Quartier mit Potenzial

Das Kieler Stadtviertel Elmschenhagen-Süd wird energetisch saniert. Ein wesentlicher Bestandteil des Konzepts ist, Nahwärmenetze aufzubauen mit Einbindung von Blockheizkraftwerken. Langfristig wird angestrebt, die Wärmenetze zu einem Gesamtnetz zusammenzufügen.

Für den teilweise historisch geprägten Kieler Stadtteilbereich Elmschenhagen-Süd wurde ein durch die KfW und das Land Schleswig-Holstein gefördertes integriertes Quartierskonzept erstellt. Seit Sommer 2015 läuft mit dem Sanierungsmanagement die Umsetzungsphase.

Grundlage für die Auswahl des Energiequartiers Elmschenhagen-Süd bildet das „Klimaverträgliche Energieerzeugungs- und Versorgungskonzept (EVKK)“ aus dem Jahr 2011. Es wurde als Reaktion auf den im Jahr 2008 gefassten Beschluss erarbeitet, in der Landeshauptstadt Kiel kein neues Kohlekraftwerk zu bauen. Das Konzept wurde unter anderem das Potenzial für den Aufbau von Nahwärmenetzen für Bereiche außerhalb des Fernwärmeversorgungsgebietes analysiert. Dabei wurden zwei potenzielle Gebiete im Stadtteil Elmschenhagen-Süd identifiziert.

Darauf aufbauend entschied sich die Landeshauptstadt Kiel im Jahr 2014, ein durch die KfW gefördertes integriertes Quartierskonzept erstellen zu lassen. Im Zuge dessen sollten diese Potenziale näher untersucht sowie Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen entwickelt werden. Die Konzepterstellung erfolgte durch eine Arbeitsgemeinschaft bestehend aus dem Bau-Dienstleistungsunternehmen ZEBAU (Hamburg), der Ingenieurgesellschaft Averdung und dem Energieberater und Architekten Jasper Harten.

Der Stadtteilbereich Elmschenhagen-Süd befindet sich im Südosten der Landeshauptstadt Kiel. Das ausgewählte Quartier umfasst ein Areal von 94,5 Hektar und gliedert sich in zwei Teile. Der nördliche Bereich ist vorwiegend von einheitlich gestalteten Backsteinbauten in Blockrand- und Zeilenbebauung aus den 1940er Jahren geprägt. Der südliche Bereich mit heterogener Bebauungsstruktur besteht aus Geschosswohnungsbauten, Mehrfamilienhäusern sowie Einfamilien- und Reihenhäuser aus den 1970er- bis 1990er-Jahren. Zudem befinden sich das Schulzentrum Elmschenhagen sowie weitere soziale und der Nahversorgung dienende Einrichtungen in dem Quartier. Im Projektgebiet gibt es etwa 3200 Haushalte, in denen rund 5650 Menschen leben.

Bausteine des Konzepts

Die Gebäudeuntersuchungen im Rahmen des energetischen Quartierskonzeptes haben ergeben, dass unabhängig von Baualter und Baustil alle untersuchten Gebäude nennenswerte Energieeinsparpotenziale, auch unter Berücksichtigung des Stadtbilderhalts, aufweisen. Der Energiebedarf der Gebäude in Elmschenhagen-Süd kann bis 2030 um 13 Prozent und bis 2050 durch umfassendere Sanierungen sogar um 40 Prozent gesenkt werden. Zur Deckung des verbleibenden Energiebedarfs wird der Aufbau von dezentralen Wärmenetzen mit Einbindung von Blockheizkraftwerken empfohlen. Langfristig wird angestrebt, die Wärmenetze zu einem Gesamtnetz zusammenzufügen und eine Freiflächen-Solarthermieanlage in Kombination mit Wärmepumpen einzubinden.

Praxis der Umsetzung

Die Immobilienbesitzer wurden bereits während der Konzepterstellung einbezogen, um Lösungen zu entwickeln, die von der Eigentümerschaft mitgetragen werden. So wurden innerhalb der ersten Monate mehrere Einzelmaßnahmen umgesetzt. Dazu zählt unter anderem die Modernisierung einer Beispielwohnung in einem der historischen Backsteinbauten mit Innendämmung der Außenwände sowie Erneuerung der Fenster. Da es sich hierbei um den am häufigsten im Quartier vertretenen Wohnungstyp handelt, werden hoffentlich viele Eigentümer diesem guten Vorbild folgen.

Die bisherige Arbeit hat gezeigt: Je größer der Handlungs- und Zeitdruck, zum Beispiel wegen einer veralteten oder defekten Heizungsanlage, desto eher greifen die Gebäudeeigentümer auf herkömmliche Techniken oder Lösungen zurück. Je mehr sich die Eigentümer jedoch bereits mit Alternativlösungen auseinandergesetzt haben und auf den Ausfall vorbereitet sind, desto aufgeschlossener sind sie auch innovativen Lösungen gegenüber.

Die Projektlaufzeit kann also dazu genutzt werden, gemeinsam mit den Immobilieneigentümern zukünftige Investitionen vorzubereiten und Vorurteile gegenüber innovativen Techniken abzubauen. Eine enge Kommunikation mit den Eigentümergruppen ist daher ein wesentlicher Bestandteil des Sanierungsmanagements. Es sind detaillierte Kenntnisse zum Quartier, Präsenz vor Ort und Geduld erforderlich, um Investitionsanlässe wie eine anstehende Heizungserneuerung nicht verstreichen zu lassen.

Für das Schulzentrum Elmschenhagen wird eine Eigenstromversorgung nach Möglichkeit mit regenerativen Energien angestrebt. Voraussichtlich Anfang des Jahres 2017 wird mit dem Bau einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach des Schulzentrums begonnen.

Anna Muche

Die Autorin
Anna Muche ist wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Zentrum für Energie, Bauen, Architektur und Umwelt (ZEBAU) in Hamburg

Info: Aktuelle Informationen zum Fortgang des Projekts bietet die Themenseite der Landeshauptstadt Kiel.