Gemeinde betrifft Zielabweichung nicht

Eine subjektive Rechtsposition kann eine Gemeinde grundsätzlich weder aus den Rechtsgrundlagen einer Zielabweichungsentscheidung noch aus verfahrensrechtlichen Grundsätzen für sich herleiten. (VG Gelsenkirchen vom 27. September 2016 – AZ 9 K4438/14)

Im vorliegenden Fall klagte eine Gemeinde gegen eine Zielabweichungsentscheidung des Landes Nordrhein-Westfalen, durch die die regionalplanerischen Voraussetzungen für das Steinkohlekraftwerk Datteln IV geschaffen werden sollten. Die Zielabweichungsentscheidung war dem regionalen Planungsverband erteilt worden.

Die Klage wurde jedoch mangels Klagebefugnis der Gemeinde als unzulässig abgewiesen. Eine subjektive Rechtsposition kann die Klägerin nicht aus der Rechtsgrundlage der Zielabweichungsvorschrift herleiten. Eine Drittwirkung der Vorschrift lasse sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Gegen eine solche spricht zudem, dass die Gemeinden im Zielabweichungsverfahren nicht zu beteiligen sind.

Die Lockerung der Zielbindung wirkt sich nach Ansicht des VG Gelsenkirchen zugunsten der Belegenheits-, aber auch der umliegenden Gemeinden aus. Denn mit der Befreiung werden baugesetzliche und raumordnerische Pflichten gelockert (§ 1 Abs. 4 BauGB und § 4 Abs. 1 ROG).

Eine rechtliche Betroffenheit der Gemeinde kommt nur dann in Betracht, wenn das Ziel der Raumordnung, von dem eine Abweichung zugelassen wurde, dazu bestimmt ist, Belange der Gemeinde zu schützen. Bei der Zielabweichungsentscheidung sind zugunsten der Errichtung des Kraftwerkvorhabens keine Belange unberücksichtigt gelassen worden, die den Interessen der Gemeinde dienen. Die Festlegung eines Kraftwerkbaus und die Förderung eines einheimischen Energieträgers betreffen allein staatliche Aufgaben und Interessen. Sie sind nicht den kommunalen Angelegenheiten zugeordnet und dienen folglich nicht dem Schutz der Gemeinde.

Das Gericht konkretisiert mithin die Anforderungen, welche an ein Vorgehen einer Gemeinde gegen eine Zielabweichungsentscheidung des Landes gestellt werden müssen. Diese Entscheidung zeigt auf, dass es einer Gemeinde häufig nur schwer möglich ist, gegen Vorabentscheidungen vorzugehen, die sich jedoch ganz entscheidend auf das spätere Genehmigungsverfahren auswirken.

Die Autorinnen
Dr. Dana Kupke ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verwaltungsrecht bei der Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft in Leipzig und unter anderem spezialisiert auf Fragen des Planungs-, Kommunal- und Umweltrechts.
Dr. Manuela Herms ist ebenfalls Rechtsanwältin der Kanzlei am Standort Leipzig und vor allem im Energierecht tätig.