Düsseldorfs blühende Visitenkarte

Düsseldorf legt großen Wert auf eine biodiversitätsschonende Grünpflege, zum Beispiel in Form von Blühwiesen. Welche Erfahrungen gibt es damit? Welche Geräte sind im Einsatz? Welche Fördermittel unterstützen? Antworten von Gartenamtsleiterin Doris Törkel.

Blühwiesen
Blumen auf dem Mittelstreifen in der Hildener Straße: Düsseldorf hat den Standort zum Schutz der mehr als 70 Jahre alten Stadtbäume umgebaut. Foto: Landeshauptstadt Düsseldorf/Gartenamt

Wie hat sich Ihr Grünflächenmanagement in den vergangenen Jahren verändert?

Doris Törkel: Freiflächen und naturnahe Parkanlagen sind für die Stadt Düsseldorf wichtig, um als attraktiver Wirtschafts- und Siedlungsraum wachsen zu können. Längst ist das Lebens- und Arbeitsumfeld zu einem der wesentlichen Standortfaktoren für die langfristige Bindung der Bevölkerung an ihren Wohnort sowie von Mitarbeitenden an ihren Arbeitsplatz geworden. Die „grüne Visitenkarte“ der Stadt hat also neben der ökologischen und sozialen Funktion auch wirtschaftliche Vorteile. Umso wichtiger ist es, den Erhalt der biologischen Vielfalt mit einem ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen. Ein Baustein ist dabei, die bestehenden Grünflächen ökologisch aufzuwerten.

Wie gehen Sie vor?

Törkel: Eine Möglichkeit bietet die Entwicklung von artenreichen Wiesenflächen, so genannten Blühwiesen, die seltenen Tieren und Pflanzen des Rheinlandes als Lebensraum dienen. Vor dem Hintergrund der Flächenknappheit müssen Wiesenflächen mit hocheffizienten Blühmischungen entstehen, die als so genannte Bienenweiden den heimischen Insekten als Lebensgrundlage dienen. Gleichzeitig sollen sie durch Trocken- und Hitzeresistenz an die neuen, durch den Klimawandel hervorgerufenen Bedingungen angepasst sein.

Welche biodiversitätsschonenden Mähtechniken und Geräte setzen Sie ein?

Törkel: Für eine insekten- und blühpflanzenschonende Mahd sollten grundsätzlich Maschinen wie der Balkenmäher oder das Doppelmessermähwerk verwendet werden. Denn durch das horizontal liegende Schneidwerk und die geringere Mahdgeschwindigkeit ohne Ansaugwirkung werden Tiere, im Gegensatz zum Kreiselmäher, kaum geschädigt. Zudem verletzt diese Art der Scherentechnik die Pflanzen weniger, sie können sich so nach der Mahd besser erholen. Eine Mahdhöhe von mindestens zehn bis 14 Zentimeter schont Insekten und Amphibien. Die Mähtechnik und das Abräumen des Mähgutes sind wichtige Faktoren für die Etablierung artenreicher Blühwiesen.


Engagiert für Biodiversität

Düsseldorf hat 2013 die „Deklaration zur biologischen Vielfalt“ unterzeichnet, ist 2016 dem Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ beigetreten und nimmt seitdem an den Vernetzungstreffen des Bündnisses teil. Bei dem Labelingverfahren des Bündnisses – „StadtGrün naturnah“ – ist die Stadt seit September 2021 mit der höchsten Kategorie „Gold“ ausgezeichnet und wird dieses Jahr am Rezertifizierungsverfahren teilnehmen.


Welche Unterstützung erhalten Sie dafür?

Törkel: Damit stadtweit eine vollständige Umstellung der Pflege für die Blühwiesen gelingen kann, setzt die Stadt Düsseldorf auf eine Kombination: Eigenregiepflege und die Beauftragung externer Firmen, die über entsprechende Maschinen und Geräte verfügen. Dadurch bietet sich die Möglichkeit, großräumig biodiversitätssteigernde Maßnahmen umzusetzen. In den Grünanlagen und im Straßenbegleitgrün werden insgesamt 22 Hektar Extensivwiesen sowie 25,5 Hektar Blühwiesen extensiv und biodiversitätsfördernd gepflegt.

Stehen Ihnen auch Fördermittel zur Verfügung?

Törkel: Über das Förderprogramm „Natürlicher Klimaschutz in Kommunen“, das vom Bundesumweltministerium initiiert wurde, haben wir die erarbeitete Blühwiesenstrategie für das Stadtgebiet von Düsseldorf erfolgreich zur Förderung angemeldet. Im Rahmen des Programms sind auch die Beschaffung technischer Ausstattung sowie die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden förderfähig.

Lohnt sich der Mehraufwand?

Törkel: Ja, denn aufgrund des zur Verfügung stehenden Flächenpotenzials im Bereich der kommunalen Grünflächen ist aus unserer Sicht die Umstellung der Pflege hin zu einer biodiversitätsschonenden Wiesenpflege ein wichtiges Handlungsfeld. Die für das Düsseldorfer Stadtgebiet erarbeitete Blühwiesenstrategie ist Bestandteil des Biodiversitätskonzeptes, das sich aktuell in Aufstellung befindet. Durch die Etablierung von Blühwiesen konnten in Düsseldorf bereits seltene Wildbienenarten wie die Knautien-Sandbiene in den Parkanlagen nachgewiesen werden.

Welche Empfehlungen möchten Sie mit Akteuren in anderen Kommunen teilen?

Törkel: Die Umstellung der Grünpflege hin zu einer insekten- und blühpflanzenschonenden Mahd sollte auf Basis eines stadtweiten Konzeptes erfolgen. Dort sind flächenbezogene Maßnahmenkonzepte und Prioritäten der Umsetzung festzulegen – und die jeweiligen Nutzungsintensitäten der Flächen oder etwa gartendenkmalpflegerische Zielstellungen sollten berücksichtigt werden. Eine fachliche Bewertung der Eignung potenzieller Flächen ist außerdem eine Grundvoraussetzung.

Wie sind Ihre Erfahrungen: Wie sollte die Umstellung ablaufen?

Törkel: Sie kann nur stufenweise erfolgen und sollte durch einen fortlaufenden Evaluierungsprozess begleitet werden. Die Mitarbeitenden sind durch Fortbildungsveranstaltungen zu schulen. Basis für den Erfolg ist eine entsprechende Maschinen- und Geräteausstattung, das Ausschöpfen vorhandener Fördermöglichkeiten kann hilfreich sein. Eine begleitende Öffentlichkeitsarbeit erhöht die Akzeptanz der Maßnahmen. Hinweise von interessierten Bürgerinnen und Bürgern sollten außerdem einbezogen werden.


Zur Person

Doris Törkel ist Leiterin des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes der Stadt Düsseldorf.


Interview: Hannah Henrici

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