Durch die Straßen streifende Füchse, über Parkwiesen hoppelnde Hasen und in den Bäumen sitzende Krähen – wer genau hinsieht, kann so manchen Wildtieren in der Stadt begegnen. Doch wie stehen die zweibeinigen Stadtbewohner dazu, wenn sie ihre Straßen und Gärten mit Wildtieren teilen müssen? Und welchen Einfluss hat das auf künftige Städteplanungen?
Eine aktuelle Studie der Technischen Universität München (TUM), der Universität Jena und der Technischen Universität Wien zeigt, dass die Akzeptanz für verschiedene Wildtiere in urbanen Räumen durchaus verschieden ist. Großen Einfluss hat darauf zum einen der Ort und zum anderen die Beliebtheit der Tiere – weit vorne liegen etwa Eichhörnchen und Marienkäfer. Für die Stadtplanung und den Naturschutz haben die Ergebnisse wichtige Auswirkungen.
Die Beziehung zwischen Stadtbewohnern und urbanen Tieren ermittelte die Studie mit Hilfe einer Umfrage. Befragt wurden Münchner Einwohner zu 32 städtischen Tierarten. Wie sie die Tiere bewerten und an welchen Orten in der Stadt sie diese bevorzugt sehen möchten. Insgesamt zeigte sich eine gute Grundstimmung. 23 der 32 Tierarten erhielten positive Zustimmungswerte. Ein Großteil der Vögel und Säugetiere waren sehr beliebt. Auch Gliederfüßer, Eidechsen und Frösche bewerteten die Befragten positiv. Ausnahmen bildeten Marder, Ratten, Wespen, Nacktschnecken und Stadttauben. Ganz unten auf der Beliebtheitsskala landeten Kakerlaken. Eine neutrale Einstellung zeigten die Befragten gegenüber Ameisen, Spinnen und Schlangen.
Orte korrelieren mit der Einstellung zu den Tieren
Wie die Befragung zeigt, ist für alle Tiere Platz in der Stadt – abgesehen von den wenigen, sehr unbeliebten Arten. In der Umfrage konnten die Stadtbewohner aus verschiedenen Orten in unterschiedlicher Nähe zu ihrem Zuhause auswählen, wo welche Tiere vorkommen sollten. Interessant dabei: Die meisten Teilnehmenden platzierten die Tiere in städtischen Gebieten wie ihrer Nachbarschaft, Stadtparks, allgemein in der Stadt sowie im Umland. Seltener dagegen nannten sie ihre unmittelbare Wohnumgebung, wie etwa im Garten, auf dem Balkon oder in der Wohnung.
Besonders beliebte Tiere wie Eichhörnchen und Marienkäfer platzierten die Teilnehmenden an allen oder fast allen Standorten. Viele Arten siedelten sie an mehreren Standorten an, während die drei unbeliebtesten Arten – Kakerlaken, Ratten und Nacktschnecken – oft gar nicht platziert wurden. „Es zeigt sich, dass die Präferenzen der Stadtbewohner für Orte klar mit ihren Einstellungen zu den Tieren korrelieren“, erklärt der Forscher Dr. Fabio Sweet. Die Tiere, die im Allgemeinen beliebter waren, brachten die Befragten im Durchschnitt auch näher am Zuhause unter.
Städte für Menschen und Wildtiere planen
Professor Wolfgang Weisser, Leiter des Lehrstuhls für Terrestrische Ökologie an der Technischen Universität München, betont: „Zunehmende Urbanisierung macht es notwendig, Tiere in der Stadt aktiv zu fördern und die Stadtentwicklung entsprechend zu gestalten. Wenn wir wissen, wo die Menschen bestimmte Tiere bevorzugen oder ablehnen, können wir potenzielle Konfliktpunkte vorhersehen. So können wir Orte ermitteln, an denen Artenschutz in Städten von den Menschen akzeptiert wird.“
Die Ergebnisse zeigen beispielsweise, dass in Stadtparks Mensch-Wildtier-Konflikte unwahrscheinlich sind, weil die Tiere dort von den meisten Menschen angenommen werden. Auch im weiteren Wohnumfeld werden Tiere geduldet. Umgekehrt könnte Wildtierschutz in unmittelbarer Nähe des Wohnraums, wie etwa dem Balkon, auf Widerstand stoßen.
Die Förderung der städtischen Biodiversität ist dann am erfolgreichsten, wenn sie nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch sozial akzeptabel gestaltet wird. Es ist deshalb notwendig, die Erkenntnisse über die Lebensweise dieser Tiere und die Akzeptanz der Menschen für sie zu kombinieren. So kann die Stadtplanung gleichzeitig den Tierschutz in Städten fördern und Konflikte zwischen Mensch und Tier vermeiden.
- Die Forschungsarbeit „There is a place for every animal, but not in my back yard: a survey on attitudes towards urban animals and where people want them to live“ ist im Journal of Urban Ecology erschienen und kann online heruntergeladen werden.
red