Ein öffentlicher Auftraggeber muss bei Vergabefehlern auch ohne Verschulden Schadensersatz leisten. Eine nationale Regelung, die ein Verschulden des Auftraggebers verlangt, ist europarechtswidrig. (EuGH vom 30. September 2010 – AZ C-314/09)
Verstößt ein Auftraggeber gegen Vergabevorschriften, können Bieter den Ersatz der ihnen hieraus entstehenden Schäden verlangen. Dies ergibt sich aus der EU-Rechtsmittelrichtlinie. Die Umsetzung dieser Richtlinie in den einzelnen Mitgliedsstaaten variiert jedoch.
Der EuGH hatte über eine österreichische Regelung zu entscheiden, nach der der Schadensersatzanspruch eines Bieters ein Verschulden des Auftraggebers voraussetzt. Dem EuGH zufolge verstößt dies gegen Europarecht, da die Rechtsmittelrichtlinie kein Verschulden vorsieht.
Die Entscheidung hat auch Auswirkungen auf die deutsche Rechtsprechung. Zwar verlangten die Gerichte bislang kein Verschulden, wenn Bieter lediglich so gestellt werden wollten, als hätten sie nie teilgenommen („negatives Interesse“, z. B. Angebotskosten). Jedoch mussten Bieter, die so gestellt werden wollten, als hätten sie den Zuschlag erhalten („positives Interesse“, z. B. entgangener Gewinn), dem Auftraggeber ein Verschulden nachweisen. Dies ist vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils nicht mehr möglich.
Ute Jasper / Jan Seidel