Die für Wahlen vorgeschriebene Zurückhaltung von kommunalen Organen gilt für Volksbegehren nicht. (VG Darmstadt vom 17. Januar 2002 – AZ 3 G 100/02)
Vor einem Bürgerbegehren wollte die Gemeinde einen Informationsbrief versenden. Damit waren die Personen, die den Bürgerentscheid erreichen wollten, nicht einverstanden. Sie meinten, das wahlrechtliche Neutralitätsgebot wäre auf das Verfahren zum Bürgerbegehren zu übertragen. Das ist nicht der Fall.
Jedoch müssen die Gemeindeorgane im Rahmen des Bürgerbegehrens nicht neutral sein. Vielmehr muss im eigentlichen Verfahren den Bürgern die von den Gemeindeorganen vertretene Auffassung dargelegt werden. Diese ist in der Regel – gerade wenn durch Bürgerentscheid ein Beschluss der Gemeindevertretung aufgehoben werden soll –, nicht neutral, sondern richtet sich gegen den Bürgerentscheid. Allerdings muss die Gemeinde die Bürger sachlich informieren.
Es ging um eine Informationsschrift, die weit gehend sachlich und objektiv war. Nur hieß es am Schluss: „Sagen Sie Nein zur Aufhebung dieser Entscheidung und erteilen Sie denen eine Absage, die die Chance auf eine wirtschaftliche Entwicklung verhindern wollen.“ Dem stand gegenüber, dass die Volksvertreter als „Steigbügelhalter und Sprachrohr eines auswärtigen Konzerns“ bezeichnet worden waren, die die Bürger verhöhnen wollten. Es handelte sich dabei um einen unnötigen und polemischen Angriff auf den Gemeinderat.
Franz Otto