Offene Fragen klären

Der Bieter muss die Leistungsbeschreibung und das Leistungsverzeichnis sorgfältig prüfen, um Fehlkalkulationen zu vermeiden. (LG Arnsberg vom 5. August 2004 – AZ 2 O 135/04)

Ein Tiefbauunternehmer hatte nach einer öffentlichen Ausschreibung die Verlegung von Leitungen im Grund einer Straße übernommen, ohne dass die Leistungsbeschreibung Einzelheiten über den Verlauf vorhandener Leitungen in dem fraglichen Bereich erkennen ließ. Deshalb machte der Tiefbauunternehmer Zusatzkosten für erforderlich gewordene Leitungsquerungen geltend.

Nun sind nach Paragraf 9 VOB/A Leistungen eindeutig und so zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können. Zur Eindeutigkeit gehört, dass insbesondere auch die Einzelheiten der geforderten Leistung technisch richtig und übersichtlich dargestellt sind. So stellte sich in diesem Fall die Frage, ob die Leistungsbeschreibung unter Berücksichtigung der nicht beigefügten Bestandspläne und den entsprechenden Klauseln erschöpfend und eindeutig war.

Nach dem Urteil des Gerichts kam kein Schadensersatzanspruch des Unternehmers in Betracht. Denn bei einer erkennbar lückenhaften Ausschreibung übernimmt ein Bieter, der gleichwohl ein Angebot abgibt, das Risiko eines zu niedrigen Angebots, sodass er nicht später bei Kostenüberschreitungen Schadensersatz verlangen kann.

In diesem Falle ist der Bieter in seinem schutzwürdigen Vertrauen auf eine vollständige Leistungsbeschreibung nicht enttäuscht worden. Wegen der für ihn gegebenen Erkennbarkeit der Lückenhaftigkeit war es dem Bieter möglich, etwaige Zweifelsfragen zu der Angebotsabgabe zu klären oder jedenfalls entsprechende Hinweise zu machen.
Der Bieter muss die Leistungsbeschreibung und das Leistungsverzeichnis im eigenen Interesse sorgfältig prüfen. Wenn er dies nicht tut, dann ist der Ursachenzusammenhang zwischen der Lücke der Leistungsbeschreibung und der Kalkulation nicht gegeben.

In dem konkreten Fall hätte der Unternehmer bei Annahme einer lückenhaften Leistungsbeschreibung auf Grund des bei ihm zu verlangenden Fachwissens erkennen können, dass in dem gesamten Baufeld bereits Versorgungsleitungen lagen. Die der Leistungsbeschreibung nicht beigefügten Bestandspläne hätten ein Einsichtsgesuch oder einen Hinweis gegenüber dem Auftraggeber erforderlich gemacht.

Franz Otto