Unkrautbekämpfung ohne Chemie

Unkrautbekämpfung mit einem Infrarotgerät: Hier wirken Temeperaturen zwischen 900 und 1.000 Grad auf die Pflanzen ein, die vernichtet werden sollen. Foto: Susanne Bracke

Kommunalgeräte mit Wildkrautbürsten, Infrarot oder Heißwasser sind in der Lage, Wildpflanzen auf öffentlichen Flächen zu vernichten  – ohne dabei umweltschädliche Pesizide zu verwenden.

Die kommunalen Bau- und Grünflächenämter müssen für eine hinreichende Verkehrssicherheit und die Erhaltung der Funktionalität sorgen: auf öffentlichen Verkehrsflächen, Wegen und Plätzen sowie günstigem Nichtkulturland. Daher ist die Auseinandersetzung mit dem Thema Unkrautbekämpfung notwendig.

Aufgrund der Abschwemmungsgefahr von Wirkstoffen aus chemisch-synthetischen Herbiziden in die Kanalisation sowie in die zu schützenden Oberflächengewässer ist ihr Einsatz nach dem Pflanzenschutzgesetz vom 14. Februar 2012 auf Nichtkulturland verboten (§§ 3,3 u. 12,2). Das gilt unabhängig davon, ob gepflastert oder wassergebunden befestigt. Dort ist auch das Erteilen einer möglichen, gebührenpflichtigen Ausnahmegenehmigung für einen Herbizideinsatz unter Auflagen geregelt. Zurzeit ist nur auf Bahngleisanlagen der Einsatz von Herbiziden noch alternativlos. Alle anderen befestigten Nichtkulturlandflächen können nichtchemisch unkrautarm gehalten werden, auch bei Kommunen.

Eine gute Lösung bieten die maschinengestützten, mechanischen Verfahren. Zum Einsatz kommen hier Wildkrautbürsten (WKB), überwiegend als Tellerbürste oder auch Bürstenwalze. Der Borstenbesatz kann aus Stahl, Flachdraht oder Kunststoff bestehen. WKB gibt es in vielen verschiedenen Durchmessern. Stahlborsten, vor allem in Zöpfen, haben die stärkste, aber auch aggressivste Wirkung. Sie eignen sich vor allem für eingewachsene Altverunkrautung, aber keinesfalls für empfindliche Bodenbeläge wie Mosaikpflaster.

Richtiges Borstenmaterial

Flachdraht- und Kunststoffborsten arbeiten wesentlich schonender. Durch ständiges Anpassen des Auflagendrucks der WKB an die Unebenheiten der Bodenoberfläche kann der erfahrene Anwender weitgehend vermeiden, dass Fugen ausgebürstet und Pflastersteine herausgehebelt werden oder Schleifspuren auf den Pflasterbelägen entstehen.

Pendelnde, kreiselnde Sichelbürsten oder drehende, gezähnte Kunststofffäden scheren den Pflanzenbewuchs ab. Wirtschaftlich einsetzbar sind solche handgeführten Geräte, die Rasenmähern ähneln, auf kleineren oder schwer zugänglichen Treppenanlagen, Straßenmittelinseln oder in Innenhöfen. Aufgrund der Metall- oder Kunststoffstäube, die durch Abrieb entstehen, ist die bürstengestützte Unkrautbekämpfung unmittelbar an Gewässern nicht geeignet. Einzelne Hersteller versuchen bereits, dieses Problem durch Borstenmaterial aus biologisch abbaubaren Polymeren zu lösen.

Mechanische Verfahren

Alle im Folgenden beschriebenen Unkrautbekämpfungssysteme sind meist als handgeführte, einachsige Geräte mit Arbeitsbreiten bis zu 0,6 Meter oder auch als breitere Großgeräte für den Schlepperanbau erhältlich. Auf wassergebunden befestigten Wegen oder Tennenflächen werden – neben dem reinen Abmähen durch Freischneider – Wegepflegegeräte eingesetzt. Dabei greifen eggende oder kreiselnde, schuhartige Werkzeuge oder Zinkenreihen in die obere Deckschicht ein und hebeln die Unkräuter meist mit Wurzeln aus dem Boden.

