Projekte der Veränderung frühzeitig starten

Der öffentlichen Verwaltung steht in den kommenden Jahren ein Wandel bevor. Die Balance zwischen Konzept und Umsetzung des Change Managements zeigt sich dabei als größte Herausforderung. Dieser Beitrag beispielhaft zeigt auf, worauf es bei der Gestaltung der Veränderungen ankommt.

Die Städte und Gemeinden stehen in zunehmendem Maße vor großen Veränderungen. Auf absehbare Zeit ist nicht zu erwarten, dass diese Welle des Wandels abflaut. Allein die bevorstehende Ablösung papiergestützter Abläufe wird auf Jahre hinaus merkliche Umwerfungen mit sich bringen. Hierbei sprechen nicht wenige von einer Revolution.

Antworten und Konzepte zu diesen Fragen gibt es in den Verwaltungen in ausreichender Zahl. In fast jeder Dezernentenschublade schlummert ein Organisationsgutachten mit dem Fokus auf zukünftige Abläufe, agile Zusammenarbeitsmodelle oder moderne Bürgerdienste. Bemerkenswert sind dabei zwei Aspekte: Zum einen wird die notwendige Umsetzung dieser Ideen immer wieder als Herausforderung beschrieben. Zum anderen scheint die Verteilung von Ressourcen, die in die Konzeption geflossen sind, nicht im gleichen Ausmaß für die Umsetzung eingeplant zu werden. Es wirkt fast so, als herrsche die Meinung, die Materialisierung der angestrebten Veränderungen fiele vom Himmel. Mancher Bürgermeister handelt gemäß der Devise: Wenn das Organigramm erst mal geschrieben ist, kommt der Rest schon von allein.

Doch nach der Erfahrung in der Beratungspraxis ist jeder Wandel in einer Organisation ein Unikat. Und: Organisationen, die sich frühzeitig mit der Umsetzung beschäftigen und deren Start gut vorbereiten, kommen schneller vom Fleck, nehmen mehr Mitarbeiter mit und erreichen ihre Ziele deutlich früher. Wäre jedes dritte Konzeptpapier oder jede zweite Strategie-Besprechung eine Umsetzungswerkstatt, so wäre schon viel erreicht.

Im Folgenden werden drei wesentliche Erfolgsfaktoren anhand von Praxisbeispielen erläutert, deren Umsetzung bei einem größeren Change-Vorhaben zu berücksichtigen ist.

Einbindung der Mitarbeiter

Veränderungen werden von Menschen getragen. Die Einbindung der Mitarbeiter steht daher an erster Stelle. Keine Veränderung von Abläufen, Instrumenten oder Zuständigkeiten lässt sich ohne die Beteiligung des Teams umsetzen. Das sollte landauf, landab bekannt sein. Entscheidend ist der Zeitpunkt der Einbindung. Hier gilt: so früh wie möglich! Um wenig konstruktive Generaldebatten zu vermeiden, sollte zum Zeitpunkt der Einbeziehung von Mitarbeitern die Zielsetzung der Veränderung geklärt und die dazu passende Strategie grob beschrieben sein. Hier überfordern sich viele Projektverantwortliche mit zu vielen Details und Komplexitäten. Es gilt, in kurzen Besprechungen oder Workshops die neue Welt und den Weg dorthin zu skizzieren.

Eine Kommune aus Bayern band bei der Einführung eines Wissensmanagement-Tools bereits vor der Auswahl des IT-Dienstleisters seine Mitarbeiter ein. Aus jedem Amt wurden im Vorfeld drei Vertreter eingeladen. In 90 Minuten hatten die Kollegen die Gelegenheit, ihre Anforderungen mitzuteilen. Auch wenn nicht alle Wünsche Berücksichtigung finden konnten, wurden doch die Widerstände bei der Einführung deutlich gesenkt und die Akzeptanz signifikant erhöht. Solche kurzen Beteiligungsworkshops lassen sich auch für größere Verwaltungen beispielsweise mit einem „Option Finder“ (TED-System) ohne Probleme gestalten.

Transparenz und Zielvorgabe

Fragen Sie drei Führungskräfte in einem Rathaus, was die größten laufenden Veränderungsprojekte sind, und Sie erhalten fünf Antworten! Die bestehende Situation sollte nicht beschrieben werden, ohne zugleich den künftigen Zustand aufzuzeigen. Eine solche Transparenz und Klarheit ist vor allem bei sich verändernden Zuständen für Mitarbeiter extrem wichtig.

Ein Landratsamt in Baden-Württemberg nutzte zur Einführung einer zentralen Kfz-Zulassungsstelle einen Spielzeug-Baukasten, um den Mitarbeitern das neue Großraumbürokonzept und seine Abläufe zu vermitteln. Die Anregungen wurden aufgenommen, schriftlich fixiert, bewertet und, sofern möglich, berücksichtigt. Innerhalb eines Jahres war dieser Prozess, bei einer hohen Zufriedenheit der Mitarbeiter, abgeschlossen.

Machbarkeit und Konsequenzen

In einem komplexen Umfeld sind die Konsequenzen und die Machbarkeit von Veränderungen häufig nur schwer abzuschätzen. Diese Ungewissheit bringt nicht selten das eine oder andere Change-Projekt ins Stocken. Je konkreter die Konsequenzen formuliert oder dargestellt werden können, desto reibungsloser findet eine Implementierung statt.

Ein Bundesministerium unternahm zur Einführung einer elektronischen Akte mit seinen Mitarbeitern in mehreren Workshops eine „Zeitreise“ in die Zukunft. Hierbei wurde der konkrete papierlose Alltag in häufig auftretenden Vorgängen simuliert. Sowohl den Mitarbeitern als auch den Führungskräften wurde in diesen Tagen bewusst, welche gravierenden Veränderungen auf sie zukommen. Bereits zu diesem Zeitpunkt stellte sich heraus, dass ein zentraler Posteingang alle eingehenden Anfragen besser steuern würde, als eine Verteilung der Zuständigkeiten auf einzelne Personen. Heute funktioniert diese Postzentrale bereits teilautomatisch. Derartige Szenarien zu simulieren und mit Mitarbeitern auf ihre Machbarkeit zu prüfen, ist ein entscheidender Erfolgsfaktor.

Erfolgreiche Bürgermeister der nächsten zehn Jahre werden sich vor allem als „Change-Meister“ beweisen müssen. Angesichts der anstehenden Veränderungen in Städten und Gemeinden ist jeder Verantwortliche gut beraten, sein Augenmerk nicht nur auf die Umsetzung zu richten, sondern sich auch konkret darauf vorzubereiten.

Natascha Kreutz / Bengt Krauß

Die Autoren
Dr. Natascha Kreutz und Bengt Krauß sind Senior-Beraterin und Partner des Unternehmens Iltis aus Rottenburg am Neckar, Baden-Württemberg