Die Kosten für die Betreuung in einer Kindertageseinrichtung sind erstattungsfähig, jene für schulische Nachmittagsbetreuung hingegen nicht. (VerwGH Bayern vom 21. Dezember 2015 – AZ 12 C 15.2352)
Wenn Kindern nach Beendigung des Unterrichts die Möglichkeit gegeben wird, unter Betreuung von Fachlehrern ihre Hausaufgaben zu erledigen, liegt eine schulische Nachmittagsbetreuung vor, keine Hortbetreuung. Im verhandelten Fall beantragte die Klägerin beim Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Übernahme der Kosten für die Nachmittagsbetreuung ihres Kindes nach Paragraf 90 Abs. 3 Satz 1 SGB (Sozialgesetzbuch) VIII. Dies lehnte der Jugendhilfeträger mit der Begründung ab, dass es sich bei der Betreuung lediglich um eine schulische Nachmittagsbetreuung und nicht um eine Hortbetreuung im Rahmen einer Kindertageseinrichtung handele.
Nach Paragraf 90 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII soll auf Antrag bei Erfüllung der dort näher bezeichneten Voraussetzungen bei Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen der Beitrag erlassen oder vermindert werden. Voraussetzung dafür ist die Betreuung in einer Kindertageseinrichtung. Das ist eine Einrichtungen, in der Kinder sich zumindest für einen Teil des Tages aufhalten und in Gruppen gefördert werden. Zudem soll die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gefördert, die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützt und ergänzt und den Eltern dabei geholfen werden, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander zu vereinbaren (§ 22 Abs. 2 SGB VIII).
Unter Berücksichtigung dessen liegt nach Ansicht der Richter eine Tageseinrichtung dann nicht vor, wenn den Schülern einer Schule eingebunden in ihre Schulorganisation nach der Beendigung des Unterrichts durch Fachlehrer die bloße Möglichkeit eingeräumt werde, Hausaufgaben zu erledigen, den Unterrichtsstoff zu vertiefen oder sich allein in den Räumlichkeiten aufzuhalten. Denn eine solche Betreuung werde den Anforderungen des § 22 Abs. 2 SGB VIII nicht gerecht.
Unter Berücksichtigung des Vorgenannten sei stets der Einzelfall und das konkrete Angebot der jeweiligen Einrichtung in den Blick zu nehmen und es sei zu ermitteln, ob die Nachmittagsbetreuung lediglich eine Hausaufgaben- und Aufenthaltsbetreuung beinhalte oder ob aufgrund des pädagogischen Anspruchs bereits eine Betreuung nach § 22 Abs. 2 SGB VIII gegeben sei.
In dem konkret zu entscheidenden Fall hat der Verwaltungsgerichtshof die Zuordnung zur Kindertageseinrichtung bejaht. Denn Herzstück des Bildungsansatzes der Einrichtung sei die Projektarbeit. Dazu werde Material zum Thema Bauen und kreatives Gestalten zum freien Gebrauch vorgehalten. Für die außerschulische Gestaltung wurden zudem ein Werkraum, ein Bewegungsraum und ein Bühnenraum genutzt. Daraus folge, dass die Betreuung wohl tatsächlich die alleinige außerschulische Betreuung übersteige und einen gewissen pädagogischen Anspruch erhebe. Wegen dieser Zuordnung zur Kindertageseinrichtung sei auch eine Kostenübernahme nach Paragraf 90 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu bewilligen.
Constanze Geiert
Die Autorin
Constanze Geiert ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Brüggen in Dresden. Sie ist vor allem in den Bereichen des Europäischen Beihilfenrechts und des Besonderen Verwaltungsrechts tätig und hat einen Kommentar zum Sächsischen Gesetz über Kindertageseinrichtungen (SächsKitaG) veröffentlicht.