Mit dem Klima.Werk im Ruhrgebiet auf dem Weg zur Schwammstadt

Klimaschutz und Klimaanpassung: Das heißt zum einen Planung und Umsetzung, Wasser ist dabei essenziell – im Ruhrgebiet spielen hier Emschergenossenschaft und Lippeverband mit der Zukunftsinitiative Klima.Werk eine zentrale Rolle. Entscheidend ist aber auch der politische Rahmen, und hier gibt es noch viel zu tun: Das streicht Uli Paetzel für die (Ab-)Wasserspezialisten an Emscher und Lippe heraus.

Renaturierte Emscher bei Dortmund: Nicht überall ist sie so idyllisch – aber überall gilt für Emschergenossenschaft und Lippeverband, Fließgewässer und (Regen-)Wasser im Blick zu haben. Foto: Adobe Stock/P.S.DES!GN

Die „Hitzewelle in Europa“ war einer der Zeitungstitel 2023: „Temperaturen erreichen Rekordwerte“. „Starkregen und Überschwemmungen: Städte in Deutschland kämpfen mit den Folgen“  so lautete eine andere Schlagzeile 2021, im Jahr der Flutkatastrophe im Ahrtal. Wetterextreme mussten auch wir als Emschergenossenschaft/ Lippeverband in den vergangenen Jahren für unsere Region vermelden. So bilanzierten wir Ende 2024 zum Beispiel das nasseste Wasserwirtschaftsjahr im Emscher-Gebiet im Vergleich zum langjährigen Mittel: in einem Zeitraum von 1891 bis 2020.

Unsere Welt, die Städte, in denen wir leben, werden zunehmend geprägt von den Auswirkungen der Klimakrise. Die Menschen spüren das, wenn im Sommer die stark versiegelte Stadt zum Backofen wird, der auch nachts noch heizt. Oder wenn sie mit dem Auto nach einem Starkregen an einer überfluteten Straßenkreuzung stecken bleiben.

Stadtplanung und Wasserwirtschaft neu denken

Es gibt die dringende Notwendigkeit zu handeln, um Schäden zu minimieren sowie die Lebensqualität und Gesundheit zum Beispiel von rund 5,3 Millionen Bürgerinnen und Bürgern in der stark verdichteten Industrieregion Ruhrgebiet zu erhalten. Genauso wichtig wie die Bemühungen um Klimaschutz und damit um einen Stopp der menschengemachten Erderwärmung sind dabei Anstrengungen, sich an unumkehrbare Folgen der Klimakrise anzupassen. Das bedeutet, öffentliche und private Infrastrukturen proaktiv so umzubauen oder zu planen, dass sie dem jetzt und künftig häufiger auftretenden Extremwetter – Dürre, Hitze, Starkregen – Paroli bieten können.

Bei neuen Herausforderungen helfen alte Lösungen nur noch zum Teil. Stadtplanung und Wasserwirtschaft müssen deshalb zusammen und entschlossen andere Wege gehen. Das Schwammstadtprinzip oder die wasserbewusste Stadtentwicklung sind Konzepte, um blau-grüne Infrastrukturen zu schaffen und auszubauen, die für Klimaresilienz von Städten und Gemeinden sorgen – und auch sinnvoll sind in weniger verdichteten, kleineren Stadträumen.

Klimagerechter Umbau eines Parkplatzes in Herne: Unter dem Parkplatz sind Speicherkörper (Rigolen) für Regenwasser verbaut – mit ihrer Hilfe werden Bäume bewässert, das restliche Wasser kann versickern. Foto: Zukunftsinitiative Klima.Werk/EGLV

Zukunftsinitiative Klima.Werk unterstützt Kommunen

Regenwasser wird dabei als Ressource gesehen. Es gilt nicht, Regenwasser möglichst schnell in Richtung Kanalisation und Kläranlagen abzuleiten, sondern naturnah zu bewirtschaften, lokal zu versickern, zu speichern, Gewässern zuzuführen. Mit positiven Effekten fürs Stadtklima Kühlung über Verdunstung und Bewässerung von Stadtgrün und damit für das Wohnumfeld von Bürgerinnen und Bürgern.

