Kanaldrosseln regelmäßig prüfen

Über ein Drittel der Drosseleinrichtungen an Regenbecken und Stauraumkanälen genügen nicht den technischen Standardanforderungen. Wird die Ursache der Störung nicht erkannt, investieren Netzbetreiber womöglich in eigentlich nicht erforderliche weitere Sonderbauwerke. Das lässt sich durch einen reibungslosen Betrieb der bestehenden Anlagen umgehen.

Falsch eingestellte Drosseleinrichtungen an Regenbecken und Stauraumkanälen können vielfältige negative Auswirkungen haben. Lassen die Drosseln zu viel Wasser durch, werden nachgeschaltete Kanäle, Sonderbauwerke und Kläranlagen unnötig belastet. Lassen die Drosseln zu wenig Wasser durch, staut sich das Abwasser häufiger zurück. Umweltschädliche Entlastungen in Gewässer sind die Folge. Und wird die Ursache nicht erkannt, investieren Netzbetreiber womöglich in eigentlich nicht erforderliche weitere Sonderbauwerke. Das lässt sich durch einen reibungslosen Betrieb der bestehenden Anlagen umgehen.

Gewässerschutz ist eine der großen Aufgaben unserer Zeit. Da passt es nicht ins Bild, dass viele Drosseln von Regenüberlaufbecken, die in Gewässer einleiten, nicht richtig funktionieren. Dadurch gelangt häufig zu viel Mischwasser auf einmal in die Gewässer und belastet diese unnötig stark. Ein geregelter Abfluss schont die Umwelt. Insbesondere die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) fordert eine stetige Verbesserung, mindestens aber die Beibehaltung aktueller Standards hinsichtlich der Gewässerqualität. Eine Auswertung der Prüfstelle des Instituts für Unterirdische Infrastruktur (IKT) für Durchflussmessung belegt, dass 36 Prozent der Drosseleinrichtungen an Regenbecken nicht den technischen Anforderungen entsprechen.

Drosseleinrichtungen gehören zu den Elementen im Kanalnetz, deren Wichtigkeit nicht unterschätzt werden sollte. Sie sorgen für einen kontrollierten Abfluss aus Regenbecken und Stauraumkanälen. Die Einstellung des Drosselorgans bestimmt maßgeblich das Betriebsverhalten vor- und nachgeschalteter Anlagen. Dies alles zeigt, wie wichtig es ist, dass Abwasserbetriebe ihrer Betreiberpflicht nachkommen und Drosselanlagen regelmäßig prüfen oder prüfen lassen. In den meisten Bundesländern gehört die regelmäßige Überprüfung und Kalibrierung von Drosseleinrichtungen gemäß Selbstüberwachungs- und Eigenkontrollverordnungen zu den Pflichten der Abwassernetzbetreiber.

Drosselorgane übernehmen Steuerfunktion

Das Kanalnetz ist ein komplexes System, das besonders bei Regenereignissen starken Belastungen ausgesetzt ist. Um bei solchen Ereignissen eine Überlastung zu verhindern, gilt es, die gezielte Nutzung existierender Rückhalteräume zu gewährleisten. Dazu werden separate unterirdische Bauwerke wie Regenrückhaltbecken errichtet oder einzelne Kanalabschnitte als sogenannte Stauraumkanäle in einem größeren Durchmesser gebaut, als er zur direkten Wasserableitung benötigt wird. Das Einstauen dieser Bauwerke, also das Aktivieren des Rückhaltevolumens, wird mit Drosseleinrichtungen erreicht. Diese sorgen dafür, dass ein vorgegebener Durchfluss nicht überschritten wird.

Fließt mehr Wasser zu, staut sich dieses vor der Drosseleinrichtung auf und wird dann gedrosselt an das folgende Kanalnetz abgegeben. Drosseleinrichtungen bestehen aus dem Drosselbauwerk zur Aufnahme des Drosselorgans, dem Drossel-, Regel- oder Steuerorgan selbst sowie der dazugehörigen Mess-, Steuer- und Regeltechnik. Das Einstauen im vorgeschalteten Volumen erfolgt auf unterschiedliche Weise. Es gibt die Aufstellungsarten: trocken, halbtrocken und nass. Bei den nassaufgestellten Einrichtungen ist das Drosselorgan im sich einstauenden Wasservolumen montiert und das Abwasser fließt frei aus.

Bei den halbtrocken aufgestellten Drosselorganen findet eine Montage in Fließrichtung hinter dem Stauraumvolumen, also zum Beispiel dem Regenbecken, statt und das Abwasser fließt nur frei aus. Bei trockenaufgestellten Drosselorganen findet gar kein äußerlicher Kontakt mit dem Wasser statt. Neben ihrer Aufstellungsart werden Drosselorgane weiterhin nach ihrer Art der Energieaufnahme klassifiziert.

