Nur bei Kenntnis

Auch große Bauunternehmen mit eigener Rechtsabteilung und ständiger Teilnahme an Ausschreibungen haben nicht automatisch positive Kenntnis vom Rechtsverstoß. (OLG Frankfurt vom 10. Juni 2008 – AZ 11 Verg 3/08)

Ein Bieter muss einen Vergabeverstoß unverzüglich rügen, um nicht von einem späteren Nachprüfungsverfahren ausgeschlossen zu werden. Diese Rügepflicht gilt jedoch nur bei positiver Kenntnis des Bieters vom Rechtsverstoß. Der Bieter muss dazu die Tatsachen kennen, die dem Rechtsverstoß zugrunde liegen, und wissen, dass diese zu einem Verstoß gegen Vergabevorschriften führen.

Ein solches Wissen ist auch bei großen Bauunternehmen mit eigener Rechtsabteilung und ständiger Teilnahme an Ausschreibungen für Bauleistungen nicht automatisch zu unterstellen. Das Vergaberecht unterliege ständigen Veränderungen und sei maßgeblich durch viele Entscheidungen geprägt, die selbst für Fachleute nur schwer überschaubar sei, so das Gericht. Daher seien auch bei großen Bauunternehmen stets die Umstände des Einzelfalls und die individuellen Erkenntnismöglichkeiten der handelnden Personen entscheidend.

Ute Jasper / Jan Seidel