Klimaschutz im Bereich der Stadtplanung: Planen für mehr Lebensqualität

Blick über Düsseldorf: Die Stadt hat es sich zum Ziel gesetzt, alle öffentlichen Gebäude mit Hilfe eines Systems der Nachhaltigkeitszertifizierung zu bauen und zu sanieren. Foto: Adobe Stock/shokokoart

Klimaschutz und Ressourcenschonung bei öffentlichen Bau- und Sanierungsprojekten: Nachhaltigkeitsexperte Stephan Anders erklärt, was er empfiehlt, um den großen Herausforderungen bei Stadtplanung und Stadtentwicklung gerecht werden zu können.

Wenn es darum geht, die Klimaziele zu erreichen, sind Städte und Gemeinden besonders gefragt. Neben der Sanierung und dem Neubau kommunaler Gebäude haben sie auch die Möglichkeit – beispielsweise durch Festsetzungen in Bebauungsplänen oder kommunalen Förderinstrumenten – Einfluss auf private Bauvorhaben zu nehmen.

Diese privaten Vorhaben machen meist den Großteil der Bauaktivitäten in einer Kommune aus. Die Städte müssen sich dagegen mehr mit dem Bestand auseinandersetzen. Nachverdichtung, die Integration von fehlenden Nutzungen im Quartier sowie die Priorisierung von Fuß- und Radverkehr sind nur einige Beispiele.

Schulungen für nachhaltige Stadtentwicklung

Viele Städte und Gemeinden haben sich bereits auf den Weg gemacht. Ein Umdenken findet statt, Begrünungsmaßnahmen und Regenwasserrückhaltebereiche zur Klimaanpassung, nachhaltige Mobilitätsformen und Quartiersentwicklungen werden bearbeitet. Herausforderungen sind oft die langen Planungs- und Entscheidungsprozesse. Um Mitarbeitende über alle Dezernate und Ämter hinweg sprechfähig zu machen, ist die Schulung zu Nachhaltigkeitsexperten sinnvoll.

Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. (DGNB) bietet in ihrer Akademie Möglichkeiten, sich zu Fachthemen des nachhaltigen Bauens und Planens weiterzubilden. So versetzt die Ausbildung zum Consultant in die Lage, bei Bauvorhaben die Kriterien aus dem DGNB-Zertifizierungssystem anwenden zu können. Entwickelt werden seit 2007 Zertifizierungssysteme als Planungs- und Optimierungstool, um die nachhaltige Errichtung, die Sanierung und den Betrieb von Gebäuden, aber auch von ganzen Quartieren praktisch anwendbar, mess- und vergleichbar zu machen. Auch biodiversitätsfördernde Außenräume spielen eine Rolle.

Die Zertifizierung hilft dabei, geeignete Flächen auf bebauten Grundstücken, an Fassaden und auf Dächern zu identifizieren. Zudem hilft sie, diese Flächen so zu gestalten und zu pflegen, dass die Bewahrung der Arten- und Ökosystemvielfalt optimal unterstützt wird. Gerade in Sachen Biodiversität – deren Erhalt neben dem Klimaschutz das zentrale Thema unserer Zeit ist –, haben Kommunen eine wichtige Hebelwirkung. Es gilt, bestehende Biotope und Freiflächen zu erhalten und bei der Innenverdichtung auf Aufstockung zu setzen, um so bestehende Flächen zu schonen.

Vorreiter in Sachen Klimaschutz

Besonders ambitioniert in Sachen Klimaschutz sind unter anderem die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf und die dänische Hauptstadt Kopenhagen, die sich per Ratsbeschluss dazu verpflichtet haben, alle öffentlichen Gebäude nach DGNB zu bauen und zu sanieren. In Düsseldorf lautet die Vorgabe, mindestens die Stufe DGNB Gold zu erreichen – mit dem Ziel Platin und einem klimapositiven Betrieb.

Kopenhagen ist bekannt als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit und Lebensqualität. Hier zeigt sich aber auch, dass gerade beim Thema Bauen Durchhaltevermögen gefragt ist: Was heute geplant wird, ist nicht schon morgen sichtbar, sondern erst in vielen Jahren. In Kopenhagen ist der Architekt und Stadtplaner Jan Gehl seit Jahrzehnten aktiv. Sein Credo, den Menschen als Maßstab für die Stadt zu nehmen, zahlt sich aus. Kopenhagen zählt weltweit zu den lebenswertesten und nachhaltigsten Städten.

Auch die Hansestadt Buxtehude in Niedersachsen geht mit gutem Beispiel voran: Mehrere öffentliche Gebäude sind bereits nach DGNB zertifiziert. Groß geschrieben wird zudem das Thema Beteiligung. Bürgerinnen und Bürger werden im Rahmen der Strategie 2030 in einem partizipativen Prozess bei den Themen Klima- und Ressourcenschutz sowie soziale Teilhabe mitgenommen. Das führt zu mehr Akzeptanz einzelner Maßnahmen und zu einer positiven Identifikation mit der Heimat.

Gemeinsam für eine nachhaltige Zukunft in Kommunen

Buxtehude ist neben zehn weiteren Kommunen Mitinitiatorin der Initiative „Klimapositive Städte und Gemeinden“. Kern der Initiative ist der Austausch untereinander, das Voneinanderlernen und das gemeinsame Entwickeln von Lösungen. Erklärtes Ziel ist es, Kräfte zu bündeln: Nicht jede Kommune muss bei Null anfangen und im ungünstigsten Fall die gleichen Fehler machen, wenn es darum geht, Nachhaltigkeit, Klima- und Ressourcenschutz als Standard zu etablieren. Denn eins muss allen klar sein: Wir brauchen Geschwindigkeit!

Zusammen mit den rund 80 Kommunen, die aktuell bei der Initiative dabei sind, werden praxisnahe Leitfäden entwickelt, die bei der täglichen Arbeit unterstützen sollen. Regelmäßig finden außerdem Exkursionen zu spannenden Projekten und Netzwerktreffen statt.

Zudem wird derzeit das Schulungs- und Beratungsangebot ausgebaut. Zum Beispiel wurde im Rahmen der Initiative „Klimapositive Städte und Gemeinden“ eine Wirtschaftsförderung dahingehend beraten, wie ein Bewertungssystem zur Nachhaltigkeit als Grundlage für eine Förderung von Gewerbegebieten aussehen könnte.

Willkommen in der kostenlosen Mitmachinitiative sind all jene, die bereit sind, ihre Stadt oder Gemeinde zukunftsfähig zu gestalten – und damit auch die Lebensqualität für die Bewohnerinnen und Bewohner zu steigern.

Stephan Anders


Der Autor

Dr. Stephan Anders ist Abteilungsleiter Netzwerk und Beratung bei der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. (DGNB).