Attraktivität ausstrahlen und sie tatsächlich auch bieten, darum muss es gehen, wenn das Rathaus gute Mitarbeiter gewinnen will. Dazu ist strategisches Personalmanagement notwendig. Und das beginnt mit einem Blick nach innen: Sind wir wirklich der tolle Arbeitgeber, der wir sein wollen?
Auch die Kommunen sind längst in den Wettbewerb um Talente eingestiegen und konkurrieren dabei nicht nur mit der Privatwirtschaft. Insbesondere innerhalb des öffentlichen Dienstes findet ein Ringen um die besten Nachwuchskräfte statt. Um hier Erfolg zu haben, sind Marketingmaßnahmen unabdingbar. Kreative Anzeigen und Kampagnen sind mittlerweile nicht mehr selten und werden sinnvollerweise auch über Kommunengrenzen hinweg gemeinsam entwickelt.
Doch es geht um mehr. Personalmarketing muss als strategischer Prozess gemanagt werden und der beginnt mit einem Blick nach innen. Sonst läuft der Arbeitgeber Kommune Gefahr, leere Versprechungen zu machen. Damit enttäuscht er junge Menschen, verleitet zum „Dienst nach Vorschrift“ oder gar zu einem Wechsel, anstatt die Mitarbeiter langfristig zu „Überzeugungstätern“ zu machen.
Ein ganzheitliches und nachhaltiges Personalmarketing beginnt daher bei der Frage, welche Kompetenzen in der Kommunalverwaltung benötigt werden. Ob Finanzkrise, demografischer Wandel oder Flüchtlingssituation – Trends und Entwicklungen verändern die Bedürfnisse der Gesellschaft tiefgreifend. Damit verändern sich kommunale Aufgaben sowohl inhaltlich („Was wir tun“), als auch in der Form der Aufgabenwahrnehmung („Wie wir das tun, was wir tun“). Diese Veränderungen kommen in immer kürzeren Zyklen, sind immer schwieriger vorherzusehen und werden komplexer. Als Mitarbeiter sind also Menschen gefragt, die sehr schnell handeln und die Konsequenzen ihres Handelns bewerten können, dann aus den gemachten Erfahrungen lernen und das Gelernte wieder in das Handeln einfließen lassen.
Informationen filtern und bewerten
Die Digitalisierung ist ein Megatrend, der diese und weitere Kompetenzen erfordert. Jungen Menschen werden viele davon per se zugeschrieben – im Trend zu Recht, doch nicht pauschal korrekt. Bei der Frage, wie Talente für die Kommunalverwaltungen nutzbar gemacht werden können, geht es um mehr, als das Beherrschen von Tools oder die Kommunikation in sozialen Netzwerken. Mitarbeiter müssen Daten und Inhalte filtern, sie hinsichtlich ihrer Relevanz kritisch bewerten und vernetztes Lösungsdenken beherrschen.
Ist klar, wo der Bedarf für die Kommune liegt, beginnt das, was eigentlich unter Marketing zu verstehen ist. Es muss überlegt werden, was die Kommunalverwaltung für die jungen Menschen, die genau gebraucht werden, attraktiv macht. Damit wird bei den Bedürfnissen der Zielgruppe angesetzt: Flexibilität, Perspektive, Verantwortung, Partizipation, Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung und der Wunsch, etwas für die Allgemeinheit zu leisten? Doch was motiviert junge Menschen tatsächlich und wodurch wird die Kommunalverwaltung als Arbeitgeber für sie attraktiv? Sind es intrinsische Faktoren, die aus der Aufgabe selbst heraus wirken oder sind es der sichere Job, das sichere Einkommen oder auch die gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben – also extrinsische Faktoren? Die KGSt empfiehlt für eine treffende Einschätzung über die Motive, mit der Zielgruppe ins Gespräch zu gehen und sie über Ansätze wie „Design Thinking“ einzubeziehen, wenn Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden.
Der Begriff „Design Thinking“ meint in seiner ursprünglichen Bedeutung eine Innovationsmethode für die Entwicklung von Produkten und Services. Heute wird darunter eine ganz neue Art verstanden, den Menschen in Bezug zu seiner Arbeit zu sehen. Es werden gemeinschaftliche Kreativität gefordert und gefördert mit der Absicht, Aufgaben und Probleme auch in gänzlich unkonventioneller Weise ganzheitlich und stets mit Blick auf den Nutzen für den Menschen zu lösen.
