Die Chance der Dörfer liegt im Digitalen

Landflucht, demografischer Wandel, große räumliche Distanzen – auf die Probleme der ländlichen Räume können mithilfe „intelligenter“ Technologien Antworten gefunden werden. Für die Politik auf allen Ebenen heißt das, neben den Smart Cities immer auch das Smart Country in den Blick zu nehmen.

Digitale Verwaltung ist in Deutschland zuallererst digitale Kommunalverwaltung, und die Kommunen stehen hier vor großen Herausforderungen. So verpflichtet das Onlinezugangsgesetz Bund und Länder dazu, Fachverfahren online anzubieten und diese in einem geplanten bundeseinheitlichen Portalverbund zu verankern. Hinzukommen besondere Anforderungen an Datenschutz und Informationssicherheit. Auch im Bereich der Daseinsvorsorge und Wirtschaftsförderung sind die Kommunen aufgerufen, die Vorteile der Digitalisierung für die öffentliche Aufgabenwahrnehmung zu nutzen. Die kommunale Verwaltung soll Teil einer smarten Ausgestaltung des öffentlichen Raums, der Smart City werden.

Potenziale der Digitalisierung

Smart City ist ein Sammelbegriff für verschiedene Entwicklungskonzepte, die darauf abzielen, öffentliche Räume effizienter, technologisch fortschrittlicher, grüner und sozial inklusiver zu gestalten. Zu deren Umsetzung sollen insbesondere (neue) digitale Technologien beitragen. Diese breit gestreuten Nachhaltigkeitsziele betreffen entgegen dem missverständlichen Wortlaut nicht nur städtische Ballungszentren, sondern auch den ländlichen Raum, das sogenannte Smart Country (teilweise auch Smart County oder Smart Rural genannt). Gerade für die Bundesrepublik Deutschland, die in weiten Teilen ländlich geprägt ist und ihren Wohlstand zu großem Teil im ländlichen Raum erwirtschaftet, ist es geboten, neben den Smart Cities immer auch das Smart Country in den Blick zu nehmen.

Für die Kommunen birgt die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft große Entwicklungspotenziale. Digitale Technologien können dabei helfen, die spezifischen Herausforderungen des ländlichen Raums zu meistern. Landflucht, demografischer Wandel, große räumliche Distanzen – all diesen Phänomen kann mit klugen digitalen Anwendungen wie zum Beispiel Mobilitätsplattformen, Home Office-Lösungen und E-Health-Angeboten begegnet werden. Der gesamte Bereich der Daseinsvorsorge lässt sich mit digitalen Hilfestellungen verbessern. Mobiler Rettungsdienst, Rufbus-Apps, Telemedizin, Co-Working Spaces und andere Lösungen ermöglichen es Bürgern und Unternehmen auch im ländlichen Raum am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilzunehmen.

Drei zentrale Voraussetzungen

Blickt man auf die Voraussetzungen für eine smarte Ausgestaltung der ländlichen Räume, lassen sich drei zentrale Aspekte identifizieren: Ein Smart Country bedarf erstens einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur, zweitens sichtbarer Kommunalportale und drittens einer medienbruchfreien Datenverarbeitung.

Grundlage für jegliches Digitalisierungsprojekt ist ein leistungsfähiges Breitband- und Mobilfunknetz. Smart Country-Anwendungen bedürfen darüber hinaus einer lokalen, digitalen Verankerung in den Kommunen. Hier rücken die Kommunalportale als digitale Plattformen für Online-Fachverfahren und andere digitale Anwendungen in den Blick. Die Portale können als digitaler Anker für Smart Country-Anwendungen und -Applikationen dienen. Ein vielfältig ausgestattetes Kommunalportal ist Voraussetzung für eine an die lokalen Bedürfnisse angepasste Smart Country-Politik.

Damit diese Kommunalportale ihre Bedeutung im geplanten Portalverbund behaupten können, das heißt digital sichtbar bleiben, müssen sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Eine ist der medienbruchfreie Ausbau der Online-Fachverfahren. Weiterhin setzen steigende datenschutz- und sicherheitsrechtliche Anforderungen eine entsprechende Implementierung und Ausgestaltung von Verwaltungssoftware (privacy/security by design) voraus.

Die Kommunalverwaltungen müssen sich daher jetzt der Herausforderung einer medienbruchfreien Informations- und Datenverarbeitung stellen. Kern- und Angelpunkt ist dabei die Einführung der elektronischen Aktenführung (E-Akte). Es handelt sich dabei nicht nur um eine Herausforderung für die IT, sondern stellt die Verwaltung vor eine umfassende (Re-)Organisationsaufgabe. Die Neuorganisation der Kommunalverwaltung muss den vollständigen Lebenszyklus der elektronischen Informationen berücksichtigen und den Bearbeitungszusammenhang vom Antrag oder ersten Entwurf über alle Beteiligungs- und Abstimmungsverfahren bis hin zur Langzeitspeicherung abbilden. Diese organisatorische Herausforderung ist bei der Personalausstattung, Finanzierung und Kontrolle der Implementierung der E-Akte in die Verwaltungen entsprechend zu berücksichtigen.

Die smarte Ausgestaltung der ländlichen Räume in Deutschland hängt nach alledem von verschiedenen Voraussetzungen ab, die von einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur über funktionierende E-Government-Strukturen bis hin zu digitalen Innovationen für die Bereiche der Daseinsvorsorge und Wirtschaftsförderung reichen. Diese Projekte klug zu verzahnen, ist die Herausforderung für die Zukunft.

Ariane Berger

Die Autorin
Dr. Ariane Berger ist Referentin für E-Government und Verwaltungsorganisation beim Deutschen Landkreistag in Berlin sowie Privatdozentin an der Freien Universität Berlin