Kein Sonderrecht

Aus den Befangenheitsvorschriften in der Gemeindeordnung können Ratsfraktionen keine Rechte für sich ableiten. (OVG Nordrhein-Westfalen vom 2. Mai 2006 – 15 B 817/04)

Als es um die Beratung über die Fusion von Sparkassen ging, rügte eine kleine Fraktion nach Abschluss der Beratung die Mitwirkung befangener Ratsmitglieder. Aus der kommunalverfassungsrechtlichen Stellung ergab sich kein im Rechtsweg verfolgbarer allgemeiner Anspruch darauf, dass der Rat nur – formell wie materiell – gesetzmäßige Beschlüsse fasste.

Die unberechtigte Mitwirkung eines wegen Befangenheit von der Abstimmung auszuschließenden Ratsmitglieds verletzte im Übrigen keine im Rechtsstreit durchsetzbaren Mitgliedschaftsrechte der Minderheitenfraktion. Die Befangenheitsvorschriften in der Gemeindeordnung begründen keine Rechte einer Ratsfraktion, weil sie nicht deren Interessen zu dienen bestimmt sind. Vielmehr bezweckt der Ausschluss befangener Ratsmitglieder ausschließlich im öffentlichen Interesse die Sicherstellung einer unvoreingenommenen, nicht durch unsachliche Motive bestimmten Beschlussfassung des Rates.

Das Recht von Fraktionen, auf Verstöße gegen Befangenheitsvorschriften hinzuweisen, schließt nicht das Recht ein, solche Verstöße auf dem Rechtsweg prüfen zu lassen. Die Gewährung eines dahingehenden Klagerechts ist zur Aufrechterhaltung rechtsstaatlicher Grundprinzipien nicht erforderlich. Der Gemeinderat ist an Gesetz und Recht gebunden. Diese Gesetzesbindung wird durch verschiedene Systeme, etwa das Beanstandungsrecht des Bürgermeisters, ausreichend sichergestellt.

Franz Otto