Elektronische Vergabe über Dritte

Der Amperverband mit Sitz in Eichenau nutzt seit Jahren das Verfahren der elektronischen Vergabe. Anstatt eine eigene Infrastruktur aufzubauen, vertraut er auf spezialisierte Dienstleister. Dieses Vorgehen ermögliche die Konzentration auf das Kerngeschäft, so Bürgermeister Peter Münster in seinem Beitrag.

Der Amperverband (AV) ist ein an die westliche Stadtgrenze Münchens angrenzender Zweckverband zur Abwasserreinigung mit zehn Mitgliedsgemeinden. Das Verbandsgebiet umfasst etwa 205 Quadratkilometer. Die Kläranlage ist auf 250 000 Einwohnergleichwerte ausgelegt. Er handelt nicht nur in eigenem Namen, sondern auch für den Zweckverband zur Wasserversorgung der Ampergruppe (WVA), für den er seit 2000 kaufmännisch und technisch den Betrieb führt.

Auch der AV hat zu beachten, dass europaweite Ausschreibungen zwingend in der ausschließlich elektronisch veröffentlichten Plattform Ted.europa.eu bekannt zu machen sind (Richtlinie 2014/24/EU, umgesetzt in nationales Recht in VOB/A 2016). Verpflichtende Prozessschritte sind die Bekanntmachung zu erfassen, diese zu veröffentlichen, die Vergabeunterlagen digital bereitzustellen, die Kommunikation mit den Bietern digital zu führen, Angebote digital entgegenzunehmen und die Zuschlagsinformation digital zu übermitteln.

Für europaweite Ausschreibungen gelten seit 1. Januar 2018 neue Schwellenwerte. Im sogenannten Oberschwellenbereich müssen von 18. Oktober 2018 an alle Auftraggeber und Auftragnehmer vollständig auf die elektronische Abwicklung von Vergabeverfahren umgestellt haben (vgl. § 97 Abs. 5 GWB, § 9 Abs. 1 VGV) . Bis dahin besteht die Möglichkeit schriftlicher Abgabe. Sie stellt in der Praxis noch den Regelfall dar.

Im Unterschwellenvergabebereich gelten für Bund und Länder unterschiedliche Schwellenwerte . Einheitlich müssen aber seit 2. September 2017 sämtliche Bekanntmachungen der ausschreibenden Stellen über die Suchfunktion des Internetportals www.bund.de ermittelbar sein. Der potenzielle Auftraggeber hat die Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt über das Internet abrufbar einzustellen. Angebote sind ab Jahresbeginn 2020 zwingend elektronisch abzugeben. Bis dahin sind schriftliche Angebote zulässig. Lediglich bis zu einem geschätzten Auftragswert von 25 000 Euro muss weiterhin keine digitale Bekanntmachung erfolgen und Bieter können Angebote schriftlich legen.

Der Amperverband schreibt für sich und den WVA pro Jahr etwa zehn verschiedene Pakete im operativen Bereich aus. Die Aufgaben betreffen zum Beispiel den Leitungsnetzausbau in der Siedlungswasserwirtschaft, Pumpwerkinstandhaltung und Servicebereitschaft. Die Auftragsvolumina liegen zwischen 300 000 und zwei Millionen Euro. Seit dem Jahr 2012 erfolgt die Ausschreibung digital.

Hinzu treten besondere Vorhaben wie die Errichtung eines neuen Betriebs- und Verwaltungsgebäudes in den Jahren 2017/18 mit einem Auftragsvolumen von rund zwölf Millionen Euro. Bei diesem Projekt waren bereits die Architektur- und Ingenieurdienstleistungen europaweit ausschreibungspflichtig.

Da der AV nicht über eigene Programmierkapazitäten verfügt, war die Entscheidung für ein kommerziell verfügbares Softwareprogramm zwingend. Nach Analyse des Wettbewerbs ging der Zuschlag an einen Anbieter aus dem Landkreis Rosenheim (Orca/AVA). Seit 2000 nutzt der AV das Programm für die Erstellung der Leistungsverzeichnisse und die Vergabeabwicklung. Abgegebene Angebote auf Datenträgern in gängigen Dateiformaten werden in eine Datenbank eingespielt und ausgewertet.

Daneben war die digitale Veröffentlichung zu ermöglichen. Da der Verband hierfür weder finanzielle noch personelle Ressourcen hatte, entschied er sich für einen der etablierten Portal-Dienstleister am Markt (Deutsche e-Vergabe). Die Erfahrungen des Amperverbands mit digitaler Ausschreibung sind insgesamt positiv. Die erhofften digitalen Rückmeldungen allerdings lassen bislang auf sich warten. Bis dato gehen die Angebote regelmäßig schriftlich ein. Befragte Anbieter gaben an, die schriftliche Abgabe zu bevorzugen, da Angebote auf Papier schriftlich niedergelegt würden.

Bieter müssen sich registrieren

Die äußere Datensicherheit hat das Portal zu garantieren. Deren Überprüfung ist für den AV nur durch entsprechende Empfehlung des Bundesamts für Sicherheit und Informationstechnik (BSI) sicherzustellen. Absolute Datensicherheit ist nicht herstellbar, doch gibt es einige wesentliche Ansatzpunkte zur Erhöhung der Datensicherheit.

So hat sich der Bieter vor seiner Teilnahme an der Ausschreibung über das Portal bei der Vergabestelle zu registrieren, daher sind seine Daten zurückverfolgbar. Der AV Lädt das Leistungsverzeichnis als PDF-Datei hoch, wodurch sich die Gefahr einer Infektion des Portals mit Virenprogrammen erheblich verringert. Auch die Eingabe der Bieter in gesicherte Datenmasken erschwert ein Eindringen Dritter mit Schadprogrammen.

Dies bedeutet aber nicht nur Schutz für das Portal selbst, sondern auch für den Amperverband als Empfänger der Daten. Extern geprüfte Qualitätsstandards durch Dritte garantieren den Bietern, dass deren Angebote unverändert an die Vergabestelle weitergegeben werden. Wenn in Kürze die Abgabe und Auswertung der Leistungsverzeichnisse mit Signatur des Bieters, also elektronischer Unterschrift, erfolgen wird, erhöht das die Datensicherheit weiter. Für den Bieter besteht zusätzliche Sicherheit gegen Manipulation, da der Zugriff der Vergabestelle aufgrund elektronischer Steuerung erst am Submissionstag möglich ist.

Bei sorgfältiger Auswahl externer Partner unter Berücksichtigung allgemeiner Sicherheitsstandards ist die elektronische Vergabe über Dritte problemfrei möglich. Allen Betroffenen ist daher zu empfehlen, eigene Fähigkeiten im Umgang mit der E-Vergabe aufzubauen. Der Verzicht auf den Aufbau einer eigenen Infrastruktur ermöglicht es, sich auf das Wesentliche, das Kerngeschäft zu konzentrieren.

Peter Münster

Der Autor
Peter Münster ist Erster Bürgermeister der bayerischen Gemeinde Eichenau, stellvertretender Vorsitzender des Zweckverbands der Wasserversorgung der Ampergruppe und Mitglied des Verbandsausschusses des Amperverbandes