Verschwiegenheit

In geheimen Angelegenheiten sind Ratsmitglieder zur Verschwiegenheit verpflichtet. (OVG Nordrhein-Westfalen vom 7. April 2011 – AZ 15 A 441/11)

Wenn der Gemeinderat beschließt, in einer Angelegenheit die Öffentlichkeit auszuschließen, bedeutet das zugleich den Beschluss, die Angelegenheit geheim zu halten. Dementsprechend unterliegen der Geheimhaltung auch alle Angelegenheiten, die der Rat in nicht öffentlicher Sitzung berät, ohne zuvor die Öffentlichkeit ausdrücklich ausgeschlossen zu haben.

Hieraus ergibt sich kein Freibrief für den Rat, die Öffentlichkeit berührende Inhalte aus der öffentlichen Meinungsbildung herauszunehmen und diese ausschließlich im nicht öffentlichen Teil einer Ratssitzung zu behandeln. Ein Beschluss des Rates, die Öffentlichkeit auszuschließen, entfaltet nämlich nur bis zu einer eventuellen gerichtlichen Feststellung seiner Rechtswidrigkeit für Ratsmitglieder die Pflicht zur Verschwiegenheit.

Ein Ratsmitglied hat gegen den Rat insbesondere einen Anspruch darauf, von der Verschwiegenheitspflicht entbunden zu werden, wenn der Beschluss zum Ausschluss der Öffentlichkeit beziehungsweise die Behandlung einer Sache in nicht öffentlicher Sitzung rechtswidrig ist. Die Pflicht zur Verschwiegenheit der Ratsmitglieder hat allerdings Grenzen. Sie gilt nur, wenn die Geheimhaltung der Angelegenheit noch möglich und nicht (schon) offenkundig ist. Offenkundig sind solche Tatsachen, die allgemein bekannt oder jederzeit feststellbar sind.

Die Pflicht zur Verschwiegenheit für ein Ratsmitglied entfällt nicht dadurch, dass dem Journalisten, dem das Ratsmitglied der Verschwiegenheit unterfallende Tatsachen mitgeteilt hat, diese möglicherweise schon vollständig bekannt waren. Selbst dann, wenn in einer Tageszeitung über eine Angelegenheit schon berichtet worden ist, berechtigt dies nicht ohne Weiteres dazu, eine geheimhaltungsbedürftige Tatsache bestätigen oder dementierend zu erörtern. Vor diesem Hintergrund besteht die Pflicht zur Verschwiegenheit erst recht.

Franz Otto