Die Durchschnittstemperatur steigt, Niederschläge fallen unregelmäßiger, Unwetter, Starkregen, Hitzeperioden nehmen zu – es gilt, Kommunen klimafit zu machen. Beispiel Baden-Württemberg: Konstanze Stein und Marion Rapp von der Umweltakademie erläutern, wie das Land anhand seiner Klimaanpassungsstrategie vorgeht.
Rudersberg ist ein Beispiel dafür, wie Kommunen über Nacht traurige Berühmtheit erlangen. Anfang Juni 2024 wurde die baden-württembergische Gemeinde im Rems-Murr-Kreis von Wassermassen infolge eines Starkregenereignisses überschwemmt – mit millionenschweren und menschlich dramatischen Folgen.
Doch Rudersberg ist kein Einzelfall: Die Auswirkungen des Klimawandels werden zunehmend sicht- und spürbar. Sie betreffen unsere Infrastruktur, die Natur, die Wirtschaft, unsere Gesundheit und viele andere Bereiche. Starkregen, Überschwemmungen, Niedrigwasser, Hitze und Trockenheit haben vielerorts bereits hohe Schäden verursacht und werden künftig noch häufiger auftreten.
Alle Akteure in die Klimaanpassungsstrategie einbinden
Kommunen müssen daher dringend Vorsorgemaßnahmen treffen. Die Klimaanpassung wird ein immer wichtigeres Handlungsfeld. Es gilt, Risiken etwa durch eine angepasste Stadt- und Regionalentwicklung, aber auch im Gebäudebestand zu mindern und die Resilienz zu erhöhen. Dabei müssen unterschiedliche Akteure beteiligt, Investitionen getätigt und Personal geschult werden. Vor allem aber bedarf es einer strategischen Vorgehensweise. Denn manche Maßnahmen entfalten ihre Wirksamkeit häufig erst nach Jahren oder nur in Summe vieler Maßnahmen.
Klimaanpassung wurde als wichtiges Handlungsfeld erkannt und rechtlich verankert. Die Bundesregierung hat 2023 den strategischen Rahmen für die künftige Klimaanpassung im Bundesrecht gelegt und das erste bundesweite Klimaanpassungsgesetz (KAnG) vorgelegt. Es wurde am 22. Dezember 2023 im Bundesgesetzblatt verkündet, ist am 1. Juli 2024 in Kraft getreten und gibt einen verbindlichen Rahmen für Bund, Länder und Gemeinden vor.
Klimaanpassungsstrategie mit messbaren Zielen
Deutschland muss nun eine neue vorsorgende Klimaanpassungsstrategie mit messbaren Zielen vorlegen, regelmäßig aktualisieren und umsetzen. Außerdem werden die gesetzten Ziele mittels Monitoring regelmäßig überprüft.
Auch die Bundesländer und Kommunen müssen auf Basis einer fachübergreifenden, integrierten Betrachtungsweise eigene Klimaanpassungsstrategien vorlegen und umsetzen (§§ 10, 12 KAnG). Die Verpflichtungen der Kommunen bedürfen jedoch zunächst einer landesrechtlichen Umsetzung.
Baden-Württemberg hat bereits seit 2015 eine Klimaanpassungsstrategie, um den negativen Auswirkungen des Klimawandels im Land vorbeugen und begegnen zu können. 2023 wurde diese Strategie fortgeschrieben. Sie umfasst für elf Handlungsfelder aktuelle Vulnerabilitätsbewertungen sowie einen Maßnahmenkatalog mit über 100 Steckbriefen. Dabei dient sie als Umsetzungsgrundlage insbesondere für Verwaltung, Kommunen und Wirtschaft. 2025 soll der Monitoringbericht dazu veröffentlicht werden.
Den gesetzlichen Rahmen für die Klimaanpassungsstrategie Baden-Württemberg bildet das 2023 novellierte Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg (KlimaG BW). In dessen nächster Novelle soll unter anderem geregelt werden, welche Kommunen Klimaanpassungskonzepte zu erstellen haben und was sie beinhalten sollen.
Vielfältige Handlungsfelder und Zuständigkeiten
Die in der Klimaanpassungsstrategie aufgeführten Maßnahmen reichen von der Entsiegelung über angepasste Siedlungs- und Grünstrukturen, der klimaangepassten Sortimentzusammenstellung bei Straßenbäumen, der Renaturierung von Gewässern bis zum Aufbau eines kommunalen Starkregenrisikomanagements sowie der klimaangepassten Bauleitplanung. Allein diese wenigen Stichpunkte zeigen, wie vielfältig die Handlungsfelder und damit die Zuständigkeiten sind.
Kommunen kommt dabei oft eine Schlüsselrolle bei der vorausschauenden Planung, der Kommunikation und der regelmäßigen Evaluierung zu. Oft liegen bereits kommunale Hitzeaktionspläne, Starkregengefahrenkarten oder Ähnliches vor. Nun gilt es, diese Elemente zusammenführen und ein ganzheitliches, kommunales Klimaanpassungskonzept zu erstellen.
Wichtig sind dabei: Bestandsaufnahme, Klimarisikoanalyse inklusive Beschreibung der Klimawirkung und deren Folgen, aktive Akteursbeteiligung sowie die Auflistung konkreter Maßnahmen mit Priorisierung.
Die Konzepterstellung sollte durch Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden: um die Bürgerinnen und Bürger sowie Wohnungsbaugesellschaften, Vermieter, Wirtschaft und andere Akteure zu sensibilisieren und zu mobilisieren. Vorab müssen die Zuständigkeiten in der kommunalen Verwaltung geklärt werden. Zudem muss eine stabile Basis für die Zusammenarbeit mit verschiedenen Ressorts geschaffen werden: etwa Stadtplanung, Klima- und Naturschutz, Landwirtschaft, Verkehr und Tourismus.
Unterstützung und Fortbildungsangebote für die Umsetzung
Hilfe für die Umsetzung in der Kommune bietet das Land Baden-Württemberg in verschiedener Hinsicht: Beratung, Informationen sowie Klimadaten – etwa für die Bestandsaufnahme – können über das Kompetenzzentrum Klimawandel bei der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) bezogen werden. Das Kompetenzzentrum ist die zentrale Beratungsstelle in Baden-Württemberg zu den Themen Klimawandel und Klimaanpassung.
Finanzielle Unterstützung bietet das landeseigene Förderprogramm KLIMOPASS. Es richtet sich unter anderem an Kommunen, Landkreise, Regionalverbände sowie kleine und mittlere Unternehmen in Baden-Württemberg. Die Anträge können über die L-Bank gestellt werden. Auch über die Städtebauförderung und die Förderrichtlinie Wasserwirtschaft kann finanzielle Unterstützung (über die Regierungspräsidien) beantragt werden.
Zudem werden regelmäßig Fortbildungen von der LUBW und der Umweltakademie organisiert.
Die Autorinnen
Konstanze Stein ist Referentin für Klimaschutz bei der Akademie für Natur- und Umweltschutz des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg. Marion Rapp ist dort im Bereich Öffentlichkeitsarbeit tätig.
Konstanze Stein, Marion Rapp