Die Kommune hat vieles zu bieten, was sie als Arbeitgeber für junge Menschen attraktiv macht. In einigen Fällen muss man sich dessen im Rathaus nur bewusst werden, in anderen Fällen wird es erforderlich sein, perspektivisch Attraktivitätsfaktoren aufzubauen. Daraus wird dann eine Arbeitgebermarke entwickelt, mit der sich im besten Fall die jeweilige Kommune von der Konkurrenz abhebt.
Wirkliche Alleinstellungsmerkmale gesucht
„Interessante und vielfältige Aufgaben“, eine „Tätigkeit für das Wohl der Allgemeinheit“, „Flexible Teilzeitmöglichkeiten“ und den „sicheren Arbeitsplatz“ bietet jede Kommune. Gesucht sind aber wirkliche Alleinstellungsmerkmale und es muss die Zielgruppe tatsächlich erreicht werden. In Stellenausschreibungen ist daher weniger oft mehr. Das aber, was in der Ausschreibung steht, muss aussagekräftig und überzeugend sein.
Das Internet und die sozialen Medien sind bei der Kommunikation der Attraktivität nicht zwingend das einzige Medium, um junge Menschen zu erreichen. Denn auf deren Berufswahl haben Eltern und Bekannte einen wesentlichen Einfluss und sie erreicht man oft noch über die klassische Stellenanzeige im Printformat.
Markenbotschafter aus der Zielgruppe spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Sie sind unter den Auszubildenden zu finden und auch denjenigen, die die Ausbildung bereits durchlaufen haben. Überzeugend treten sie für die Kommune auf, wenn sie ehrlich in die Entwicklung von Marketingmaßnahmen einbezogen werden.
Es ist allerdings zu bedenken, dass es auch „negative“ Botschafter gibt: verärgerte Bürger, in Auswahlverfahren unprofessionell abgelehnte Bewerber oder Praktikanten, die unzureichend betreut wurden. Sie alle transportieren ein Image, das der Zielgruppe nicht gefallen wird. Daher sollte Personalmarketing stets nach innen und bezogen auf alle (potenziellen) Mitarbeiter gedacht werden.
Rolle der Führungskräfte
Letztlich geht es auch darum, Versprechen, die gemacht werden, unbedingt einzuhalten. Nichts wirkt fataler, als wenn durch Marketingaktivitäten geweckte Erwartungen enttäuscht werden. Das gilt besonders im Umgang mit jungen Menschen. Sie treten zunehmend selbstbewusster auf und kommunizieren ihre Forderungen verbindlicher. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt verringert zugleich die Hemmung, den Arbeitgeber oder Dienstherrn zu wechseln. Daher sollten die Bedürfnisse junger Bewerber ernst genommen werden.
Das Personalmanagement leistet das nicht alleine. Mindestens genauso wichtig sind die Führungskräfte. Sie erhalten im Rahmen der täglichen Arbeit die Bindung des Mitarbeiters an die Organisation und dessen Motivation. Der Schlüssel dazu ist der individuelle psychologische Kontrakt. Dieser besteht zwischen jedem Mitarbeiter und dem Arbeitgeber und beinhaltet wechselseitige und selten offen geäußerte Erwartungen zur Zusammenarbeit. Arbeitgeber erwarten in der Regel von allen gleichermaßen Engagement, Loyalität, Regeltreue, Zuverlässigkeit im gleichen Maß. Und die Mitarbeitenden? Sie erwarten, je nach Motivations- und Lebenslage, ganz Unterschiedliches.
Genau das macht es so schwierig, sich auf die Bedürfnisse von Nachwuchskräften einzustellen. Erfolgreiche Bindungsbemühungen setzen voraus, dass es über die gegenseitigen Erwartungen einen regelmäßigen Austausch gibt. Insbesondere dann, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden, sind transparente und nachvollziehbare Begründungen erforderlich. Warum ist für mich die Freistellung für ein Masterstudium nicht möglich? Aus welchen Gründen kann das Angebot, im Home Office zuarbeiten, nicht ausgeweitet werden? Warum bekomme ich andere Aufgaben, wenn ich aus der Elternzeit zurückkehre? Fragen, auf die Führung überzeugende Antworten haben sollte – zumindest, wenn „Überzeugungstäter“ geformt werden sollen, die alles andere als Dienst nach Vorschrift machen.
Matthias Wieliki
Der Autor
Matthias Wieliki ist Referent im Programmbereich Personalmanagement der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) in Köln
Info: Bericht und Seminar
Die KGSt veröffentlicht in Kürze einen Bericht mit dem Titel „Arbeitgeber Kommune: Junge Menschen motivieren und binden“. Konkrete Unterstützung erhalten Kommunen im KGSt-Seminar „Personalmarketing 360 Grad – die Kommune als Hidden Champion?“ am 27. und 28. April in Mannheim.