Regelmäßige Überprüfung erforderlich

Nach den gesetzlichen Regelwerken in den verschiedenen Bundesländern sind die Betreiber von Abwasseranlagen verpflichtet, diese regelmäßig zu überwachen und – falls erforderlich – Maßnahmen zu deren Instandsetzung einzuleiten. Um dieser Forderung in der Praxis nachzukommen, ist eine Kalibrierung notwendig. Dabei wird vor Ort durch eine Mengenmessung überprüft, ob die eingebaute Drosseleinrichtung auch unter realen Bedingungen in der Lage ist, den geforderten Durchfluss, für den sie ausgelegt wurde, zu erbringen.

Im Vorfeld einer solchen Messung muss das Bauwerk an regenarmen Tagen zunächst bis zu einer bestimmten Höhe eingestaut werden. Dies kann je nach Schmutzwasseranfall bis zu mehrere Tage dauern. Zu Beginn der Messung wird der Kanal wieder freigegeben und das aufgestaute Abwasser kann abfließen. Die hydraulische Kalibrierung einer Drosseleinrichtung erfordert von den ausführenden Personen ein erhebliches Maß an Fachwissen in der Hydrometrie und dem Betriebsverhalten. Das IKT bietet hierzu eine Weiterbildung an.

Hat der Netzbetreiber kein eigenes sachkundiges Personal, so kann er auf die Dienstleistungen verschiedener Prüfstellen für Durchflussmessung wie die IKT-Prüfstelle zurückgreifen. Damit die gesetzlich geforderte Überprüfung der Drosseleinrichtungen leichter fällt, gibt es für Planer und Betreiber ein Arbeitsblatt der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft (DWA) das Arbeitsblatt A166 „Bauwerke der zentralen Regenwasserbehandlung und -rückhaltung – Konstruktive Gestaltung und Ausrüstung“ vom November 2013.

Eine vorrausschauende Planung soll sicherstellen, dass ein Verstellen, Nachrüsten und Austauschen von Drosselorganen möglich ist. Zu Funktionsprüfung und Probebetrieb empfiehlt das Arbeitsblatt zunächst eine Trockenüberprüfung und eine erste hydraulische Überprüfung zum Beispiel mit künstlichem Einstau. Außerdem sollten im anschließenden Probebetrieb von drei bis sechs Monaten mindestens drei Einstauereignisse vorgesehen werden.

Die Erarbeitung eines Ablauf- und Ausführungsplans für die Funktionsprüfung und den Probebetrieb liegt in der Verantwortung des Bauwerksplaners, der sich hierzu in der Regel der Unterstützung durch den Betreiber, den Ausrüster und weitere Fachplaner bedient. Explizit wird darauf hingewiesen, dass die Funktionsprüfung und der anschließende Probebetrieb bereits bei der Planung des Bauwerks und seiner Ausrüstung zu berücksichtigen sind. Dies erleichtert im Betrieb enorm die Arbeit. Und die bisherige Zahl an Sonderfällen mit nicht oder nur aufwendig prüfbaren Drosseleinrichtungen, die jedoch von gesetzlicher Seite her geprüft werden müssen, wird in Zukunft geringer ausfallen. Auch die Prüfungskosten sinken.

Die folgende Übersicht zeigt, in welchen Bundesländern eine Überprüfung der Drosseleinrichtungen Pflicht ist und in welchem Umfang diese zu erfolgen hat.

Baden-Württemberg (Eigenkontrollverordnung): In Baden-Württemberg umfasst die Eigenkontrolle die Sichtkontrolle von Einlauf, Überläufen und Ablauf der Anlagen auf Ablagerungen und Verstopfungen und die Funktionskontrolle der technischen Ausrüstung, Messgeräte und Drosseleinrichtungen. In der Anlage wird weiter ausgeführt, dass die Abwasserdurchflussmessung bei Anlagen ab 1000 EW durch Messgeräte mit selbstschreibendem Anzeigegerät und uhrzeitsynchronem Zählwerk oder durch magnetisch-induktive Durchflussmesseinrichtung (MID) oder gleichwertige Verfahren erfolgt. Die Messeinrichtung ist mindestens alle fünf Jahre durch einen Sachverständigen oder Sachkundigen zu überprüfen.

Bayern (EÜV): Die bayerische Eigenüberwachungsverordnung regelt im dritten Abschnitt, dass bei Regenbecken mit Messeinrichtungen zur Erfassung des Wasserstands auch das Entlastungsverhalten für jedes Regenereignis festzustellen ist. Dazu gehört, geordnet nach dem Datum der jeweiligen Regenereignisse, die Ermittlung des maximalen Füllstands und der maximalen Überlaufhöhe sowie der Fülldauer und Überlaufdauer. Die Messergebnisse sind jährlich auszuwerten. Ferner ist einmal in fünf Jahren die Einstellung des Drosselabflusses zu überprüfen und das Ergebnis dem tatsächlichen Anschlussgrad im Einzugsgebiet gegenüber zu stellen.

