Stadtplanung mit Bürgerbeteiligung

Balingen in Baden-Württemberg: Die Mittelstadt legt großen Wert darauf, sich gezielt weiterzuentwickeln. Ein wichtiger nächster Schritt ist die Gartenschau 2023. Foto: Stadt Balingen/Bossenmaier

Ideen für die Zukunft, zu denen alle etwas beitragen können: Das ist die Idee hinter dem integrierten Stadtentwicklungskonzept „ISEK BALINGEN 2035“. Sanel Dacic stellt dieses Beispiel für gelingende Transformation vor.

Die Stadt Balingen als Mittelzentrum mit 35.000 Einwohnern im Zollernalbkreis liegt zwischen Stuttgart und Bodensee, am Rande der Schwäbischen Alb, und hat einen Einzugsbereich von über 200.000 Einwohnern. Balingen besteht aus der Kernstadt und den Stadtteilen Dürrwangen, Endingen, Engstlatt, Erzingen, Frommern, Heselwangen, Ostdorf, Roßwangen, Stockenhausen, Streichen, Weilstetten und Zillhausen. Die Einwohnerzahl in den Stadtteilen liegt zwischen 270 und 4600 Einwohnern.

Balingen ist für seine lebendige, attraktive Innenstadt, dem breiten Kultur- und Bildungsangebot und für ihren hohen Wohnwert bekannt. Bereits seit über 40 Jahren wird mit Hilfe der Städtebauförderung die Stadterneuerung gefördert. Markenzeichen ist die schöne Fußgängerzone mit zentralen Einzelhandelsangeboten in der Innenstadt. Die außerordentlich positive Entwicklung ist auch auf die seit 1989 beachtete und fortgeschriebene Einzelhandelskonzeption zurückzuführen.

Jetzt entstehen mit der Gartenschau 2023 in innerstädtischer Lage Daueranlagen wie Parks und öffentliche Bereiche. Die blau-grüne Infrastruktur entlang der Flüsse Eyach und Steinach wird aufgewertet. Das erlebbare Gewässer bietet eine hohe Aufenthaltsqualität. Im Juli 2015 hat der Gemeinderat der Stadt Balingen die Planung eines integrierten Stadtentwicklungskonzeptes beschlossen. Ziel ist es, eine geordnete städtebauliche Entwicklung unter Berücksichtigung der bisherigen Maßnahmen und Planungen zu gewährleisten.

Das ISEK von Balingen hat einen städtebaulichen Schwerpunkt und wird insbesondere in Kartenform dargestellt. Um die umfassende und hohe Bau- und Planungstätigkeit im Zusammenhang mit der Gartenschau 2023 zu berücksichtigen, richtete sich der Blick zunächst auf die Kernstadt. Die gesamte Ausarbeitung erfolgt in Zusammenarbeit mit einem Planungsbüro aus Stuttgart.

Dreh- und Angelpunkt ist die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger

In drei Phasen hatte die Bürgerschaft die Möglichkeit, Anregungen einzubringen und sich zu informieren. Die Konzepterstellung für die Kernstadt sah verschiedene analoge und digitale Beteiligungsformate für alle Nutzergruppen vor.

In der ersten Phase wurde das Format „STADTplanung VOR ORT“ organisiert. Zu definierten Handlungsbereichen (Wohnen, Wirtschaft, Nachhaltigkeit, Stadtbild, Freiraum, Mobilität, Innenstadt, Bildung und Kultur) formulierten die Bürgerinnen und Bürger auf dem Balinger Marktplatz und im Rahmen einer Postkartenkation Ideen, Anregungen und Hinweise. Rückmeldungen waren auch via E-Mail und über die Balinger Homepage möglich. Insgesamt wurden rund 950 Postkarten und 2423 Anregungen ausgewertet.

Darauf aufbauend wurde die Bürgerschaft in Stadtspaziergängen und Werkstatt-gesprächen zum direkten Dialog eingeladen (Phase 2). Anschließend wurde unter dem Motto „ISEK meets YouBL“ eine Jugendbeteiligung über die neue Balinger Kinder- und Jugend-App „YouBL“ als Umfrage durchgeführt.

In Phase 3 wurde in einer Online-Information mit Beteiligung das „ISEK BALINGEN 2035“ öffentlich vorgestellt. In Videos wurde Bezug zu den Schwerpunkträumen mit ihren Zukunftsprojekten genommen. Im Zeitraum der dreimonatigen Aktion wurden über 1000 Besuche auf der ISEK-Homepage gezählt.

Beschluss des ISEK Kernstadt

Das ISEK wurde im November 2020 für die Kernstadt als Städtebauliches Entwicklungs-konzept nach §1 Abs. 6 Nr. 11 Baugesetzbuch (BauGB) beschlossen. Mit dem Gemeinderatsbeschluss erhält das Entwicklungskonzept der Kernstadt die Verbindlichkeit eines informellen Planungsinstruments. Die Leitziele, Entwicklungsschwerpunkte und impulsgebenden Zukunftsprojekte sind zukünftig bei allen Planungen, Projekten und Maßnahmen zu berücksichtigen. Bei Förderanträgen kann das ISEK ebenfalls herangezogen werden.

Das Konzept für die Balinger Kernstadt bildet nun die Grundlage für die Stadtentwick-lungspolitik der kommenden 15 bis 20 Jahre. Die verwaltungsinterne Arbeitsgruppe überwacht die Umsetzung und Fortführung des Bürgerdialogs „STADTplanung VOR ORT“. Auf der vorhandenen Informationsgrundlage werden aktuell elf Stadtteilkonzepte erstellt. Es handelt sich um ein Projekt des Ortschaftsrates mit Ortsvorsteher, dem Fachamt und der Bevölkerung. Die Bearbeitung erfolgt zeitlich versetzt, jeweils in drei Abschnitten. Vom Start bis zur Beschlussfassung dauert es rund ein Jahr.

Mit Bestandsaufnahmen, Ortsumgängen, einer erfolgreichen Haushaltsbefragung, der Postkartenaktion mit einer durchschnittlichen Beteiligung von rund 20 Prozent der Haushalte und engagierten Bürgerworkshops ist der partizipative Prozess für den ersten Abschnitt vollzogen. Hierbei hat sich die Form der Durchführung als gelungene, ideale und verlässliche Vorgehensweise bestätigt. Dies soll so fortgeführt werden. Sanel Dacic

Der Autor: Sanel Dacic ist Sachbearbeiter im Amt für Stadtplanung und Bauservice der Stadt Balingen und zuständig für das „Integrierte Stadtentwicklungskonzept ISEK Balingen 2035“.