Positive Ziele setzen

Kommunen benötigen für den Einkauf von Leistungen Kompetenz im Umgang mit dem komplexen Regelwerk des Vergaberechts. Neben der Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs spielen bei öffentlichen Ausschreibungen ökonomische Aspekte und Erfolgskontrollen eine zentrale Rolle. – Teil 3 unserer Beitragsserie zum neuen Vergaberecht.

Das Vergabewesen erfordert besondere Kenntnisse und Erfahrungen in der Anwendung. Die notwendigen Fähigkeiten müssen erlernt werden, können aber dann besonderen Gewinn für die örtliche Gemeinschaft erbringen. Für Kommunalvertretungen sind strategische Überlegungen zu Beginn des Vergabeverfahrens notwendig.

Ausgangspunkt für eine Vergabeplanung ist zunächst eine Analyse aller potenzieller Risiken und Chancen. Als Nachteil des Vergaberechts wird der hohe bürokratische und personelle Aufwand zur Durchführung des Verfahrens angesehen, dessen Ausgang ungewiss ist. Ein Verfahren kann auch und gerade für Kommunen gewinnbringende Ergebnisse haben, die über den schlichten Gesetzesvollzug hinausgehen. Die Grundlage einer Vergabestrategie setzt voraus, dass sich die kommunale Vertretung folgende Fragen stellt: Welche Bedürfnisse haben wir als Gemeinde? Welche (finanziellen) Ressourcen haben wir zur Durchführung der Ausschreibung? Wie erreichen wir unser Einkaufsziel, und vor allem: wie können wir was im Verfahren gestalten?

Das Ziel muss sein, dass der Weg fort von einer Vermeidungsstrategie hin zu einer kreativen Auswahlstrategie unter Berücksichtigung der neu eingeführten strategischen Vergabekriterien geht. Bei einer Vergabestrategie muss sich die Gemeinde positive Ziele setzen (z. B. soziale oder umweltbezogene Ziele und Barrierefreiheit). Nicht alle gewünschten Ziele können immer erreicht werden.

Die Vergabeverfahren sollen – so der Gesetzgeber – effizienter, einfacher und flexibler gestaltet werden. Bereits das Begriffspaar „einfach“ und „flexibel“ zeigt einen Zielkonflikt auf: Einfach bedeutet klare, wenige Regeln, während flexibel im Sinne von verschiedenen und gegebenenfalls komplexe Maßgaben zu verstehen ist.

Die kommunalpolitische Vertretung sollte sich daher fragen, was dem Bürger am meisten am momentanen Leistungserbringer gefällt. Dann wäre zu überlegen, wie diese Eigenschaften in die Leistungsbeschreibung Eingang finden könnten. Die Gemeinde erhält dann ein optimales Angebot und die von ihr nachgefragte Leistung wird im Sinne der Gemeindebürger erfüllt. Die kommunalpolitische Vertretung sollte aber die strategischen Vorgaben für die Ausschreibung liefern und nicht der Verwaltung überlassen.

Insgesamt besteht eine Vergabestrategie aus der intensiven Bedarfsermittlung und der daraus resultierenden Vergabekonzeption, aus der Erstellung der Leistungsbeschreibung und der Vergabeunterlagen, insbesondere einer strategischen Wertungsmatrix. Der Bundesrechnungshof hat eine Check-Liste (Einsatz externer Berater in der Bundesverwaltung, Schriftenreihe des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Band 14) notwendiger Schritte zur Vorbereitung des Einsatzes externer Berater erstellt, anhand derer die Schritte für eine ordnungsgemäße Vergabe dargestellt werden. Die Schritte der Check-Liste lauten wie folgt:

  • Problem beschreiben und Ziel festlegen: Die zu bewältigende Aufgabe, für die die Einschaltung Externer erwogen wird, muss nachvollziehbar beschrieben und abgegrenzt werden. Hierbei sind Ziele und Maßstäbe so festzulegen, dass sie eine spätere Erfolgskontrolle ermöglichen.

  • Notwendigkeit des Beratereinsatzes prüfen: Die Verwaltung muss zunächst prüfen, ob sie die Leistung selbst erbringen kann, bevor sie die Vergabe an Externe in Betracht zieht.

  • Wirtschaftlichkeit ermitteln: Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und Bedarfsanmeldung sind alle Lösungsalternativen darzustellen und zu bewerten.

  • Leistung eindeutig beschreiben: Ist der Dritte die wirtschaftliche Alternative, dann ist die gewünschte Leistung eindeutig und umfassend zu beschreiben udn eine Wertungsmatrix zu erstellen.

  • Verträge eindeutig fassen: Die Verträge müssen so abgefasst werden, dass die Leistung sowohl inhaltlich als auch zeitlich eindeutig beschrieben und kontrollierbar ist.

  • Leistung öffentlich ausschreiben: Eine freihändige Vergabe (und wenn, dann nur nach vorherigen Teilnahmewettbewerb) kommt nur in wenigen Ausnahmefällen in Betracht.

  • Leistung kontrollieren, steuern und abnehmen: Eine sachgerechte Kontrolle und Steuerung des Beratungsprojekts kann wesentlich zu einem erfolgreichen Abschluss beitragen.

  • Abschließende Erfolgskontrolle: Die gesamte Maßnahme muss abschließend einer nachvollziehbaren Erfolgskontrolle unterzogen werden.

  • Erfahrungen (Wissen) zur Verfügung stellen: Es sollten alle Möglichkeiten genutzt werden, um wesentliche Informationen zu Beratungsschwerpunkten und -ergebnissen ressortübergreifend im Sinne eines Wissensmanagements zur Verfügung zu stellen.

  • Gesamtes Verfahren dokumentieren: Die einzelnen Schritte von der Problembeschreibung über die Notwendigkeitsprüfung bis hin zur Umsetzung von Beratungsergebnissen sind nachvollziehbar zu dokumentieren.

Nur eine professioneller Ausschreibungsvorbereitung und -durchführung führt einer zu nachhaltigen Vergabe vor Ort. Hierfür ist eine sorgfältige Planung unumgänglich. Fehlen der Vergabestelle die notwendigen fachlichen und technischen Voraussetzungen zur Durchführung des Verfahrens, bietet sich insbesondere für kleinere Kommunen die Einschaltung qualifizierter Dritter an. Sinnvoll könnte auch eine Optimierung der Bündelung im öffentlichen Einkauf sein, zum Beispiel durch die Gründung von zentralen Beschaffungsstellen gemäß Paragraf 120 Absatz 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB).

Christian Braun

Der Autor
Dr. Christian Braun ist Fachanwalt für Vergaberecht und Fachanwalt für Verwaltungsrecht in der Sozietät Braun und Zwetkow Rechtsanwälte in Leipzig

Info zu unserer Serie über das neue Vergaberecht:

Teil 1 – „Im Auftrag der Gemeinde tätig“ – ist erschienen in der gemeinderat 2/2016, S. 70/71. – Bestellen Sie hier diese Ausgabe

Teil 2 – „Beschaffung auf digitalem Weg“ – lesen Sie hier

Teil 4 – „Keine krummen Touren“ – ist erschienen in der gemeinderat 5/2016, S. 70/71. – Bestellen Sie hier diese Ausgabe