Brandenburg (Brandenburgische KanalnetzAnzeigeVV): In der brandenburgischen KanalnetzAnzeige von 1994 wird für Drosselorgane eine Funktionskontrolle gemäß Herstellerangaben gefordert, diese ist laut Herstellerangaben – aber mindestens jährlich – durchzuführen.

Hessen (§ 10 EKVO): Die „Eigenkontrollverordnung“ vom März 2001 fordert die „Durchführung der hydraulischen Prüfung alle 5 Jahre durch Prüfstellen gemäß Parapgraph 10 Eigenkontrollverordnuung (EKVO)“. Alle fünf Jahre ist somit eine hydraulische Prüfung bei Regenentlastungen mit gesteuerten oder geregelten Drosseleinrichtungen mit beweglichen Teilen durchführen zu lassen, da die korrekte Abflussdrosselung und -steuerung maßgeblich für deren ordnungsgemäße Funktion und Wirkung ist. Die Anforderungen an die Genauigkeit von Drosseleinrichtungen an Regenentlastungsanlagen können als erfüllt gelten, wenn der Mittelwert der Abflusskurve um nicht mehr als zwölf Prozent vom Sollwert abweicht und wenn die größte Abweichung nicht größer ist als 20 Prozent des Sollwerts.

Nordrhein-Westfalen (SüwVO Abw NRW): Die „Verordnung zur Selbstüberwachung von Abwasseranlagen – Selbstüberwachungsverordnung Abwasser (SüwVO Abw) vom 8. November 2013 fordert in der Anlage zu Paragraph zwei alle fünf Jahre als Prüfung eine hydraulische Kalibrierung der Drosseleinrichtung von Regenklärbecken, Regenüberlaufbecken, Stauraumkanälen und Regenrückhaltebecken. Als Ergebnis dieser Prüfung ist nach den „Anforderungen an den Betrieb und die Unterhaltung von Kanalisationsnetzen“ festgelegt, dass bei festgestellten Abweichungen der Drosselwassermenge von mehr als 20 Prozent vom Sollwert eine Sanierung der Drosseleinrichtung innerhalb eines Jahres zu erfolgen hat. Als Sollwert ist der in der wasserrechtlichen Genehmigung festgelegte Drosselabfluss zugrunde zu legen.

Sachsen-Anhalt (Eigenüberwachungsverordnung): Gemäß Eigenüberwachungsverordnung für Sachsen-Anhalt umfasst die Überwachung der Regenbecken die Sichtkontrolle von Anlagen auf Ablagerungen und Verstopfungen – insbesondere am Einlauf, an Überläufen und am Ablauf und die Funktionskontrolle der technischen Ausrüstung, Messgeräte und Drosseleinrichtungen. Die Überwachung soll speziell nach Belastung der Anlagen durch Starkregenereignisse, mindestens jedoch vierteljährlich durchgeführt werden. An der Einleitungsstelle in das Gewässer sind vierteljährlich Sichtkontrollen auf Auffälligkeiten durchzuführen.

Thüringen (ThürAbwEKVO): In der Thüringer Verordnung über die Eigenkontrolle von Abwasseranlagen (ThürAbwEKVO) wird gefordert, dass eine Prüfung der hydraulischen Funktionsfähigkeit der Drosselorgane durch Sachkundige im jährlich anzufertigenden Eigenkontrollbericht zu den Regenbecken und Regenentlastungsanlagen vermerkt wird.

Forschen und Weiterbilden

Bisher fehlen auf dem Markt zuverlässige und unabhängige Informationen über die Qualität und Einsatzbereiche der angebotenen Drosseleinrichtungen, die den Netzbetreibern gerade die Auswahl von guten Produkten erleichtern. Ein neuer IKT-Warentest soll hier Licht ins Dunkel bringen. Im Rahmen des Warentests sollen betriebliche Anforderungen sowie Stärken und Schwächen der Bauteile dargestellt und die bauartbedingten Einsatzmöglichkeiten und -grenzen aufgezeigt werden. Darüber hinaus werden MID-Schiebersysteme untersucht und Hinweise zu Planung, Ausschreibung und Bau gegeben. – Informationen zur Teilnahme am IKT-Warentest bietet Marcel Goerke.

Gelegenheit, tiefer in die Thematik der Überprüfung von Drosseleinrichtungen einzusteigen, bieten die Weiterbildungsangebote des IKT. Die Veranstaltungen sind von der Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen als Weiterbildung für Ingenieure anerkannt. – Weitere Informationen hierzu finden sich auf www.ikt.de.

Marcel Goerke / Frank Bersuck / Manuel Becker

Die Autoren
Marcel Goerke, Frank Bersuck und Manuel Becker si n Mitarbeiter des Instituts für Unterirdische Infrastruktur (IKT) in Gelsenkirchen