Fachmärkte können helfen: Der stationäre Handel ist stark unter Druck, bleibt aber für die Versorgung der Bevölkerung wichtig – und sollte insbesondere in strukturschwachen Regionen unterstützt werden: Dafür plädiert Kerstin Kage. Sie schlüsselt auf, wie Städte und Gemeinden Fachmarktprojekte erfolgreich begleiten können.

Fachmärkte galten lange Zeit als das „geschnitten Brot“ am bundesdeutschen Immobilienmarkt. Zinswende, Konjunktureinbruch und Preisverfall haben inzwischen aber Spuren hinterlassen. Fachmärkte bleiben trotzdem für viele Kommunen ein wichtiger Anker der Nahversorgung und ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. Sie sichern Arbeitsplätze, generieren Gewerbesteuereinnahmen und beleben die Innenstädte oder Handelsstandorte an der Peripherie.
Gleichzeitig stehen Kommunen und kommunale Entscheider in den lokalen Verwaltungen und Bürgermeisterbüros vor der Herausforderung, diese Projekte in einem zunehmend schwierigen wirtschaftlichen Umfeld zu genehmigen und an der Seite der Projektentwickler zu realisieren. Denn schrumpfende Bevölkerungszahlen, Inflation und steigende Zinsen erschweren Investitionen in neue Handelsflächen.
Fachmärkte und ihre zentralen Faktoren
Dennoch gibt es weiterhin Potenzial für erfolgreiche Fachmarktentwicklungen – wenn Standort, Konzept und Nachhaltigkeit stimmen. Vor allem interkommunale Kooperationen und flexible Nutzungskonzepte können helfen, Projekte wirtschaftlich tragfähig zu gestalten.
Kommunen sollten genau prüfen, wo neue Fachmärkte sinnvoll sind. Dabei gilt: Gute Erreichbarkeit, ausreichende Kaufkraft und geringe Konkurrenz durch kompetitive Betreiber sind zentrale Faktoren für die Wirtschaftlichkeit eines Standorts.
Ein immer wichtigerer Punkt sind die laufenden Betriebskosten: Mit Blick auf die ohnehin geringen Margen im deutschen Einzelhandel zählt jeder eingesparte Euro für Wärme, Kühlung oder Strom fast doppelt. Die Betriebskosten von Fachmärkten lassen sich bereits bei der Planung minimieren. Energieeffiziente Bauweise, Photovoltaikanlagen, moderne Heizsysteme und eine nachhaltige Gebäudetechnik reduzieren langfristig die Belastung für Betreiber und Umwelt.
Städte und Gemeinden sollten zudem proaktiv mit Projektentwicklern und Handelsunternehmen in den Dialog treten. Öffentliche Förderung und Anreize für nachhaltige Bauprojekte können den Ausschlag geben, ob ein Standort attraktiv bleibt.
Vielseitigkeit zieht Kunden an
Klassische Fachmärkte stehen zunehmend unter Druck. Mixed-Use-Modelle, die Handel, Dienstleistungen und Freizeitangebote kombinieren, können aber neue Zielgruppen erschließen und Leerstände vermeiden.
Ein positives Beispiel für eine gelungene Zusammenarbeit zwischen Kommune und Investor ist das Fachmarktprojekt in Jessen (14.000 Einwohner) in Sachsen-Anhalt. Vor Ort werden zwei neue Fachmärkte in Kooperation mit den zukünftigen Abnehmern REWE und Rossmann realisiert. Die Gesamtfläche beträgt 3663 Quadratmeter. Der Ankauf der Fläche sowie die Rohbaufertigstellung sind bereits abgewickelt. Mit der Fertigstellung ist im vierten Quartal 2025 zu rechnen.
Entscheidend für den reibungslosen Bau waren neben der frühen Einbindung der örtlichen Stadtverwaltung, um die Genehmigungsprozesse zu beschleunigen, auch die Investitionen in Energieeffizienz. Das beinhaltet etwa Photovoltaikanlagen auf dem Dach des betreffenden Supermarkts, Wärmepumpen als Herzstück der Heizungsanlage und die smarte Nutzung der Abwärme.
Schwerpunkt nachhaltiges Bauen
Standard bei Fachmärkten sollte die Norm der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB-Zertifizierung) sein. Die verwendeten Baumaterialen, Dämmstoffe, transparenten und undurchsichtigen Außenbauteile entsprechen jeweils dem Wärmschutz nach DIN. Die Versorgung des Verkaufsraums mit Licht erfolgt zu einem wesentlichen Teil über Lichtbänder, die das Tageslicht hineinlassen.
Fachmärkte bleiben ein wichtiger Baustein kommunaler Entwicklung. Das gilt insbesondere in den Lagen, die stagnierende oder gar negative Entwicklungen in puncto Wirtschaft und Demografie zu verzeichnen haben. Entscheidend ist, dass Städte und Gemeinden nicht nur auf Investoren warten, sondern aktiv Rahmenbedingungen schaffen, die nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Fachmarktprojekte ermöglichen. Eine vorausschauende Planung, ökologische Standards und enge Kooperation mit privaten Akteuren sind dabei der Schlüssel zum Erfolg.
Kerstin Kage
Die Autorin
Kerstin Kage ist Vorständin der Ventis
Immobilien AG.