Wertende Aussage

Der Anspruch auf Widerruf beschränkt sich auf Tatsachenbehauptungen. (OVG Niedersachsen vom 12. August 2010 – AZ 10 LA 36/09)

In der Vorlage des Bürgermeister für eine Ratssitzung hieß es: „Die Vorwürfe des Herrn A sind haltlos und in vollem Umfang unzutreffend.“ Dies wollte der Betroffene nicht hinnehmen. Er verlangte, den Bürgermeister zu verurteilen, seine Aussage richtig zu stellen und die Ratsmitglieder und andere Personen, denen die Vorlage zur Kenntnis gebracht worden wäre, hierüber zu informieren.

Von wesentlicher Bedeutung bei der Bewertung dieses Sachverhalts war, ob die Darstellung eine Meinungsäußerung oder eine Tatsachenbehauptung war. Dafür kam es auf den sprachlichen Zusammenhang und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände an. Daraus ergab sich, dass der Bürgermeister nur eine wertende Stellungnahme hatte abgeben wollen. Dies ist dem Bürgermeister nicht verwehrt. Vielmehr kann im Gegenteil davon ausgegangen werden, dass zur Vorbereitung der Sachentscheidungen des Rates dessen Mitglieder erwarten, dass der Bürgermeister und die Verwaltung fachliche Stellungnahmen wertender Art abgeben, um diese für die zu treffenden Entscheidung nutzen zu können.

Werturteile sind wegen ihres subjektiven Charakters überhaupt nicht auf Richtigkeit oder Wahrheit überprüfbar. Da niemand rechtlich gezwungen werden kann, eine Überzeugung aufzugeben oder eine Würdigung zurückzunehmen, beschränkt sich der Anspruch auf Widerruf auf Tatsachenbehauptungen. Dies gilt grundsätzlich auch für den Bürgermeister.

Franz Otto