Der Müll muss weg

Achtlos weggeworfene Kaugummipackungen und Zigarettenkippen oder illegal abgeladene Müllbeutel sind deutschen Kommunen zunehmend ein Dorn im Auge. Als Gegenmaßnahmen setzen Städte wie Frankfurt am Main, Köln oder Reutlingen auf Aufklärung, Kontrolle und auf Verwarn- und Bußgelder.

Wenn in Frankfurt am Main nach einem langen Partywochenende am Montag wieder der Alltag in „Mainhattan“ Einzug hält, dann rücken auch die städtischen Reinigungskolonnen wieder an. „Alle sechs bis acht Wochen wird in den Straßen eine Sonderreinigung durchgeführt“, sagt Claudia Gabriel, Leiterin der Stabstelle „Sauberes Frankfurt“. So werden die „Hinterlassenschaften“ der Partygänger unter anderem mit einer Wasserlanze weggeschossen.

Der Sonderreinigungsaufwand ist enorm. Daher fokussiert sich die Stadt seit Jahren nicht ausschließlich auf Reinigungsaktionen. In Kooperation mit dem städtischen Ordnungswesen leisten Claudia Gabriel und ihr Projektteam regelmäßig Aufklärungsarbeit und führen Informationsveranstaltungen durch. „Mit den Kollegen des Ordnungsamtes untersuchen wir nahezu jede Woche das Müllaufkommen in ausgesuchten Referenzflächen“, erläutert sie.

Auch die Anzahl an Mülleimern, Aschenbechern beziehungsweise ausgewiesenen Raucherbereichen im Stadtkern sei erhöht werden. Jedoch: Die Präsenz der „Müllsheriffs“ in der Bankenmetropole reicht allein nicht aus, um unverbesserliche Müllsünder zur Räson zu bringen. Wer beispielsweise in Frankfurt seine Kippe wegschnippt, muss mit einem Verwarnungsgeld in Höhe von 30 Euro rechnen. Ein achtlos weggeworfener Kaugummi kostet sogar 55 Euro. „Die Höhe der Verwarn- und Bußgelder richtet sich nach dem Aufwand zur Beseitigung und dem Ekelfaktor“, erklärt Claudia Gabriel.

Auf frischer Tat ertappt

Nicht nur in der größten Stadt Hessens, sondern auch im benachbarten Darmstadt will man die Straßen sauberer halten. Im Sommer 2014 informierte die Stadt die Öffentlichkeit in einem Bußgeldkatalog für Verstöße gegen die Präventionskonvention über drohende Strafen bei der Vermüllung und Verschmutzung von öffentlichen Plätzen oder Grünanlagen. Die Nichtbeseitigung von Tierkot kostet beispielsweise ab sofort 35 Euro. Bei einer weggeworfenen Plastikflasche kommen 20 Euro auf den ertappten Müllsünder zu. Wer seinen Sperrmüll unerlaubt abstellt, sieht sich einem Bußgeld von 50 Euro gegenüber.

„Das Bußgeld kann nach der Präventionskonvention bis zu 5000 Euro betragen“, erklärt Daniel Klose, Pressesprecher der Stadt Darmstadt. Beschwerden über illegale Sperrmüllablagerungen werden laut seiner Aussage nahezu täglich an die Kommunalpolizei herangetragen. Das Wegwerfen von (Essens-)Verpackungen, Kaugummis, Zigarettenstummeln und ähnliche Ordnungswidrigkeiten bewege sich auf gleichbleibend hohem Niveau. „Die Hinterlassenschaften von Menschengruppen, welche sich häufig an zentralen städtischen Plätzen treffen, haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen“, ergänzt der Pressesprecher.

Ein leidiges Dauerthema sei die Verschmutzung durch Hundekot. Sorgen bereitet den Stadtverantwortlichen auch die zunehmende Aggressivität der Müllsünder. „Einige Müllsünder sind einsichtig, aber es gibt auch viele, die kein Verständnis für die Kontrollen haben“, berichtet Daniel Klose. Die Reaktion reiche von Unverständnis bis hin zu verbalen Attacken gegen die Ordnungskräfte.

Regelmäßige Kontrollen

Unverbesserliche Wiederholungstäter bilden zwar auch in Köln inzwischen eher die Ausnahme. Die drastischen Verwarn- und Bußgelder wirken auf potenzielle Müllsünder abschreckend. „Ein Verwarngeld bis 55 Euro wird in normalen Fällen festgesetzt“, sagt Heribert Büth, Pressesprecher der Stadt Köln. Bei besonderen Umständen – zum Beispiel erheblichen Müllmengen, Entsorgung in kritischen Bereichen wie Spielplätzen oder Entsorgung von gefährlichen Gegenständen – würden Bußgeldverfahren eingeleitet. „Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles kann eine Geldbuße bis zu 1000 Euro festgesetzt werden“, so der Pressesprecher.

Die Aufgabe der Verfolgung von Müllsündern liege sowohl beim zentralen Ordnungsdienst als auch schwerpunktmäßig in den neun Stadtbezirken beim jeweiligen Bezirksordnungsdienst. Grundsätzlich wirke die öffentliche Präsenz der uniformierten Mitarbeiter auch präventiv gegen Müllsünder. Die Kölner „Müllsheriffs“ haben sich offenkundig ähnlichen Respekt verschafft wie die „Waste Watcher“ in Hamburg, die regelmäßig in der Elbstadt patrouillieren. Dennoch sieht man in der Domstadt weiterhin Verbesserungspotenzial, um das Stadtbild sauberer zu machen. „Die Vermüllung des öffentlichen Raumes nimmt leider zu“, erklärt Heribert Büth.

