Unvollständige Erklärungen und Nachweise dürfen nach altem Vergaberecht nicht nachgefordert werden. Achtung: Nach neuem Recht gilt etwas anderes! (OLG Düsseldorf vom 17. Juni 2015, Verg 14/15)
Für Vergabeverfahren, die vor dem 18. April 2016 begonnen haben, gilt: Nur fehlende, nicht aber unvollständige oder inhaltlich falsche Erklärungen und Nachweise dürfen nachgefordert werden. „Vergisst“ ein Bieter das entsprechende Kreuzchen im Formblatt einzusetzen oder ähnliches, darf der Auftraggeber die nicht angekreuzte und damit fehlende Erklärung nicht nachfordern. Das OLG Düsseldorf bestätigt damit seine Rechtsprechung seit 2012 (Beschluss vom 17.12.2013, Verg 47/12 und Beschluss vom 12.09.2012, Verg 108/11).
Für Verfahren seit dem 18. April 2016 gilt: Der Auftraggeber darf gemäß Paragraf 56 Abs. 2 VgV fehlende, unvollständige und sogar fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen (Eigenerklärungen, Angaben, Bescheinigungen und sonstige Nachweise) nachfordern. Bieter dürfen diese dann nachreichen, vervollständigen und sogar korrigieren. Leistungsbezogene Unterlagen dürfen nur nachgefordert und vervollständigt werden. Will der Auftraggeber nicht nachfordern, kann er in der Bekanntmachung ausdrücklich vorab darauf verzichten – ist dann aber gebunden.
Preisangaben dürfen noch immer nicht nachgefordert werden. Einzige Ausnahme: unwesentliche Einzelpositionen.
Ute Jasper / Reinhard Böhle
Die Autoren
Dr. Ute Jasper ist Rechtsanwältin und Partnerin der Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek in Düsseldorf und leitet die Practice Group „Öffentlicher Sektor und Vergabe“, Reinhard Böhle ist Rechtsanwalt der Kanzlei