Öffentliche Aussage

Eine unzutreffende Tatsachenbehauptung ist grundsätzlich nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. (OLG Karlsruhe vom 29. September 2008 – AZ 6 U 72/06)

Ein Bürgermeister hatte sich öffentlich nachteilig über einen Rechtsanwalt geäußert, der derselben Partei angehörte, aber Interessen der NPD vertreten hatte. Er hatte gesagt: „Jemand, der rechtsradikales Gedankengut vertritt, verteidigt, hat eigentlich in unserer Partei nichts verloren.“ Und weiter sagte er: „Dass jemand, der die Interessen der NPD vertritt, Mitglied unserer Partei ist, da muss ich sagen, das finde ich in höchstem Maße bedenklich.“ Der Bürgermeister wurde deshalb von dem Mitbürger wegen ehrverletzender Äußerung auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt nämlich die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen. Zu seinen wesentlichen Inhalten gehört der Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen der Person, insbesondere ihr Bild in der Öffentlichkeit, auszuwirken. Die Äußerung, der Rechtsanwalt vertrete rechtsradikales Gedankengut, war eine Tatsachenbehauptung, die geeignet war, das Ansehen des Mitbürgers herabzusetzen. Jedoch konnte der Bürgermeister nicht einmal behaupten, dass die Äußerung mit dem genannten Inhalt wahr sei. Eine unzutreffende Tatsachenbehauptung ist aber grundsätzlich nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Die Äußerung, der Rechtsanwalt vertrete die Interessen der NPD, war auch noch eine unzutreffende Tatsachenbehauptung. Denn der Rechtsanwalt hatte den Auftrag nicht von der Partei erhalten, sondern von einem Grundstückseigentümer. Die angegriffenen Äußerungen waren auch nicht deshalb von der Meinungsfreiheit gedeckt, weil ihr Schwerpunkt in einer Meinungsäußerung lag. In den beanstandeten Äußerungen war zugleich ein Tatsachenkern enthalten, nämlich die verdeckte Behauptung, der Rechtsanwalt gehöre zu dem angesprochenen Personenkreis. Tatsachenbehauptungen, die nicht erweislich wahr sind, genießen aber auch dann nicht den Schutz der Meinungsfreiheit, wenn sie als Ausgangspunkt für eine daraus abgeleitete, für sich gesehen zulässige Wertung dienen. Unerheblich war, ob der Bürgermeister schuldhaft gehandelt hatte. Es wurde dem Bürgermeister verboten, sich im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Rechtsanwaltes in der beschriebenen Weise zu äußern. Franz Otto