Tübingen erprobt klimafreundliche Baustelle

Klimafreundliche Baustelle
In Tübingen wird erprobt, wie mit elektrisch betriebenen Baumaschinen klimaschädliche Emissionen gesenkt werden können. Foto: Stadtwerke Tübingen

Die Stadtwerke Tübingen erproben gemeinsam mit einem Bauunternehmen, wie eine Baustelle durch elektrisch betriebene Maschinen klimafreundlicher werden kann.

Auf einer aktuellen Baustelle in der Tübinger Altstadt erproben die Stadtwerke Tübingen (SWT) gemeinsam mit der Bauunternehmung Leonhard Weiss eine klimafreundliche Baustelle. Wie die SWT mitteilt, werden dort in einem zweiten Bauabschnitt Fernwärmeleitungen weitgehend emissionsarm verlegt. Ein Vergleich zum ersten, herkömmlich bearbeiteten Bauabschnitt sei somit direkt gegeben.  

Mit der Pilot-Baustelle soll in Tübingen ein Zeichen gesetzt und das Konzept der „klimabewussten Baustelle“ einem Praxistest unterzogen werden. Ziel des Pilotversuchs: Im Echtbetrieb ausprobieren, welche Möglichkeiten und eventuell auch Grenzen für grünen Tiefbau bestehen – und dabei vor allem auch unmittelbare Entlastung vor Ort in der Tübinger Altstadt für Passanten sowie Anlieger erzielen. Alle Baumaschinen auf der klimafreundlichen Baustelle sind elektrisch angetrieben, um eine bestmögliche Emissions- und Lärmreduktion zu erreichen. Darüber hinaus werden die Kleingeräte so weit wie möglich durch akkubetriebene Alternativen ersetzt. So kommen beispielsweise elektrische Rüttelplatten und Stampfer zum Einsatz.

Eine klimabewusste Stromversorgung wird nach Angaben der Unternehmen durch den Einsatz von erneuerbaren Energien sowie einer Photovoltaikanlage auf dem Baustellencontainer vor Ort gewährleistet. Ein klimabewusster Betrieb der Bestandsnutzfahrzeuge wie LKW und Pritschenwagen erfolge mit Hilfe der Betankung mit HVO. Dieser Dieselersatztreibstoff wird aus erneuerbaren Rohstoffen wie beispielsweise gebrauchtem Speiseöl und tierischen Fetten aus Abfällen der Lebensmittelindustrie hergestellt. Dadurch ergeben sich im Kraftstofflebenszyklus Einsparungen von bis zu 90 Prozent CO2 ein. Durch die Nutzung der emissionsarmen Geräte und HVO-betriebenen Fahrzeuge können nach Hochrechnungen von Leonhard Weiss pro Monat bis zu sechs Tonnen CO2 eingespart werden.

Mehrkosten versus Emissionseinsparungen

Wie bei vielen technischen Geräten oder Fahrzeugen, die klimabewusster sind als fossil betriebene – man denke an E-Autos oder E-Busse – seien auch alternativ oder gar rein elektrisch angetriebene Baumaschinen und Geräte teurer. Zudem stehe das verfügbare Maschinenportfolio an E-Maschinen noch in keinem Verhältnis zu der konventionellen Produktsparte. Darüber hinaus müssten die Einsätze von E-Baufahrzeugen und -Maschinen aufgrund der notwendigen Ladezeiten anders geplant werden. Das erhöhe derzeit noch die Kosten für emissionsarme Baustellenarbeiten. Für die klimabewusst geplanten Bauabschnitte in Tübingen liegen die Mehrkosten laut SWT gegenüber der herkömmlichen Tiefbauweise im niedrigen fünfstelligen Bereich. Diese teilen sich die Stadtwerke und Leonhard Weiss jeweils zur Hälfte. Der Pilotversuch in Tübingen soll aus Sicht der Stadtwerke Tübingen auch aufzeigen, ob diese Mehrkosten für die vermiedenen Emissionen verhältnismäßig sind.

Aus der Perspektive als Bauherr sehen die Stadtwerke derzeit noch nicht das Preisniveau erreicht, bei dem sich emissionsarmes Bauen flächendeckend und als allgemeiner Standard etablieren könnte. Zudem dürfe der Einsatz klimabewusster Baugeräte die Baustellenplanung oder gar die Bauzeiten nicht negativ beeinflussen. Richtig zukunftsfähig werde der Ansatz aus Sicht der SWT, wenn sich die Kosten für klimabewussten Tiefbau den Preisen für herkömmlichen Tiefbau angeglichen haben – oder bei perspektivisch stark steigenden Öl-, Kraftstoff- und CO2-Preisen sogar darunterfallen.

red.