Mehr Geld für die Reinigung

Nach gezielten Sondermaßnahmen der Stadtreinigung ist in letzter Zeit auch die Mannheimer Innenstadt sauberer geworden. Das ist das Ergebnis einer Auswertung, die dem Gemeinderat im Januar 2015 vorgestellt wurde. „Nach neun Monaten Zusatzreinigung ist es in den dafür ausgewählten Gebieten sichtbar sauberer geworden, bestätigt Dirk Schuhmann, Pressesprecher der Stadt Mannheim. Der städtische Eigenbetrieb verzeichnete messbare Verbesserungen in seinem Datenbanksystem zur Qualitätssicherung in der Stadtreinigung im Vergleich zum Vorjahr. „Mit dem Haushalt 2014/15 hat der Gemeinderat den Zuschuss für die Stadtreinigung um 500 000 Euro pro Jahr erhöht“, ergänzt er. Dadurch könne die Abfallwirtschaft Mannheim zehn zusätzliche Reinigungskräfte in der Innenstadt und den Stadtteilen Jungbusch, Neckarstadt-West und Schwetzingerstadt einsetzen.

Zwischen 2005 und 2009 habe sich der Personalaufwand der Abfallwirtschaft Mannheim für die Beseitigung von wildem Müll in etwa verdoppelt, so Schuhmann. Seit 2009 sei dieser Aufwand in etwa stabil. „Die Beseitigungskosten für wilde Müllablagerungen müssen vom Eigenbetrieb der Stadt auf die allgemeinen Müllgebühren umgelegt werden, sodass am Ende alle Mannheimer Bürger für den Personenkreis aufkommen, der seinen Müll einfach in die Landschaft wirft“, erklärt Dirk Schuhmann.

Bei der Höhe der verhängten Buß- und Verwarngelder dient der Stadt Mannheim der Bußgeldkatalog des Umweltministeriums Baden-Württemberg als Orientierungshilfe. Gegen das Wegwerfen von Kleinstmüll geht der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) der Stadt vor. „Ordnungswidrigkeiten können wir jedoch nur ahnden, wenn sie direkt und unmittelbar durch unsere KOD-Müllstreifen festgestellt werden“, betont der Pressesprecher. Erfahrungsgemäß würden die betroffenen Personen ihr ordnungswidriges Verhalten einstellen, sobald der Kommunale Ordnungsdienst in Uniform vor Ort sei.

Auch bei wilden Abfalllagerungen greift die Stadt Mannheim zukünftig härter durch, wenn der Grundstückeigentümer die Frist zur Entsorgung versäumt. „Künftig wird der städtische Eigenbetrieb nach zehn Wochen die Reinigung übernehmen und dem Anlieger in Rechnung stellen“, sagt Schuhmann. Eine ergänzende Maßnahme an illegalen Abladeplätzen im als multikulturell geltenden Mannheim bilden die in mehreren Sprachen aufgestellten Hinweisschilder der kommunalen Abfallwirtschaft.

Saubere Stadt als Ziel

Im „Schwobaländle“ gehört die berühmte Kehrwoche zum Alltag wie das „Viertele“ nach dem Feierabend. Doch entgegen dieses Klischees kämpfen auch die Kommunen aus Baden-Württemberg gegen die Vermüllung durch „schwäbische Dreggspatza“ an. Dies zum Teil mit unterschiedlichem Erfolg. „Die Menge an wildem Müll hatte sich vor der Einführung des Maßnahmenkataloges zur ,Sauberen Stadt Reutlingen‘ sehr erhöht“, erklärt Pressesprecherin Sabine Külschbach. „Seit der Umsetzung hat sich die Menge nicht erhöht und ist in den vergangenen Jahren annähernd gleichgeblieben, was ein Erfolg ist.“

Der Maßnahmekatalog beruht auf drei Säulen. „Zum einen versuchen wir, präventiv in Schulen und Kindergärten das Müllthema zu sensibilisieren“, so die Pressesprecherin. Im nächsten Schritt gehe es darum, im operativen Bereich die Papierkörbe zu vergrößern und mehr Aschenbecher zu installieren. „Wir platzieren im Stadtbereich auch mehr Unterflurpapierkörbe und kennzeichnen die Abfallgefäße für die Bürger entsprechend auffällig“, sagt Sabine Külschbach. Als dritte Säule sollen Sanktionen dienen, wenn alles andere nicht hilft. „Zur besseren Umsetzung des Verwarnungs- und Bußgeldkataloges wurde ein Kommunaler Ordnungsdienst (KOD) mit insgesamt sechs neuen Stellen geschaffen“, bekräftigt die Pressesprecherin.

Während die Anzahl der ertappten Müllsünder und infolge dessen die Menge des allgemeinen Wurfmülls in der Reutlinger Innenstadt durch verstärkte Präsenz der Müllsheriffs zurückgegangen sind, haben die Sperrmüllablagerungen an Glascontainern und an Autoparkplätzen zugenommen. Sorgen bereiten der Stadt auch „wandernde Brennpunkte“, an denen sich vor allem Jugendliche treffen. „Hier werden in engem Kontakt mit dem Amt für öffentliche Ordnung, insbesondere dem Kommunalen Ordnungsdienst und mit der Polizei immer wieder neue Lösungsansätze gesucht und diese dann umgesetzt“, erläutert die Pressesprecherin. Die meisten ertappten Müllsünder reagierten zwar einsichtig, aber in den vergangenen beiden Jahren habe sich eine verstärkte Aggressivität entwickelt. „In Einzelfällen musste dann auch die Polizeistreife eingeschaltet werden“, konstatiert Sabine Külschbach.

Andreas Scholz

Der Autor
Andreas Scholz, Schwäbisch Hall, ist freier Journalist