraktionen gegen den Bürgermeister richtet sich nach der Art der anstehenden Ratsentscheidung im Einzelfall.
Der Bürgermeister ist bei umfangreichen und schwierigen Entscheidungsgegenständen oder bei Angelegenheiten von größerer Bedeutung für die Gemeinde gehalten, die Ratsmitglieder und Fraktionen schon im Vorfeld der Sitzung des Gemeinderats oder des Ausschusses angemessen zu unterrichten. Hierbei wird es häufig – etwa im Rahmen der gemeindlichen Bauleitplanung, bei Haushaltsberatungen oder bedeutenderen Vergabeentscheidungen – erforderlich sein, den Ratsmitgliedern und Fraktionen schriftliche Unterlagen über den Gegenstand der anstehenden Entscheidung zur Verfügung zu stellen.
In jedem Fall müssen die Ratsmitglieder und Fraktionen so vollständig und rechtzeitig über den jeweiligen Entscheidungsgegenstand unterrichtet sein, dass sie ihre gesetzliche Aufgabe zur Willensbildung und Entscheidungsfindung im Rat wirksam erfüllen können.
In dem konkreten Fall hatte ein Ratsmitglied beanstandet, er wäre über den Tagesordnungspunkt „Abwägung der Anregungen zu einem Bebauungsplan“ nicht vollständig und rechtzeitig unterrichtet worden. Jedoch hatten die Ratsmitglieder schon Monate vorher die schriftlichen Planunterlagen erhalten und danach auch die eingegangenen Anregungen zu dem Planentwurf sowie die entsprechenden Stellungnahmen und Schlussvorschläge der Verwaltung.
Das Ratsmitglied war somit umfassend über den Tagesordnungspunkt unterrichtet. Einer nochmaligen Aushändigung der Planunterlagen bedurfte es im Vorfeld zu der Ratssitzung nicht. Deshalb wurde die gegen den Bürgermeister gerichtete Klage des Ratsmitglieds zurückgewiesen.
Franz Otto