Blick in die Zukunft

Genau zu wissen, wann, wo und wie viel es regnet, spielt im Umgang mit Starkregenereignissen eine zentrale Rolle. Die Wirtschaftsbetriebe Oberhausen nutzen ein Web-Datenportal für ihr Niederschlagsmanagement.

Der wichtigste Parameter für nahezu alle Belange der Wasserwirtschaft ist der Niederschlag. Er ist die Grundlage für viele Berechnungen und die Dimensionierung technischer Einrichtungen. Für die Wasserwirtschaft sind verlässliche Niederschlagsdaten daher sehr wichtig.

Die Zunahme einzelner Starkregenereignisse stellt Kanalnetzbetreiber vor die Aufgabe, eine vorausschauende Bewirtschaftung von Speicherräumen wie Regenbecken, Hochwasserrückhaltebecken und Stauraumkanälen zu ermöglichen. Die anfallenden Wassermengen sollen jederzeit sicher und gezielt abgeführt oder gespeichert werden können.

Präzise Prognose

Die HST Systemtechnik bietet in Kooperation mit Kachelmannwetter eine Lösung an, in der räumlich aufgenommene Niederschlagsdaten auf der Grundlage von Radarmessungen sowie Daten aus 1500 Messstationen im „NiRA.web“-Portal aufbereitet werden. Die Verbindung der Messwerte beider Erhebungsverfahren und der Einsatz zuverlässiger Prognosemodelle ermöglichen präzise Werte für einzelne lokale Bereiche sowie Vorhersagen.

Das von dem privaten Wetterdienst entwickelte Verfahren zur Auswertung der lokalen Radardaten liefert eine zeitlich und räumlich hochaufgelöste Niederschlagsverteilung für das gesamte Bundesgebiet. Die in einer räumlichen Auflösung von einem Quadratkilometer und einer zeitlichen Auflösung von bis zu fünf Minuten vorliegenden Daten werden über ein Netz physischer Niederschlagsmessstationen angeeicht, das heißt aussagekräftig umgerechnet. Auf dieser Basis erfolgt eine Prognose der Wetterdaten mit einer Vorhersagereichweite von bis zu 72 Stunden.

Diese Methode wird zum Beispiel seit Längerem bei den Wirtschaftsbetrieben Oberhausen (WBO) eingesetzt. Dort hat man 20 Niraweb-Stationen im Einsatz, die das Stadtgebiet flächenmäßig abdecken. Die Daten werden genutzt, um Regenereignisse klassifizieren zu können. Dies geschieht anhand von KOSTRA-Tabellen. Die Abkürzung steht für Koordinierte Starkniederschlags-Regionalisierungsauswertungen. Des Weiteren nutzt man die Daten auch zur Planung und Dimensionierung von Bauwerken wie zum Beispiel Becken oder Pumpwerken. Auch die Nachberechnung von Kanalnetzen erfolgt mit diesen lokalbezogenen Niederschlagsdaten.

Der Niraweb-Anwender kann die im Rahmen seines Auftrages festgelegte Anzahl an Stationsstandorten mittels frei wählbarer Geokoordinaten festlegen. Die Niederschlagswerte (historische, aktuelle und Prognosedaten) nebst Ganglinien sind für angemeldete Nutzer über das Internetportal www.nira-web.de jederzeit abrufbar. Außerdem können die Niederschlagsdaten durch einen automatisierten Abruf in weitere Systeme integriert werden. So ist zum Beispiel die Anbindung an die Datenauswertung bestehender Prozessleitsysteme eine erprobte Methode zur Unterstützung der Prozesssteuerung.

Hierzu können die Daten in das Leitsystem integriert und im Zusammenhang mit anderen Messdaten ausgewertet werden. Ein weiteres wasserwirtschaftliches Einsatzszenario ist die Nutzung der Daten in Niederschlags- und Hochwasserabflussmodellen.

Aufgrund der immer häufiger auftretenden Starkregenereignisse wünschen sich immer mehr Verantwortliche in Kommunen die Erstellung eines sogenannten Starkregenindex, welchen die HST Systemtechnik in Kooperation mit einem Partner für die Kunden anfertigen lässt. Der Index hilft den Verantwortlichen dabei, Niederschläge nach ihrer Intensität (Zeit, Raum, Menge) besser einordnen zu können. Für vergangene Niederschlagsereignisse besteht die Möglichkeit der nachträglichen Erstellung einer Auswertung und Vorhersagbarkeit auf einen Zeitpunkt und Ort bezogen.

Holger Droste

Der Autor
Holger Droste ist Mitarbeiter bei HST Systemtechnik in Meschede

Info: Auch wenn die Digitalisierung in der kommunalen Wasserwirtschaft an Bedeutung gewinnt, fehlt es vielfach noch an fundierter Information und an praktischen Beispielen, wie die Digitalisierung im Einzelfall anwendbar ist. Im Förderprojekt Kommunal 4.0 wird seit 2016 an der Umsetzung gearbeitet und eine Informations- und Kompetenzvermittlung aufgebaut. Zudem werden verschiedene Pilotanwendungen wie etwa eine „digitale Kläranlage“ und die Kanalnetzbewirtschaftung unter Einbezug aktueller Niederschlagsdaten erprobt. Da das Projekt zeitlich begrenzt ist, wurde der Verein Kommunal 4.0 gegründet, um die Ideen und das Expertennetzwerk weiter entwickeln zu können. Der Verein versteht sich als Anlaufpunkt, wenn erste Schritte zur Digitalisierung kommunaler Infrastrukturen geplant und umgesetzt werden sollen oder wenn es darum geht, fortgeschrittene Technologieerweiterungen für die Praxis zu bewerten.