Schwach begründet

Für Fehler im Zuge der Vergabe haftet der Auftraggeber. (OLG Stuttgart vom 29. April 2003 – AZ 1 U 130/02)

Nachdem eine Ausschreibung durchgeführt worden war, wurde der billigste Bieter wegen Unzuverlässigkeit ausgeschlossen; den Auftrag erhielt der zweitbilligste Bieter. Deshalb machte der benachteiligte Bieter einen Anspruch auf Schadensersatz aus Verschulden bei Vertragsschluss gegen die Gemeinde geltend. Dies war begründet, weil die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) nicht eingehalten worden war. Dem Bieter wurde der Schadensersatz zugesprochen.

Die Gemeinde hatte ihn als „unzuverlässig“ abqualifiziert. Tatsächlich aber konnte aus seinem Angebot nicht geschlossen werden, er sei ungeeignet, den Werkvertrag zu erfüllen. Die Verfehlungen dieses Bieters bei der Ausführung des vorangegangenen Auftrags waren so geringfügig, dass sie nicht den Schluss auf die Unzuverlässigkeit zuließen.

So hatte dieser Bieter vorher den Betriebsurlaub nicht mitgeteilt, was aber keine Pflichtverletzung darstellte. Der Kommune war bekannt, dass im August Handwerkerferien sind. Hätte die Gemeinde Gewissheit darüber haben wollen, ob entgegen den Gepflogenheiten doch gearbeitet wurde, hätte sie das erfragen können.

Alle Umstände ließen nicht den Schluss auf eine Unzuverlässigkeit des billigsten Bieters zu. Das Gericht war der Ansicht, wenn derart geringe Probleme, wie sie bei vielen Werkleistungen vorkommen, schon den Schluss auf die Unzuverlässigkeit des Unternehmers zulassen würden, wäre der willkürlichen Vergabe, die durch das Vergabeverfahren gerade verhindert werden soll, Tür und Tor geöffnet. Es dürfte mit größter Wahrscheinlichkeit möglich sein, bei jedem Unternehmen, das schon einige Zeit tätig ist, Mängel bei früheren Maßnahmen zu finden. Der Ausschreibende hätte dann freie Hand, mit dem Hinweis auf Unzuverlässigkeit nahezu jeden Bieter auszuschließen.

Franz Otto