Kreislaufwirtschaft braucht verlässlichen Rahmen

Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft und die Umsetzung von Klimaschutzzielen setzen eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis voraus. Dabei müssen alle Akteure des Produktkreislaufs in die Pflicht genommen werden. Ein Klimaschutzgesetz sollte einen sicheren Rahmen für Investitionen bieten.

Der Klimaschutzprozess ist ein Marathonlauf, bei dem jeder Schritt der Mühe wert ist“, so Norbert Röttgen, ehemaliger Bundesumweltminister im November 2011. Dass wir für diesen Prozess einen langen Atem brauchen, bestätigen die umweltpolitischen Ziele des Abfallrechts. Diese haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Bestand das ursprüngliche Anliegen des Gesetzgebers darin, den unkontrollierten Ablagerungen der Abfälle entgegenzuwirken, liegt der Fokus heute in der Abfallvermeidung und darin, die im Abfall enthaltenen Materialien stofflich und energetisch zu verwerten. Verbrennung und Deponierung sind nach der fünfstufigen Abfallhierarchie kleinster Bestandteil des geltenden Rechts. Sie sollten aber nicht komplett entfallen, sondern als kontrollierte Schadstoffsenke weiterhin Bestand haben.

Bestimmender Faktor der deutschen Umweltpolitik ist das Programm zur nachhaltigen Nutzung und zum Schutz natürlicher Ressourcen (Deutsches Ressourceneffizienzprogramm, „ProgRess“), begleitet von zahlreichen Regelwerken. Deutschland ist damit eines der ersten Länder, das sich Ziele, Leitideen und Handlungsansätze zum Schutz der natürlichen Ressourcen gegeben hat. Alle vier Jahre ist die Bundesregierung verpflichtet, dem Deutschen Bundestag über die Entwicklungen zu berichten und das Programm fortzuschreiben.

Zudem existieren weitere bundes- und länderspezifische Programme wie das Klimaschutzprogramm 2050, der Aktionsplan Klimaschutz 2020, diverse Klimaschutzberichte der Länder und jüngst auch der Vorschlag der Bundesregierung zur Einführung eines Klimaschutzgesetzes. Ihre Analyse zeigt jedoch, dass in verschiedenen Bereichen geplante Maßnahmen vielfach noch nicht ausreichend sind.

Eines steht fest: In den vergangenen Jahren haben sich Erfassung, Transport und Entsorgungswege unserer Abfälle grundlegend verändert. Die Verbesserungen technischer Standards haben in der Praxis dazu geführt, dass die Qualität der Vorsortierung und des Recyclings von Abfällen deutlich gestiegen ist und eingesetzte Rohstoffe länger und häufiger als bisher genutzt werden können. So werden ökonomische und ökologische Chancen für eine effiziente Rohstoffnutzung verknüpft und Produktionssysteme können nachhaltiger gestaltet werden. Darüber hinaus ist es gelungen, Abfallmengen zu reduzieren und einzelne Stoffströme gezielt zu erfassen und zu behandeln.

Verbindliche Vorgaben für den Klimaschutz

Basierend auf den europäischen Vorgaben gilt es, nationale Regeln zu schaffen, um beispielsweise dem Plastikkonsum dauerhaft den Kampf anzusagen und der Praxis (Industrie, Wirtschaft, Städte und Gemeinden in Zusammenarbeit mit der Entsorgungswirtschaft) Ziele vorzugeben, die langfristig umzusetzen sind. Dazu gehören unter anderem ein ausgefeiltes Stoffstrommanagement, die technische Weiterentwicklung und das Einhalten von ambitionierten Recyclingquoten. Nicht zuletzt geht es jedoch auch um pfiffige Ideen, damit sich die Bürger umweltbewusster verhalten, Ressourcen schonen und Produkte wieder dem Kreislauf zuführen.

Auf dem Weg zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft und der langfristigen Umsetzung von Klimaschutzzielen brauchen wir daher eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis. Dabei müssen alle Akteure des Produktkreislaufs in die Pflicht genommen werden und die gleichen Ziele und Regeln beachten. Denn die globalen Probleme (z. B. Plastikvermüllung der Meere) entstehen dort, wo es an technischen Standards und ausgereiften Entsorgungskonzepten fehlt. Ob der Gesetzgeber hierfür die richtigen Mittel wählt, ist kritisch zu hinterfragen.

Abfall ist eine der bedeutendsten Rohstoffquellen, die uns zur Verfügung steht. In Haushalts- und Gewerbeabfällen steckt großes Potenzial. Dies zeigen die laut Angaben des Statistischen Bundesamts (2017) hohen Recyclingraten der Siedlungsabfälle (67 %), Abfälle aus Gewerbeproduktion (70 %) und Bau- und Abbruchabfälle (90 %). Einen besonderen Stellenwert erlangen darüber hinaus die getrennte Bioabfallerfassung und deren klimafreundliche Verwertung.

Ob das geplante Klimaschutzgesetz der geeignete Weg ist, diese Erfolge aufzugreifen und eine gute Grundlage für eine zukunftsfähige Industriepolitik wäre, ist derzeit ungewiss. Freiwillige Selbstverpflichtungen konnten sicherlich Anreize schaffen, durch das Einhalten von klimapolitischen Zielen das eigene Image zu verbessern. Doch ohne klare Ziele nebst verbindlichen Vorgaben wird es schwer sein, die Klimaschutzziele zu erreichen. Ein Klimaschutzgesetz kann durchaus Politik für die Zukunft sein, wenn es einen sicheren Rahmen und Planbarkeit für langfristige Investitionen der Beteiligten bietet.

Mit mehr als 270.000 Beschäftigten zählt die Kreislauf- und Abfallwirtschaft zudem zu den bedeutendsten Wirtschaftsbranchen und erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von rund 70 Milliarden Euro. Doch dass die Kreislauf- und Abfallwirtschaft bei den derzeitigen Plänen des Gesetzes eine untergeordnete Rolle spielen könnte, zeigt die Einteilung der Sektoren, bei der die „Abfallwirtschaft und Sonstige“ eine Einheit bilden.

Der Gesetzgeber verkennt offensichtlich, dass die deutsche Kreislauf- und Abfallwirtschaft schon jetzt durch Treibhausgasgutschriften für erzeugte Energie und die Bereitstellung von Sekundärrohstoffen mehr Kohlendioxid einspart, als diese durch ihre Emissionen und den Energieverbrauch zur Belastung beigetragen hat. Dadurch werden also mehr als 20 Prozent der international zugesicherten „Kyoto-Ziele“ Deutschlands erreicht. Dies geht aus einer Studie zu den Klimaschutzpotenzialen der Abfallwirtschaft des Öko-Instituts und des IFEU-Instituts hervor (2010). Die Kreislaufwirtschaft unterstützt darüber hinaus auch andere Branchen, indem sie die erzeugten Sekundärrohstoffe für Recyclingprodukte zur Verfügung stellt.

Auf Planungs- und Umsetzungsebene wird man nur dann erfolgreich arbeiten, wenn der Vollzug aller erforderlichen Maßnahmen dauerhaft und damit nachhaltig gesichert ist. Dann wird auch ein Klimaschutzgesetz, das der Kreislauf- und Abfallwirtschaft einen hohen Bedeutungsgrad zumisst, zum Geschäftsmodell der Zukunft.

Katrin Büscher

Die Autorin
Katrin Büscher ist Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Stoffspezifische Abfallbehandlung (ASA) in Ennigerloh