Jedes Jahr wieder: Fragen über Fragen zum Umgang mit Wespennestern. Was also tun, wenn die Telefone in den Kommunen heiß laufen? An wen leitet man weiter? Zum Beispiel Baden-Württemberg: Dort gibt es ein Netzwerk, das auch zu Wespen aufklärt, unterstützt und sich für Naturschutz und Nachhaltigkeit engagiert.
Ein Hornissen- oder Wespennest ist kein Grund zur Panik, auch das vermehrte Erscheinen dieser Insekten muss nicht beunruhigen. Ein kühler Kopf, Grundwissen und Empathie helfen schon weiter, um das Miteinander mit den Insekten zu meistern, die für den Naturkreislauf wichtig sind.
Wespen durch Ablenkfütterung fernhalten
Insbesondere die Europäische Hornisse („Vespa crabro“) wirkt durch ihre Größe abschreckend, ist aber friedfertig. Diese Tiere stechen nicht, wenn man sie in Ruhe lässt. Sie ernähren sich in erster Linie von anderen Insekten sowie von Blütennektar, kohlenhydratreichen Baumsäften oder von überreifem Fallobst.
Lediglich zwei Wespenarten von insgesamt 18 Arten der Echten Wespen und Feldwespen in Mitteleuropa können lästig werden: die Deutsche Wespe („Vespula germanica“) und die Gemeine Wespe („Vespula vulgaris“) – und nur diese beiden Arten werden von Kuchen, Limonade und Ähnlichem angelockt. Um sie fernzuhalten, reicht oft schon eine Ablenkfütterung an einem entfernteren Platz, die man regelmäßig mit reifem Obst, zum Beispiel Weintrauben, bestücken kann.
Die drei Wespenarten Europäische Hornisse, Deutsche Wespe und Gemeine Wespe sind es auch, die Hohlräume in Häusern aufsuchen. Sie bauen ihre Nester gerne auf Dachböden, in Rollladenkästen, Garagen, Gartenhütten und Schuppen oder unter Vordächern, teilweise auch in der Erde. Ritzen, Spalten und Löcher in der Fassade, die nach innen in Hohlräume münden, sollten daher abgedichtet werden. Fliegengitter an den Fenstern hindern Wespen daran, in die Wohnung zu fliegen.
Wespen nutzen Nest im Folgejahr nicht erneut
Eine besondere Herausforderung sind Rollladenkästen. Um den Einzug der gelbschwarzen Flieger zu verhindern, können Bürsten oder spezielle Rollladendichtungen eingesetzt werden. Die Vorkehrungen sollten im Herbst getroffen werden, wenn die Wespenvölker absterben. Ein einmal benutztes Nest wird im Folgejahr nicht wieder bewohnt.
Ab Ende März ist es sinnvoll, regelmäßige Kontrollen nach kleinen Gründungsnestern durchzuführen. Werden Nester gefunden, können sie entfernt und in drei bis vier Kilometern Entfernung ausgesetzt werden. Eine solche Umsetzung sollte nur von speziell geschulten Personen, die entsprechende Genehmigungen haben, vorgenommen werden.
Um besonders geschützte Arten wie die Hornisse umsiedeln zu dürfen, bedarf es zwingend einer Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde des Land- oder Stadtkreises. Sie ist auch die erste Anlaufstelle, wenn sich Hornissen oder Wespen an unpassender Stelle am oder im Haus eingenistet haben. In Baden-Württemberg vermitteln sie zudem die sachkundigen, von der landeseigenen Umweltakademie zertifizierten Fachberaterinnen und -berater für Hornissen- sowie Wespenfragen. Sie unterstützen mit nützlichen Tipps und bei notfalls erforderlichen Umsiedlungen.
Auf keinen Fall sollte Chemie zum Einsatz kommen. Dies würde nicht nur Wespen töten, sondern ebenso zahlreiche weitere Tiere schädigen – zuletzt auch den Menschen. Oft sind gerade harmlose, friedfertige Arten wie Feldwespen, die ihre offenen Nester gern in die Nähe menschlicher Behausungen bauen, von Bekämpfungsmaßnahmen betroffen. Wichtig ist, dass alle wildlebenden Tiere, also auch die Wespenarten, unter allgemeinem Naturschutz stehen. Hornissen sind zudem gesetzlich besonders geschützt.
Artenschutz als gemeinsame Aufgabe
In Baden-Württemberg sind im Landesnetzwerk Biodiversität alle Fachberaterinnen und Fachberater zusammengeschlossen – nicht nur diejenigen für Hornissen- und Wespenfragen. Mit pragmatischen und naturschutzorientierten Lösungen für Konflikte mit „Problemtieren“ wie Hornissen und Wespen oder Bibern und anderen Arten tragen sie zum praktischen Schutz gefährdeter Arten und Artengruppen bei, seien es Amphibien, Reptilien, Fledermäuse oder Insekten.
Die Umweltakademie Baden-Württemberg hat gemeinsam mit der Naturschutzverwaltung bereits seit den frühen 1990er Jahren das landesweite Netzwerk Biodiversität aufgebaut. Ehrenamtlich Engagierte werden im Rahmen von Qualifikationsschulungen regelmäßig fortgebildet. Inzwischen umfasst das Netzwerk über 700 ehrenamtliche Artenschutzfachberaterinnen und -berater im ganzen Land. Das Landesnetzwerk Biodiversität unterstützt die Arbeit der Unteren Naturschutzbehörden der Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg durch sachkundige Aufklärung und Beratung, aber auch operativ durch tatkräftige Hilfe für Bürgerinnen und Bürger.
Neben praktischen Einsätzen für bedrohte Arten geht es darum, ökologische Zusammenhänge in allen Bevölkerungskreisen begreifbar zu machen: um nachhaltiges Denken und Handeln im Alltag zum Schutz der biologischen Vielfalt zu fördern.
Michael Eick, Jessica Daul
Die Autoren
Michael Eick ist Leiter der Akademie für Natur- und Umweltschutz des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in Baden-Württemberg. Jessica Daul ist dort im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit tätig.