Die Stadt Frankfurt am Main betreibt eine Reihe von Schulen, Kindergärten und anderen öffentlichen Gebäuden im Passivhaus-Standard. Bei höheren Erstinvestitionen zeigen sich langfristig deutliche Einsparungen. Die Erfahrungen sollen in künftige Bauprojekte einfließen.
Im Jahr 2004 wurde in Frankfurt am Main mit der Grundschule Riedberg das erste öffentliche Gebäude in Passivhaus-Qualität fertiggestellt. Seither wurden von der Stadt weitere 61 Projekte im Passivhaus-Standard errichtet, darunter Feuerwachen, Jugendhäuser, Kindertagesstätten, Schulen (bzw. Schulerweiterungen), Schulmensen, Sportfunktionsgebäude und Turnhallen. Weitere 42 Projekte befinden sich gegenwärtig in Planung oder im Bau.
Im Fall der Ludwig-Börne-Schule ist aus der Gesamtkostenberechnung ersichtlich, dass die ausgeführte Passivhaus-Variante mit 13,3 Millionen Euro um rund 550.000 Euro über den Investitionskosten der Variante nach Energieeinsparverordnung (EnEV) liegt. Die prognostizierten jährlichen Gesamtkosten für die Passivhaus-Variante liegen demzufolge mit 195 Euro pro Quadratmeter (€/m²) jedoch um 7 €/m² unter den Gesamtkosten für die EnEV-Variante.
Über den Betrachtungszeitraum von 40 Jahren entsteht so eine Einsparung von 1,6 Millionen Euro. Da die Sanierungsquote im städtischen Gebäudebestand bei maximal zwei Prozent pro Jahr liegt, wurde für künftige Vergleiche ein Betrachtungszeitraum von 50 Jahren festgelegt, so wie es auch im Leitfaden Nachhaltiges Bauen des Bundes festgelegt ist.
Mehrere Varianten durchrechnen
In die Leitlinien zum wirtschaftlichen Bauen 2014 wurde der Vorschlag aufgenommen, dass bei künftigen Bauvorhaben in der Vorplanungsphase mittels der vom Hochbauamt entwickelten Gesamtkostenberechnung ein Wirtschaftlichkeitsvergleich von mehreren Varianten erstellt und dem Revisionsamt vor Beschlussfassung über die Bau- und Finanzierungsvorlage zur Prüfung vorgelegt wird.
Über mehrere Jahre verfügbare Verbrauchswerte liegen derzeit von acht städtisch genutzten Passivhaus-Gebäuden vor. Der mittlere spezifische Heizenergieverbrauch dieser Gebäude mit einer Nettogrundfläche zwischen 311 (Jugendhaus Kalbach) und 7670 (Grundschule Riedberg und Kita) Quadratmeter lag im Jahr 2012 bei 32 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/m²a), der spezifische Stromverbrauch bei 22 kWh/m²a.
Der Heizenergieverbrauch (Endenergieverbrauch) ist nicht zu verwechseln mit dem Passivhaus-Kriterium Heizwärmebedarf, da im Heizenergieverbrauch auch der Warmwasserverbrauch sowie die Wärmeerzeugungs- und -verteilungsverluste enthalten sind.
Ein weiteres Kriterium ist der sogenannte Primärenergieverbrauch. Dieser beinhaltet auch den Energieaufwand zur Herstellung der Endenergieträger wie Strom, Erdgas und Fernwärme. Der Primärenergieverbrauch lag im Mittel bei 92 kWh/m²a und damit deutlich unter dem Passivhaus-Kriterium von 120 kWh/m²a.
Teilweise kam es in den Passivhaus-Projekten zu Mehrverbräuchen, die auf Planungs-Bau-, Betriebs- und Nutzungsmängel zurückzuführen waren und nicht ursächlich auf den Passivhaus-Standard zurückzuführen sind.
Die genauen Ursachen sind im Einzelfall zu untersuchen. Diese Mängel treten bei herkömmlichen Gebäuden in gleicher Weise auf. Beim Passivhau-Sstandard fallen diese Mängel aber wegen der vergleichsweise sehr geringen Verbrauchswerte eher auf. Um diese Mängel künftig zu vermeiden, sollte die Qualitätssicherung bei Neubau- und Sanierungsmaßnahmen sowie die Betriebsführung und Betriebsoptimierung personell gestärkt werden.
Passivhaus-Qualität ist machbar
Die Erfahrung zeigt, dass für rund 90 Prozent der kommunalen Bauaufgaben der Passivhaus-Standard wirtschaftlich erreichbar ist. Bei sehr kleinen Gebäuden (< 150 m²), bei großflächigen unterirdischen Gebäudeteilen und bei Bestandssanierungen ist ein Heizwärmebedarf von 15 kWh/(m²a) oft nicht wirtschaftlich erreichbar. Es ist jedoch auch in diesen Fällen wirtschaftlich, Passivhaus-Komponenten einzusetzen, sofern eine langfristige Nutzung bei behaglichen Raumluftkonditionen erwartet werden kann.
Die Luftqualitätsmessungen zeigen, dass in einer gut einregulierten Passivhaus-Schule mit Lüftungsanlage die CO2-Konzentrationen in der Regel unter 1500 ppm (parts per million) bleiben, während in Bestandsgebäuden mit Fensterlüftung im Winter CO2-Konzentrationen von bis zu 5000 ppm erreicht werden. Die Behaglichkeit ist im Winter aufgrund der höheren Oberflächentemperaturen besser, als bei herkömmlichen Gebäuden mit gleicher Raumtemperatur. Im Sommer neigen Gebäude im Passivhaus-Standard aufgrund des geringeren Gesamtenergiedurchlassgrades weniger zu Überhitzungen als baugleiche Gebäude nach gesetzlichem Standard (Energieeinsparverordnung).
Eine Nutzerauswertung zur Zufriedenheit in Gebäuden der Stadt Frankfurt liegt noch nicht vor. Allerdings ist festzustellen, dass Nutzer eines Gebäudes, die wenige oder keine Eingriffsmöglichkeiten in die technischen Anlagen haben, sich fremdbestimmt fühlen. Es ist darauf zu achten, dass eine sinnvolle Regelbarkeit der Anlagen durch die Nutzer möglich bleibt. Dies ist jedoch keine passivhausspezifische Problematik, sondern kommt bei allen technischen Anlagen vor, die nur zentral gesteuert werden.
Die Weiterentwicklung vom Passiv- zum Aktivhaus hängt im Wesentlichen von der künftigen Ausgestaltung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ab. Modellrechnungen zeigen, dass Gebäude mit einer positiven Primärenergiebilanz (sogenannte Plusenergiehäuser) im verdichteten innerstädtischen Bereich in der Regel nur mit Passivhaus-Komponenten und einer zusätzlichen großflächigen Fotovoltaikanlage wirtschaftlich realisiert werden können. Als Beispiel dafür ist das neue Kinderzentrum am Ulmenrück (KiZ 137) zu nennen.
Die Passivhaus-Qualität ist also auch für künftige Entwicklungen eine wirtschaftliche und technologieoffene Grundlage. Wenn die Klimaschutzziele der Bundesregierung und der Stadt Frankfurt erreicht werden sollen, dann sollte man hinter diesen Standard nicht zurückfallen.
Mathias Linder
Der Autor
Mathias Linder ist Abteilungsleiter Energiemanagement im Hochbauamt der Stadt Frankfurt am Main