Ein klares Plus für Bildungsbauten

Kommunen, die auch im Bildungssektor einen energieeffizienten Gebäudebestand anstreben, sollten sich mit dem Förderprogramm „Effizienzhaus Plus“ auseinandersetzen. Bei der Sanierung von Schulen und beim Neubau von Kindergärten winken staatliche Zuschüsse.

Vor gut fünf Jahren wurde das Modellprojekt „Effizienzhaus Plus mit Elektromobilität“ in Berlin eröffnet. In dem als Wohngebäude konzipierten Bau kommen die neuesten technischen Errungenschaften auf dem Gebiet der Energieeffizienz zum Einsatz. Ein hoher Dämmstandard in Kombination mit einer optimierten Gebäudetechnik lässt das Einfamilienhaus zu einem eigenständigen kleinen Kraftwerk werden.

Seit seiner Eröffnung im Dezember 2011 haben zwei Testfamilien für jeweils ein Jahr in dem Effizienzhaus Plus gewohnt. Währenddessen wurde das Gebäude einem intensiven technisch-wissenschaftlichen sowie sozialwissenschaftlichem Monitoring unterzogen. Gleichzeitig legte das Bundesbauministerium ein Forschungsförderprogramm für bundesweit 36 Modellhäuser auf, die den sogenannten Effizienzhaus-Plus-Standard erfüllen.

Zwar stellen private Haushalte mit rund einem Viertel des gesamten jährlichen Energiebedarfs die größte Gruppe der Energieverbraucher im Gebäudesektor dar und sind daher interessant als Zielgruppe für Energieeffizienzmaßnahmen. Jedoch bieten auch die anderen Sektoren des Bauens ein hohes Einsparpotenzial. Allein durch die Sanierung der bestehenden Schulgebäude in Deutschland ließen sich theoretisch vier Terawattstunden pro Jahr an Energie einsparen.

Im Bereich Bildungsbauten stehen neben Sanierungen aber auch in vielen Kommunen Neubauten an, zum Beispiel von Kindertageseinrichtungen. Allen Planungen gemein sollte dabei der zukunftsorientierte Blick sein, bis 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu schaffen.

Vor diesem Hintergrund gibt es seit Januar 2015 eine Förderrichtlinie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, um den Bau oder die Sanierung von Bildungsgebäuden im Effizienzhaus-Plus-Ansatz zu fördern. Ziel ist es, durch Forschung und Entwicklung auch Grundlagen für die Markteinführung des Effizienzhaus-Plus-Ansatzes im Bereich der Nichtwohngebäude zu schaffen.

„Negativer“ Energiebedarf

Die zentrale Anforderung für die Teilnahme am Förderprogramm ist das Erreichen des Effizienzhaus-Plus-Ansatzes (siehe Infospalte). Dieser wird erfüllt, wenn sowohl ein negativer Jahres-Primärenergiebedarf als auch ein negativer Jahres-Endenergiebedarf vorliegen. „Negativ“ bedeutet hier, dass das Gebäude mehr Energie erzeugt, als durch seinen Betrieb und seine Nutzung verbraucht wird. Die End- und Primärenergiebedarfswerte für den Nutzerstrom sind hierbei zu berücksichtigen. Zusätzlich ist das Verhältnis von selbstgenutzter zu generierter erneuerbarer Energie innerhalb der Bilanzgrenze (hier: Grundstücksgrenze) auszuweisen. Für das energetische Monitoring sind alle Gebäude durchgängig mit intelligenten Zählern auszustatten.

Die Anforderungen an ein Effizienzhaus Plus im Bereich der Bildungsbauten lassen sich ähnlich wie bei Wohngebäuden erfüllen: Der Energiebedarf wird durch eine hervorragend gedämmte Gebäudehülle und eine effiziente Anlagentechnik weitestgehend reduziert und über regenerative Quellen gedeckt. Das „Plus“ wird meist über eine Fotovoltaik-Anlage erreicht.

Für die solare Energienutzung bieten sich Bildungsbauten besonders an, da der Strom tagsüber erzeugt und vorrangig auch tagsüber verbraucht wird. Andererseits werden gerade Bildungsbauten wie beispielsweise Universitäten oder Schulen an Wochenenden und teils über Wochen oder sogar Monate hinweg kaum genutzt. Für diese Zeiten gilt zu überlegen, inwieweit der Strom an benachbarte Gebäude verteilt oder für den zeitversetzten Eigenverbrauch gespeichert werden kann.

Insbesondere durch einen Zusammenschluss mehrerer Gebäude zu einem Bildungscampus kann auf ausreichend Dachflächen zurückgegriffen werden. So haben etwa Turnhallen einen hohen Dachflächenanteil. Zusätzlich ist bei der Planung der Gebäude auf verschattungsfreie Fassadenflächen zu achten.

Lowtech und Hightech mixen

Im Gegensatz zu Wohngebäuden ergeben sich für Nichtwohngebäude erhöhte Anforderungen an die Lüftung und Gebäudeautomation. Auch zusätzliche elektrische Verbraucher wie interaktive Whiteboards (elektronische „Schultafeln“) sind in der Energiebilanz zu berücksichtigten. Das Maß der technischen Gebäudeausrüstung ist bei jedem Bauvorhaben individuell zu prüfen und gegebenenfalls sollte an eine sinnige Kombination aus Low- und Hightech-Systemen gedacht werden.

Die Förderung entsprechend dem Pogramm „Effizienzhaus Plus“ erfolgt über einen nicht rückzahlbaren Zuschuss und ist planungs-, material- und technologieoffen. Alle Projekte werden hinsichtlich ihrer integralen Planung, Energiebilanz, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit wissenschaftlich begleitet. Die Auswahl der Teilnehmer erfolgt in einem zweistufigen Antragsverfahren. Zum Zeitpunkt der ersten Antragsstufe sollte die Leistungsphase drei der Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) abgeschlossen sein.

Bildungsbauten sind sehr gut geeignet, um nachhaltige Gebäudekonzepte verschiedenen Zielgruppen näherzubringen. So ermutigt der Effizienzhaus-Plus-Ansatz durch die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen und erfolgreicher Leitprojekte nicht nur die Fachwelt sowie kommunale und private Träger zu eigenem Engagement. Durch den direkten Kontakt zu Bildungsbauten mit einem „Plus“ an Energie werden auch die nachfolgenden Generationen für das ressourcenschonende und zukunftsorientierte Bauen sensibilisiert.

Peter-M. Friemert

Der Autor
Peter-M. Friemert ist Geschäftsführer der Informationsstelle Effizienzhaus Plus/ZEBAU (Zentrum für Energie, Bauen, Architektur und Umwelt) in Hamburg