Digital gestütztes Leben und Lernen in der Schule? Unbedingt ja, aber mit anderen Rahmenbedingungen: Bildungsexperte Christoph Pienkoß schlüsselt auf, wo Bund, Länder und Gemeinden aus Verbandssicht nachsitzen sollten – damit Schülerinnen und Schüler die Unterstützung finden, die sie brauchen.

Digitale Bildungsmedien gehören heute zum Alltag in Kita, Schule und Instituten der beruflichen sowie der Erwachsenenbildung. Dazu zählen beispielsweise interaktive Schulbücher und Tafelbilder, Übungs- und Prüfungssoftware oder auch Blended-Learning-Lösungen. Immer geht es dabei um die didaktisch sinnvolle Verknüpfung von Präsenzunterricht mit virtuellem Lernen auf der Basis neuer Informations- und Kommunikationsmedien.
Denn digitale Lernangebote ermöglichen es den Lehrkräften, Schülerinnen und Schüler mit differenzierenden digitalen Lernangeboten individuell zu fördern. Sie unterstützen das gemeinsame Arbeiten und lassen mehr Zeit für die Moderation durch die Lehrenden. Multimediale Lernangebote eröffnen neue, motivierende Zugänge zum Kompetenzerwerb und gehen dabei auf unterschiedliche Lerntypen ein.
Zu wenig Geld für digitale Bildungsmedien?
Wenn es um digitales Lernen in der Schule geht, geht es also um Hardware und IT-Infrastruktur einerseits. Andererseits geht es aber immer auch darum, was pädagogisch-didaktisch damit im Unterricht gemacht werden kann, also um die Inhalte, den Content. Das hatten weder der DigitalPakt Schule noch sein geplanter Nachfolger, der DigitalPakt Schule 2.0, im Blick: Die Mittel, die für Bildungsmedien zur Verfügung stehen, bleiben seit Jahren unverändert.
Die Ausgaben an öffentlichen Schulen je Schülerin und Schüler betrugen 2023 durchschnittlich 9800 Euro. Davon entfielen 7400 Euro auf Personalausgaben, rund 1400 Euro auf den laufenden Sachaufwand und weitere 1000 Euro auf Investitionsausgaben. Bildungsmedien sind Teil des laufenden Sachaufwands. Der Verband Bildungsmedien schätzt ihren Anteil auf rund 50 Euro.
Wie wenig das ist, zeigt der Blick ins europäische Ausland: So stehen für Lernmedien in Finnland 140 Euro im Primar- und 240 Euro im Sekundarbereich je Schüler zur Verfügung. In Norwegen sind die Ausgaben auf 200 Euro im Primarbereich gestiegen – nach (wie in Deutschland auch) schwachen PISA-Ergebnissen. In Schweden sind es 120 Euro – dort kommen Sondermittel für Lernmedien in Millionenhöhe in den kommenden vier Jahren hinzu: Lernmedien, die von professionellen Verlagen kuratiert werden.
Lehrkräfte unbedingt einbinden
Der fehlende Fokus auf Inhalte ist fatal. Denn er bedeutet, die Lehrkräfte außen vor und ihr pädagogisches Know-how ungenutzt zu lassen. Ein einfacher Zugang zu einer breiten Auswahl an digitalen Bildungsmedien schafft Erfahrung sowie Akzeptanz und führt zu nachhaltigen, langfristigen sowie zukunftsfähigen Schul- und Unterrichtskonzepten.
Diesen Zugang können Schulträger, Länder und Kommunen leicht durch interoperable Lösungen mit Schnittstellen zu den Schulverwaltungssystemen schaffen. Zum Beispiel mit „Bildungslogin“, einem Webdienst des Verbands Bildungsmedien: Dort wird in einem zentralen Medienregal der einfache Zugang zu verschiedenen digitalen Produkten deutscher Bildungsmedienverlage verwaltet (info.bildungslogin.de). Die Basis sind standardisierte Formate und Schnittstellen mit Plattformbetreibern für den Austausch von Lizenz-, Produkt- und Schulstrukturdaten. Interessierte Verlage wurden daran angeschlossen.
Vorreiter bei der digitalen Schule
Rund 1000 Schulen in ganz Deutschland sind bereits mit „Bildungslogin“ verbunden. Schon zum Schuljahr 2022/2023 hatte das Saarland seinen Schulen, Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern die Nutzung digitaler Produkte professioneller Bildungsmedienanbieter ermöglicht. Die technische Grundlage dafür ist die Integration von „Bildungslogin“ in „Online-Schule Saarland“ (OSS). Sie ermöglichte die Verwaltung von Lizenzen für digitale Medien genauso wie den nahtlosen Zugriff der OSS-Nutzerinnen und ‑Nutzer auf die Medien selbst.
Seit dem Schuljahr 2023/2024 werden in Rheinland-Pfalz (über das System SchulCampus Rheinland-Pfalz) verschiedene Schnittstellen von „Bildungslogin“ in Zusammenarbeit mit dem Vermittlungsdienst VIDIS (Vermittlungsdienst für das digitale Identitätsmanagement in Schulen, www.vidis.schule) eingesetzt, um das „digitale Bücherregal RLP“ für den einfachen Zugriff auf Medien der Anbieter zu realisieren.
Auch und gerade im digitalen Kontext kommt es auf qualitätsgesicherte Inhalte an, die gemäß höchsten didaktischen Standards vermittelt werden. Was die Schulen in Deutschland brauchen, ist eine Balance neuer Technologien einerseits und unverzichtbarer Inhalte andererseits.
Christoph Pienkoß

Zukunftsaufgabe
Die Absicht ist erklärt, jetzt gilt es, sie umzusetzen: Bund und Länder haben sich auf eine Fortführung des „Digitalpakts Schule“ verständigt. Der Digitalpakt 2.0 soll bis 2030 insgesamt fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung von Schulen bereitstellen, die jeweils zur Hälfte vom Bund und von den Ländern getragen werden. Mit der gemeinsamen Erklärung im Dezember 2024 sei es gelungen, „die Grundlagen dafür zu schaffen, dass eine künftige Bundesregierung unverzüglich in der kommenden Legislaturperiode dafür sorgen kann, dass die Kommunen und Schulen im ganzen Land sicher planen und sicher investieren können“, sagte der damalige Bundesbildungsminister Cem Özdemir, als die Bildung der neuen Bundesregierung bevorstand.