Potenzial ausschöpfen

Die getrennte Erfassung von Bio- und Grünabfällen ist dann ökologisch sinnvoll, wenn diese Reststoffe nicht nur zu einem hochwertigen Kompost verarbeitet werden, sondern wenn gleichzeitig Biogas erzeugt wird. Alle Verwertungs­ver­fah­ren entlang der Wertschöpfungskette sind mittlerweile am Markt etabliert.

Die Bundesregierung will bis spätestens zum Jahr 2020 die Emission treibhausrelevanter Gase in Deutschland um 40 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Dieses Ziel lässt sich nur erreichen, wenn alle Sektoren und damit auch die Abfallwirtschaft ihren Beitrag leisten. Schon heute trägt die Abfallwirtschaft nicht zuletzt durch die getrennte Erfassung und Verwertung verschiedener Abfallmassen erheblich zum Erreichen der Klimaziele bei.

Auch wenn Deutschland in der getrennten Sammlung und Verwertung von Bio- und Grünabfällen im europaweiten Vergleich eine Spitzenposition einnimmt, sind gerade hier noch deutliche Defizite augenfällig. Vor dem Hintergrund weiterer Anstrengungen zur Erzeugung regenerativer Energien wie zum Beispiel durch Energiepflanzen, deren Anbau zuweilen mit der Nahrungs- und Futtermittelproduktion konkurriert, steht eine kombinierte stoffliche und energetische Nutzung von Bio- und Grünabfällen heute besonders im Fokus.

Nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (§ 11 Abs. 1 KrWG) sind Bioabfälle, die einer Überlassungspflicht unterliegen, spätestens ab dem 1. Januar 2015 getrennt zu sammeln, soweit dies zur Erfüllung bestimmter gesetzlicher Pflichten (§ 7 Abs. 2 bis 4 sowie § 8 Abs. 1 KrWG) erforderlich ist. Die deutsche Gesetzgebung setzt die EU-Abfallrahmenrichtlinie um (2008/98 EG vom 19. November 2008). Diese fordert die Mitgliedstaaten auf, die getrennte Bioabfallsammlung mit dem Ziel der Kompostierung und Vergärung zu fördern.

Technisch ausgereift

Nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz besteht die Pflicht zu einer getrennten Sammlung und Verwertung der Bioabfälle, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist. Die technische Möglichkeit ist unstrittig. Fast 70 Prozent der Kreise und Kommunen bieten die Biotonne an, und die Verfahren zur Kompostierung und Vergärung haben sich längst auf dem Markt etabliert. Die Vielzahl der Studien zur Frage der Einführung der Biotonne zeigt, dass mit der Biotonne nicht zwangsläufig höhere Kosten und damit eine Erhöhung der Abfallgebühren verbunden sein müssen.

Nach Paragraf 8 Abs.1 KrWG hat diejenige Verwertungsmaßnahme Vorrang, die den Schutz von Mensch und Umwelt am besten gewährleistet. Nur zwischen mehreren gleichrangigen Verwertungsmaßnahmen besteht ein Wahlrecht. Abgesehen davon, dass die Mitverbrennung von Bioabfällen als Bestandteil des Restmülls in Müllverbrennungsanlagen angesichts des geringen Heizwertes keine Verwertungsmaßnahme sein kann, zeigen Ökobilanzen immer einen ökologischen Vorteil für eine getrennte Sammlung mittels Biotonne, so die Verwertung hochwertig erfolgt.

Mit der flächendeckenden Einführung der Biotonne erhalten die Haushalte zudem die Möglichkeit, die Eigenkompostierung zu optimieren und gerade auch Biomassen aus der Küche wie insbesondere Speiseabfälle einer fachgerechten Verwertung in Bioabfallbehandlungsanlagen zu übergeben.

Hochwertige Prozesskette

Die getrennte Sammlung und Verwertung von Bioabfällen ist dann ökologisch sinnvoll, wenn der Bioabfall nicht nur zu einem hochwertigen Kompost verarbeitet wird, sondern dies auch in Verbindung mit der Erzeugung von Biogas erfolgt. Diese Kaskadennutzung als Abfolge von energetischer und stofflicher Nutzung trägt den wertgebenden Potenzialen des Bioabfalls besonders Rechnung.

Das bei der Vergärung anfallende Biogas sollte möglichst umfassend genutzt werden. Die klassische Lösung ist die Verstromung über ein Blockheizkraftwerk. Um die dabei zwangsläufig anfallende Wärme ebenfalls nutzen zu können, gilt es, diese BHKW möglichst in Nachbarschaft zu Wärmenetzen oder Industriekunden zu errichten. Im Zweifel lässt sich die Distanz zwischen Vergärungsanlage und Standort des BHKW recht einfach und kostengünstig mit einer Biogasleitung überbrücken.

Werden im Zuge der Einführung der Biotonne neue Vergärungsanlagen errichtet, sollten diese grundsätzlich dem Stand der Technik entsprechen. Sind bereits Bioabfallkompostierungsanlagen vorhanden, lassen sich diese einfach um Vergärungsmodule ergänzen. In der Regel ist dies mit der Möglichkeit verbunden, die Durchsatzkapazitäten der Bioabfallbehandlungsanlage deutlich zu erhöhen.

Es ist nicht zwingend erforderlich und sinnvoll, für jeden Kreis oder jede Stadt eine eigene Bioabfallverwertungsanlage zu errichten und zu betreiben. Nicht selten werden derartige Leistungen ausgeschrieben. Um dennoch hohe ökologische Standards der Anlagen und eine hochwertige Verwertung des Abfalls zu sichern, bedarf es entsprechender Vorgaben und Anforderungen in den Leistungsverzeichnissen.

Tipps für die Kommunen

Das Ifeu-Institut Heidelberg, die Ingenieurgemeinschaft IGLux aus Witzenhausen und weitere Partner haben im Auftrag der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) untersucht, wie die Bio- und Grünabfallverwertung verbessert werden kann und wie die Kreise und Kommunen bei der Umsetzung unterstützt werden können. Die Ergebnisse fließen in die Neuauflage des Leitfadens „Optimierung des Systems der Bio- und Grünabfallverwertung“ ein.

Die Bioabfallverwertung sollte immer auf die Herstellung von ausgereiftem Kompost ausgelegt sein. Dies erfordert eine Nachkompostierung der Vergärungsrückstände über eine ausreichend lange Zeit. Nur so ist sichergestellt, dass sich der Kompost grundsätzlich auch außerhalb der Landwirtschaft vermarkten lässt.

Die Weiterverarbeitung zu ausgereiftem Kompost ist aber auch aus ökologischer Sicht wichtig. Erden und Substrate auf Kompostbasis können in Konkurrenz zu Produkten auf Torfbasis treten. Die Substitution von Torf schont nicht nur mittlerweile knappe Rohstoffvorkommen. Der Einsatz von Torf ist zudem in hohem Maße klimaschädlich.

Florian Knappe / Thomas Turk

Die Autoren
Florian Knappe ist Teamleiter Abfallwirtschaft beim Institut für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) in Heidelberg, Thomas Turk ist Geschäftsführer der Ingenieurgemeinschaft IGLux Witzenhausen in Göttingen und Witzenhausen