Auswirkungen des Klimawandels bei der Stadtplanung mit KI entgegenwirken

Die Auswirkungen des Klimawandels zeigen sich in städtischen Räumen besonders deutlich. Doch welche Bereiche einer Stadt sind vor allem betroffen, und wie kann die Stadtplanung darauf reagieren? Das zeigt das interdisziplinäre Projekt „I4C – Intelligence for Cities“. Es kann Kommunen helfen, mit KI gegen Hitzestress vorzubeugen.

KI gegen Hitzestress
Freiburg ist sonnenverwöhnt – und zunehmend hitzebelastet. Forscher zeigen, wie KI gegen Hitzestress helfen kann – aber auch bei anderen Auswirkungen des Klimawandels wie Hochwasser und Sturm. Foto: Adobe Stock/Simon

Modelle, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) präzise und kleinteilige Messungen sowie Vorhersagen ermöglichen – etwa zur Häufigkeit von Hitzestress, aber auch zu Auswirkungen von planerischen Veränderungen wie dem Pflanzen von Bäumen oder der Verdichtung eines Stadtviertels: Darum ging es im Rahmen des Projekts „I4C – Intelligence for Cities“. Hinzu kamen ethische Fragen beim Einsatz von KI und die Bedeutung des Datenschutzes. Beteiligt in den vergangenen dreieinhalb Jahren waren Forschende der Universität Freiburg und mehrerer Freiburger Fraunhofer-Institute.

Die Forschenden entwickelten unter anderem ein KI-basiertes Modell, das Hitzebelastungen kleinräumlich und über mehrere Dekaden darstellen kann. Dieses Künstliche Neuronale Netz (KNN) wurde auf Basis regionaler Klimadaten auf die gesamte Stadt Freiburg angewendet. Es berechnete den Hitzestress hochauflösend bis auf die Ebene einzelner Straßen. Die Hitzebelastung wurde aus drei unabhängigen physikalischen Modellen ermittelt und anhand von Daten eines Netzwerkes an Messstationen im Stadtgebiet überprüft.

„Es war für uns sehr interessant zu sehen, dass die Vorhersage durch das Netzwerk so nah an der Realität ist, obwohl das Netzwerk die zugrundeliegenden physikalischen Prozesse nicht explizit modelliert. Nur so konnten wir derart große Vorhersageräume betrachten“, erklärt der Leiter des Projekts Thomas Brox. Der Informatiker ist Professor für Mustererkennung und Bildverarbeitung an der Universität Freiburg.

Stadtplanung mit KI gegen Hitzestress

Bereits jetzt können mit dem Modell stadtplanerische Maßnahmen bewertet werden. Dazu gehört etwa die Entsiegelung von Flächen. Auch wenn es noch mit Daten zur Anfälligkeit einzelner städtischer Räume verschnitten werden muss. Außerdem haben die Forschenden eine neuartige Methode entwickelt, mit der automatisch die Positionen zu pflanzender Bäume etwa in einem Stadtteil bestimmt wird. Auf diese Weise lässt sich seine Hitzebelastung maximal reduzieren. Hierfür optimiert ein klassischer Algorithmus des maschinellen Lernens die Position der Bäume.

Anhand eines ebenfalls entwickelten KI-basierten Strömungsmodell wurde der Einfluss lokaler Winde auf die Hitzebelastung im Stadtgebiet untersucht.

Klimawandel ganz konkret vor Ort

„Für die Klimaforschung eröffnen sich mit den im Projekt entwickelten KI-Methoden völlig neue Möglichkeiten, die Auswirkungen des Klimawandels praktisch bis vor die Haustüre darzustellen“, sagt Andreas Christen, Professor für Umweltmeteorologie an der Universität Freiburg.

Im Austausch mit Vertretern aus verschiedenen Bereichen der Freiburger Stadtverwaltung haben die Forschenden herausgearbeitet, wo die KI-gestützten Tools des Projekts in der Stadtplanung sinnvoll zum Einsatz kommen könnten, welche Chancen, Risiken und Herausforderungen damit verbunden wären und wie die Werkzeuge weiter an den Einsatz in der Praxis angepasst werden sollten.

Das große Potenzial sieht Verena Hilgers, Klimaanpassungsmanagerin der Stadt Freiburg, vor allem darin, Auswirkungen verschiedener Planungsszenarien, etwa auf die Hitzeentwicklung, schneller simulieren zu können. „So können verschiedene Wechselwirkungen im Vorfeld besser abgeschätzt werden und frühzeitig in den Planungsprozess einfließen.“

Michael Bauder, Leiter der Stabsstelle Data Science bei der Stadt Freiburg, sieht einige Herausforderungen darin, ein solches Künstliches Neuronales Netz in die bestehenden IT- und Datenstrukturen der Stadt einzubinden: es für Fachanwender einfach nutzbar zu machen und das System fortlaufend mit großen Datenmengen weiterzuentwickeln.              


KI Leuchtturm

Das Projekt „I4C — Intelligence for Cities“ lief von Anfang 2021 bis Juni 2024 und wurde vom Bundesumweltministerium mit rund drei Millionen Euro als „KI Leuchtturm“ gefördert. Beteiligt waren die Universität Freiburg, die Fraunhofer Institute für Physikalische Messtechnik (IPM) und Solare Energiesysteme (ISE) sowie die Energieagentur Regio Freiburg. Koordiniert wurde das Projekt vom Leistungszentrum Nachhaltigkeit Freiburg (LZN).


Red.

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