Für die vielfältigen neuen Herausforderungen brauchen Kommunen entsprechend qualifizierte Mitarbeiter. Wie sollten Hochschulen ihre Angebote ausbauen, damit Kommunen bekommen, was sie benötigen? Welche berufsbegleitende Qualifizierung, Lehr- und Lernformen helfen in Zeiten des Transformationsdrucks? Antworten von CHE-Geschäftsführer Frank Ziegele.

Künstliche Intelligenz, politische Turbulenzen und die Energiewende – Deutschland steht vor großen Veränderungen. Sie betreffen nicht nur die Wirtschaft sowie die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die Verwaltungen in Ländern, Städten und Gemeinden. Die Frage ist: Wie können Hochschulen sicherstellen, dass künftige Fachkräfte optimal auf die neuen Anforderungen vorbereitet werden?
Eine Antwort darauf könnte lauten: das Ermöglichen von flexiblen, lebenslangen Bildungsbiografien. Immer mehr Hochschulen sehen sich als Anbieter von flexibler Weiterbildung, die sich an den Bedürfnissen und Zeitressourcen der Studierenden sowie den Anforderungen der Zukunft orientiert und dadurch lebenslange Bildungsbiografien unterstützt und gestaltet.
Das klassische Studium als Lebensabschnitt zwischen Schule und Beruf gibt es zwar noch immer. Heute aber gehören Vorlesungen am Wochenende, digitale Formate oder zeitversetztes Lernen zu den Ansätzen, die Lebensrealitäten berufstätiger Menschen anerkennen und ihnen das Studieren ermöglichen. Auch im Berufsleben finden sie akademische Angebote, die ihnen helfen, den Wandel im Job zu bewältigen.

Berufsbegleitende Qualifizierung in der Hochschulbildung
Hochschulbildung entwickelt sich so immer mehr zu einem lebenslangen Prozess: modular und individuell. Bildungswillige bauen dafür ein Portfolio an zertifizierten Kompetenzen auf, die sie an den unterschiedlichsten Stellen erwerben und die zu ihrem Job passen. Standardisierte Bachelor- und Masterabschlüsse sind eine Option. Eine andere Option sind sogenannte Mikrozertifikate für kleinere Bildungsbausteine und Kompetenznachweise, die man sich individuell zusammenbaut.
Ein Blick auf die Studienrichtung Verwaltungswissenschaften oder Verwaltungswesen zeigt, dass es dort eine gute Basis gibt. Während sich die Gesamtzahl der Studienanfänger wieder stabilisiert hat, verzeichnen Verwaltungsstudiengänge seit fast zehn Jahren kontinuierliche Zuwächse. Die Hochschulen können darauf aufbauen, indem sie passende Module für die Transformation in der Verwaltung schaffen, mit denen man sich zielgenau qualifizieren kann, ohne gleich den ganzen Master zu studieren, beispielsweise zu Themen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit.
Lösungen für akute Probleme
Doch der Wandel bringt auch Herausforderungen mit sich: Häufig werden schnelle Lösungen für akute Probleme benötigt, während die Anpassung und Schaffung neuer Studienangebote und -module Zeit in Anspruch nehmen. Hier droht eine Schere, die Hochschulen schließen müssen. Es braucht Lösungen, um schnell auf aktuelle Bedarfe zu reagieren, ohne dass die Qualität der Lehre leidet.
Aber auch für Studierende ist ein berufsbegleitendes Studium keine leichte Aufgabe. Die Vereinbarkeit von Studium, Beruf und oft auch Familie setzt nicht nur Disziplin voraus, sondern erfordert Unterstützung und Flexibilität seitens des Arbeitgebers sowie Services seitens der Hochschulen.

Berufsbegleitende Qualifizierung gemeinsam entwickeln
Hochschulen und Kommunen müssen gemeinsam daran arbeiten, berufsbegleitende Qualifizierung zu ermöglichen. Drei Ansätze sind hierbei entscheidend:
- Flexibilität durch digitale Formate und modulare Angebote: Onlinelernen ermöglicht räumliche und zeitliche Flexibilität. Hochschulen sollten auf interaktive und praxisnahe digitale Formate setzen. Mikrozertifikate und kombinierbare Module machen es Studierenden leichter, ihre Bildungswege individuell zu gestalten. Laut einer Studie des Hochschulforums Digitalisierung von 2022 sehen 74 Prozent der Studierenden in Deutschland flexibles Lernen als entscheidend für ihre Weiterbildung an.
- Unterstützung durch die Arbeitgeber: Kommunale Arbeitgeber können durch finanzielle Förderung, Freistellungen oder Mentoringprogramme berufsbegleitend Studierende fördern. Solche Maßnahmen steigern nicht nur die Erfolgschancen der Weiterbildung, sondern auch die Motivation der Mitarbeitenden.
- Kooperationen zwischen Hochschulen und Kommunen: Eine enge Zusammenarbeit in der Entwicklung des Lehrplans stellt sicher, dass Studieninhalte den praktischen Anforderungen gerecht werden. Der Einsatz von Lehrendentandems aus Professorinnen und Professoren mit Praktikerinnen und Praktikern sind ebenfalls ein guter Ansatz Hochschulen könnten so Zertifikatsprogramme speziell für kommunale Fachkräfte entwickeln und den Bedarf nach Weiterbildung passgenau adressieren.
Hochschule als Motor für den Wandel
Der Wandel hin zu flexiblen, lebenslangen Bildungsangeboten birgt für alle Beteiligten zwar Herausforderungen, aber noch viel mehr Chancen. Wenn Hochschulen es schaffen, ihre Angebote weiter zu flexibilisieren und dabei eng mit den Bedürfnissen der Praxis zu verzahnen, können sie eine Schlüsselrolle in der Gestaltung einer modernen Bildungslandschaft einnehmen.
Kommunale Akteure sollten diesen Wandel aktiv unterstützen und als Partner für innovative Bildungsformate auftreten. So wird der Campus nicht nur ein Ort des Lernens, sondern auch ein Motor für gesellschaftlichen Fortschritt und die Transformation der öffentlichen Verwaltung.
Frank Ziegele
Der Autor
Prof. Dr. Frank Ziegele ist Geschäftsführer des gemeinnützigen CHE Centrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh sowie Leiter berufsbegleitender Studiengänge im Wissenschaftsmanagement an der Hochschule Osnabrück.