Bei den angebotenen Gerätekombinationen diverser Hersteller sorgen nachlaufende Walzen oder Besenreihen für eine anschließende Glättung der Oberfläche, um Begehbarkeit oder Bespielbarkeit wiederherzustellen. Nach starker Verunkrautung ist gegebenenfalls ein Nachsplitten erforderlich. Das Abräumen oder Abkehren der herausgearbeiteten Pflanzen ist ebenso wie beim Einsatz von WKB und Co. essenziell und muss bei Kostenkalkulationen als separater Arbeitsgang eingerechnet werden.

Heißluft und Infrarot

Bei allen thermischen Verfahren zur Unkrautbekämpfung sterben die oberirdischen Pflanzenteile durch das ausreichend lange Einwirken von Temperaturen über 50 Grad auf die Pflanzenoberfläche ab. Das Pflanzeneiweiß gerinnt, gleichzeitig platzen die Zellen durch Ausdehnung des erhitzten Pflanzensafts. Je jünger die Unkräuter sind, desto besser ist die Wirkung der thermischen Verfahren durch die fehlende Wachsschicht.

Heißes Wasser kurz vor dem Siedepunkt wird bei den wasserbasierten Verfahren durch Handlanzen oder Düsenbalken auf die Unkräuter aufgebracht. Zum Teil wird heißes Wasser mit Wasserdampf kombiniert, wobei der nach oben entweichende Dampf auf der Pflanzenoberfläche praktisch nicht wirkt. Auch der Zusatz von biologisch abbaubarem Schaum auf Basis von Pflanzenstärke verbessert die Bekämpfungswirkung nicht wesentlich, verteuert aber die kostenintensive Anwendung noch weiter.

Viele konkurrierende Hersteller wenden letztlich eine vergleichbare Technik an, in der Regel montiert auf einen Fahrzeuganhänger (außer bei Kleingeräten). Sie unterscheiden sich durch die Materialqualitäten, Größe und Leistungsfähigkeit der eingesetzten Motoren und Wassertanks, die Bedienerfreundlichkeit der Steuerungstechnik oder die Mehrfachnutzungsmöglichkeiten der Bauteile zum Beispiel als Hochdruckreiniger.


Auf einen Blick

Eine Zusammenstellung von MAschinen und Geräten zur nichtchemischen Unkrautbekämpfung auf befestigten Flächen ist zu finden auf der Seite des Pflanzenschutzdienstes der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen:

www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/pflanzenschutz/genehmigungen/unkrautohnechemie/index.htm


Probleme der Heißwassertechnik sind unter anderem ständiger Entkalkungsbedarf von allen wasserführenden Geräteteilen (je nach örtlicher Wasserhärte), mit zunehmender Schlauchlänge schnell abkühlendes Wasser sowie ein sehr langsames Arbeitstempo, das für eine nachhaltige Wirkung erforderlich ist (maximal zwei bis drei Stundenkilometer). Einige Anbieter arbeiten mit reinen Heißluftgeräten mit nur kurzer Aufheizphase. Besonders beim Ausstoß der Heißluft mit hohem Druck ist ein randscharfes Arbeiten jedoch kaum möglich. Bei der Abflammtechnik werden die Pflanzen mit offener Flamme (rund 400 Grad) berührt, gespeist durch Propan- oder Butangas. Sie sollten anschließend noch matt grün (nicht verkohlt) sein und nach 24 bis 48 Stunden zumindest oberirdisch absterben.

Eine ähnliche Technik mit geringerer Brandgefahr funktioniert mit Infrarotstrahlung (900 bis 1000 Grad), die von einem glühenden Stahl- oder Keramikgitter, wenige Zentimeter über dem Erdboden gefahren, auf die unerwünschten Pflanzen einwirkt. Bei allen thermischen Systemen muss man den sogenannten keimstimulierenden Effekt nach der Erstbehandlung bei der Gesamtanzahl der notwendigen Behandlungen pro Jahr berücksichtigen. Die für flächige Anwendungen noch nicht praxisreife Unkrautbekämpfung mit Strom könnte künftig eine Alternative werden, wenn überwiegend erneuerbare Energien zur Verfügung stehen.

Susanne Bracke


Die Autorin

Susanne Bracke ist Mitarbeiterin der Abteilung Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in Unna.