Raumkonzepte für Ganztagsschulen

Voraussetzung für eine Hausaufgabenbetreuung: gute Raumkonzepte für Ganztagsschulen. Foto: Adobe Stock/Robert Kneschke

Ganztagsangebote brauchen Raum – wie aber kann der Flächenbedarf für Unterricht und Betreuung effektiv abgedeckt werden? Schulexperte Otto Seydel bewertet drei Konzepte.

Die räumliche Umsetzung eines Ganztags bedeutete in den vergangenen Jahren oft Mangelverwaltung: Wie kann eine Schule angesichts der Enge im Unterrichtsbereich den neuen Anforderungen gerecht werden? Improvisationsgabe war gefragt, wie Essen im halligen Kellerraum oder Spielen in der ehemaligen Hausmeisterwohnung – Lösungen, die dem Ruf der Ganztagsschule nicht immer gutgetan haben.

Inzwischen weisen Schulbauförderprogramme immerhin eigene Flächenkontingente für den Ganztag aus. Gleichzeitig wird mit dem Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz ab 2026 die Zahl der Plätze ausgeweitet. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Flächenmangel schlagartig beseitigt wäre. Welche Konzepte ermöglichen eine Win-Win-Situation für Unterricht und Betreuung? Zu unterscheiden ist zwischen drei Modellen:

  • das Separationsmodell,
  • das Integrationsmodell,
  • das Kooperationsmodell.
Vorabveröffentlichung aus dem Buch „Anforderungen an ein Schulgebäude“ (Juni 2023). Grafik: Otto Seydel & schulRAUMkultur

Das Separationsmodell: Unterricht und Betreuung sind getrennt

Das Separationsmodell ist eine Variante des früheren Hortkonzepts – mit dem Unterschied, dass die Räume in direkter Anbindung an das Schulgebäude platziert sind, als Ganztagsräume allerdings mit weniger Fläche. Die Aufteilung – morgens Unterricht, nachmittags Betreuung – bleibt. Die Teams für Unterricht und Betreuung sind eingebunden in getrennte Systeme. Räume stehen einen halben Tag (weitgehend) leer. Wird eine als „offener separater Ganztagsbetrieb“ organisierte Schule eines Tages nicht nur eine Minderheit, sondern alle Schülerinnen und Schüler in den Ganztagsbetrieb aufnehmen, wäre der Flächenbedarf kaum zu decken.

Das Integrationsmodell: Unterricht und Betreuung sind verbunden

Das Integrationsmodell ist das exakte Gegenteil. Grundlage ist die kindgemäße Rhythmisierung des „ganzen Tages“. Es gibt keine Trennung von Unterrichts- und Ganztagsbereich. Lehrende und Betreuungspersonal bilden ein Team, es gibt einen gemeinsamen Rekreations- und Arbeitsbereich.

Das Modell bietet räumliche Synergien: Fast alle Räume werden für Unterricht und ebenso für Betreuungsangebote genutzt, auch Aufenthalts-, Kreativ- und Ruhebereiche. Hausaufgabenzeiten sind in den Unterricht etwa als „Lernbüro“-Phasen integriert. Realisierbar ist ein solches Konzept allerdings kaum in einer offenen, sondern eher in einer gebundenen Ganztagsschule (oder einem Schulzweig in gebundener Form), das heißt: Alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse oder eines Zuges sind Ganztagsschüler.

Das Kooperationsmodell: Unterricht und Betreuung sind flexibel aufeinander bezogen

Der Vorteil des Kooperationsmodells: Eine Schule, die auf Konzept- und Personalebene den offenen Ganztag mit einem getrennten Team startet, kann sich bei Bedarf bruchlos zu einem gebundenen Ganztag mit echtem Integrationsmodell entwickeln. Das offene Angebot beginnt für einige Klassen oft bereits nach der vierten Stunde, während andere noch Unterricht haben.

Um Störungen zu vermeiden, werden Unterricht und Betreuung teilweise entzerrt. Räume, die vom Ganztag und vom Unterricht genutzt werden, sind nicht an die Cluster gebunden, sondern mit dem Bereich der Gemeinschaftsflächen Foyer und Mensa verknüpft. Dort liegen neben der „Anlaufstelle“ für die Ganztagskinder auch Bewegungsraum, Musikraum, Raum für Werken und textiles Gestalten, Ruheraum und Multifunktionsraum. Die Cluster wiederum sollen nur für Hausaufgabenbetreuung und „stille“ Angebote des Ganztags genutzt werden.

Die Verantwortung für die Räume ist nach dem Prinzip von „Gast und Gastgeber“ organisiert: In den Klassenräumen ist die Lehrperson „Gastgeber“, in den Differenzierungsräumen das Betreuungspersonal. Dieses Konzept wurde von dem Stuttgarter Planungsbüro Daniel Schönle | Architektur und Stadtplanung entwickelt.

Wichtig für einen möglichen Ausbau zu einer gebundenen Ganztagsschule: Die Planung sieht von Anfang an Erweiterungsoptionen für Mensa und Funktionsräume vor.

Otto Seydel


Der Autor

Dr. Otto Seydel ist Gründer des Instituts für Schulentwicklung in Überlingen. Grundlage seiner Beratungstätigkeit ist seine langjährige Arbeit als Lehrer und Mitglied der Schulleitung der Schule Schloss Salem. Er ist Mitglied des Autorenteams des Grundlagenwerks „Schulen planen und bauen“ und hat in den vergangenen 15 Jahren gemeinsam mit den Architekten Daniel Schönle und Jochem Schneider die Phase Null zahlreicher Schulbauten begleitet.