Eltern in der Pflicht

Eine lückenlose Aufsicht an besonderen Einrichtungen eines Schwimmbades ist nicht erforderlich. (OLG Karlsruhe vom 10. August 2007 – AZ 14 U 8/06)

Nachdem ein achtjähriges Kind die Schwimmbadrutsche benutzt hatte, kletterte es auf den unteren Bereich der Rutschbahn, um von hier aus auf der Rutschfläche wieder zum höchsten Punkt der Rutsche zu gelangen. Dabei kam dem Kind ein fünfjähriges Kind entgegen. Das erste Kind verlor dadurch das Gleichgewicht und verletzte sich erheblich. Die Mütter beider Kinder hatten im Schwimmbadbecken gestanden, aber nichts unternommen. Das verletzte Kind verlangte von der Mutter des Unfallverursachers Schadensersatz, aber auch von der Gemeinde als Betreiber des Schwimmbades.

Da das zweite Kind sich vernünftig verhalten hatte, insbesondere zum Aufstieg die hierfür bestimmten Stufen benutzt und sich angeschickt hatte, die Rutsche bestimmungsgemäß herunterzurutschen, bestand zunächst kein Anlass zum Einschreiten. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht konnte allenfalls darin gesehen werden, dass die Mutter das zweite Kind nicht durch Zuruf aufgefordert hatte, noch nicht loszurutschen, nachdem das erste Kind auf das untere Ende der Rutschfläche geklettert war.

Dass die Verhaltensweise des ersten Kindes nicht dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Wasserrutsche entsprach und gefährlich war, lag auf der Hand. Für sein Handeln war die Mutter verantwortlich. Deren Aufsichtspflicht gegenüber dem verletzten Kind wurde dadurch verletzt, dass sie ihr Kind nicht davon abgehalten hatte, nach Benutzung der Rutsche wieder auf das untere Ende der Rutschfläche zu klettern.

Hinsichtlich der Verantwortlichkeit der Gemeinde war davon auszugehen, dass sie die Pflicht hatte, ihre Badegäste vor Gefahren zu schützen, denen diese beim Besuch des Bades und insbesondere bei der Benutzung der Rutsche ausgesetzt waren. Jedoch handelte es sich bei der ins Nichtschwimmerbecken führenden Kinderrutsche um ein einfaches Spielgerät, dessen Funktionsweise und dessen bestimmungsgemäßer Gebrauch jedermann – auch jedem Kind – bekannt sind. Spezifische und nicht ohne Weiteres ins Auge springende Gefahren birgt ein solches Gerät nicht. Deshalb bedurfte es auch keines besonderen Benutzungshinweises des Schwimmbadbetreibers.

Auch konnte der Gemeinde nicht vorgehalten werden, dass sich der Bademeister zum Unfallzeitpunkt nicht im Bereich der Rutsche aufgehalten hatte. Indessen war der Gemeinde nicht zumutbar, im Bereich der Rutsche ständig einen Bademeister zu postieren. Es ist allgemein anerkannt, dass eine lückenlose Aufsicht an besonderen Einrichtungen eines Schwimmbades weder üblich noch möglich noch erforderlich ist.

Franz Otto