Abwasserklärung, Gewässerunterhaltung und Hochwasserschutz sind Kernaufgaben von Emschergenossenschaft und Lippeverband, auch dabei ist der Aspekt Klimafolgenanpassung nicht mehr wegzudenken. Als Partner von Kommunen in der Zukunftsinitiative Klima.Werk gehen wir weiter: Das von uns mitgegründete Netzwerk setzt sich seit mehr als zehn Jahren für den Umbau zur Schwamm-Region und dafür ein, Wasserwirtschaft und Stadtplanung zu verbinden. 2020 haben wir in unserem Haus eine eigene Abteilung dafür eingerichtet, die Serviceorganisation des Klima.Werks unterstützt die Kommunen in der Region bei der Klimaanpassung. Über 500 Projekte wurden in einem Jahrzehnt bereits gemeinsam umgesetzt.

Viele kleine Bausteine helfen beim klimarobusten Umbau

Es sind viele kleine Bausteine zum klimarobusten Umbau einer Region: Dach- und Fassadenbegrünungen, Abkopplung von Niederschlagsentwässerung von der Mischwasserkanalisation, Versickerungsmöglichkeiten mit Mulden-Rigolen-Systemen, offene Regenwasser-Rinnen zu Gewässern, Rigolensysteme unter Straßenbäumen, Schaffung von Überflutungs- und multifunktionalen Flächen.

Die Akteure in dem Netzwerk wissen um die Hürden, bei der Klimaanpassung vom Reden zum Handeln zu kommen. Geld und Ressourcen sind dabei ein zentraler Dreh- und Angelpunkt, denn der Umbau zur Schwammstadt im Bestand ist teuer und braucht Planungskapazitäten in den Rathäusern.


Zukunftsinitiative Klima.Werk

Städte der Emscher-Lippe-Region arbeiten mit Emschergenossenschaft und Lippeverband in der Zukunftsinitiative Klima.Werk zusammen. Ziel ist eine starke blau-grüne Infrastruktur, das kann unter anderem heißen: Fördermittel für Dachbegrünung.
www.klima-werk.de


Deshalb kann die Forderung an die neue Bundesregierung nur lauten, eine flächendeckende, langfristige und auskömmliche Finanzierung für Klimaanpassungsmaßnahmen sicherzustellen. Wir benötigen eine entsprechende Mittelbereitstellung aus der CO2-Bepreisung, die bislang nur für den Klimaschutz, nicht aber für Klimaanpassung erfolgt.

Klimaanpassung als Gemeinschaftsaufgabe sehen

Förderung – wie die aus dem NRW-Programm „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“, das unter dem Dach der Zukunftsinitiative Klima.Werk umgesetzt wird – ist wichtig, setzt Anreize und hilft. Sie ist aber zeitlich befristet und bindet Personal für die Beantragung, das besser für die bauliche Umsetzung eingesetzt werden könnte.

Viele Sachverständige  auch wir bei Emschergenossenschaft/Lippeverband  sprechen sich dafür aus, Klimaanpassung als Gemeinschaftsaufgabe ins Grundgesetz aufzunehmen. So kann eine direkte Finanzierung von kommunalen Aufgaben in dem Bereich durch Bund und Länder gewährleistet werden.

Schwammstadt
Die Fassadenbegrünung am Parkhaus am Hauptbahnhof in Bottrop bedeutet nicht nur optische Aufwertung. Sie bringt auch einen Kühlungseffekt über Verdunstung und stärkt die Biodiversität. Foto: Zukunftsinitiative Klima.Werk/EGLV

Weg zur klimagerechten Stadt gelingt nur gemeinsam

Städte und Gemeinden ihrerseits haben es in der Hand, bei Neuplanungen und Investitionen die Bausteine des Schwammstadtkonzeptes in Bebauungspläne aufzunehmen, zum Beispiel Gründachsatzungen oder ein Verbot von Schottergärten. Beim Umbau zur klimaresilienten Stadt gilt es, alle relevanten Akteure der Fachbereiche oder Ämter einer Verwaltung an einen Tisch zu holen: Tiefbau, Stadtentwässerung, Grünflächen, Stadtplanung, Gesundheit, Straßenverkehr – dann kann die notwendige Transformation gelingen.

Die Erkenntnisse zu einer klimagerechten Stadt sind da, wir müssen sie gemeinsam umsetzen.

Uli Paetzel


Der Autor

Prof. Dr. Uli Paetzel ist Vorstandsvorsitzender von Emschergenossenschaft und Lippeverband in Essen.


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