Grund benennen

Eine europaweite Ausschreibung kann nicht aufgehoben werden ohne die nachvollziehbare Angabe des Grundes. (VG Koblenz vom 20. Oktober 2011 – AZ 1 K 261/11.KO)

Die Stadt Boppard (Rheinland-Pfalz) hatte im Jahr 2005 Leistungen zur Planung der Modernisierung und Sanierung ihres Hallen- und Freibades vergeben. In der Folgezeit plante sie die Errichtung eines größeren Thermalwasserbades mit Saunabereich (Römertherme). Am 30. August 2008 schrieb sie die Beteiligung an einer zu gründenden Gesellschaft zum Betrieb der Bäder öffentlich aus. Es meldeten sich sieben Interessenten, zwei gaben ein Angebot ab.

Nach einem negativ verlaufenen Bürgerentscheid beschloss der Stadtrat im Oktober 2010, die Verhandlungen zur Weiterentwicklung des Konzepts für die Römertherme wegen fehlender Finanzierbarkeit zu beenden. Auf eine Beanstandung durch den Stadtbürgermeister hin hob der Stadtrat den Beschluss wieder auf. Er beschloss stattdessen, eine Kommission zur Kompromissfindung für eine reduzierte Schwimmbadlösung einzusetzen, vorläufig auf Verhandlungen mit den betroffenen Gesellschaften in der Schwimmbadfrage zu verzichten und die europaweite Ausschreibung aufzuheben. Der Stadtbürgermeister setzte diesen Beschluss in Bezug auf die Aufhebung der Ausschreibung aus, weil diese gegen vergaberechtliche Vorschriften verstoße.

Nach den Vorschriften kann eine europaweite Ausschreibung nur unter bestimmten Voraussetzungen aufgehoben werden. Die Bieter sind über den Grund für die Aufhebung zu benachrichtigen, um überprüfen können, ob diese zu Recht erfolgt sei und ihnen Schadensersatzansprüche zustehen.

Die Gründe für die Aufhebung müssen sich nachvollziehbar in der Ratsentscheidung wiederfinden, da der Bürgermeister nur so in der Lage sei, die Bieter ordnungsgemäß zu unterrichten. Vorliegend gebe der vom Stadtbürgermeister ausgesetzte Beschluss hingegen nicht zu erkennen, warum der Stadtrat die Ausschreibung aufgehoben habe.

Ute Jasper / Jens Biemann