Nachhaltig bauen mit Gütesiegel

Energieeinsparung und Ressourcenschonung sind zentrale Themen im Kommunalbau – sowohl im Neubau als auch im Bestand. Wer nachhaltig bauen will, sollte die gängigen Zertifikate in diesem Bereich kennen. Das DGNB-Siegel etwa basiert auf der deutschen Normung und Gesetzgebung.

Mit Blick auf sich verändernde Rahmenbedingungen aus Umwelt, Politik, Markt und Gesellschaft müssen sich Kommunen insbesondere den Herausforderungen Klimawandel, Energiewende und demografische Entwicklung stellen und Lösungen finden. Ein Instrument, um Nachhaltigkeit im Kommunalbau weiter zu implementieren, ist die Nachhaltigkeitszertifizierung von Immobilien, denn Gebäude sind für rund 40 Prozent der C02-Emissionen und etwa 58 Prozent des Abfallaufkommens verantwortlich.

In der privaten Immobilienwirtschaft findet man in Deutschland drei Nachhaltigkeitssysteme, die sich am Markt etabliert haben. Dies sind das Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen (DGNB), das amerikanische System LEED (Leadership in Environmental and Energy Design) und das britische System BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Methodology). Diese Systeme unterscheiden sich unter anderem im Hinblick auf Bewertungsmethode, -kategorien und -kriterien sowie den Zertifizierungsprozess und die Auszeichnung. Sie beherrschen in Deutschland den Neubau- und Bestandsmarkt unterschiedlich stark.

Anfang 2015 waren 578 gewerbliche Neubauten nach DGNB, 92 nach LEED und 20 nach BREEAM zertifiziert. Diese Zahlen lassen sich unter anderem der „Nachhaltigkeitsstatistik 2015“ der Professional Group Sustainability der RICS Deutschland entnehmen.Die Zahl der Zertifizierungen steigt und belegt die Bedeutung des Aspekts Nachhaltigkeit im Neubaubereich. Dort wird vor allem das Siegel Nachhaltiges Bauen (DGNB) angewendet.

Ganzheitliche Betrachtung

Auch im kommunalen Bereich finden sich Gebäude, die nach DGNB zertifiziert sind. Dies erscheint logisch vor dem Hintergrund, dass es sich bei DGNB um ein Auszeichnungssystem handelt, das auf der deutschen Normung und Gesetzgebung basiert, im Prozess den bekannten Leistungsphasen beim Planen und Bauen folgt und die ganzheitlichen Betrachtung und Bewertung von Nachhaltigkeitsaspekten für Gebäude ermöglicht. BREEAM und LEED haben ihren Ursprung im britischen beziehungsweise amerikanischen Kontext und finden im kommunalen Bereich kaum Anwendung.

Die Erlangung eines DGNB-Zertifikats ist nach Fertigstellung eines Gebäudes möglich. Doch schon in der Planungsphase, im Rahmen der Genehmigungsphase zum Bauantrag, kann ein Vorzertifikat angestrebt werden. Das hat den Vorteil, dass früh, transparent und vor allem geprüft die nachhaltige Entwicklung und Performance von Gebäuden kommuniziert werden kann. Verliehen wird ein DGNB-Siegel seit Mitte dieses Jahres (international angepasst) in Platin, Gold und Silber (vormals Gold, Silber, Bronze). Zielführend ist es, wenn ein offizieller Auditor der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen den Prozess von Anfang an begleitet, denn nur ein Auditor darf die Zertifizierungsunterlagen bei der DGNB einreichen.

Verliehen wird ein DGNB-Siegel seit Mitte dieses Jahres (international angepasst) in Platin, Gold und Silber (vormals Gold, Silber, Bronze). Die Mehrzahl der Projekte ist in Gold (ehemals Silber) zertifiziert und weist damit eine höhere Qualität auf als dies normativ und gesetzlich gefordert ist (Silber ehemals Bronze basiert auf dem gesetzlichen und normativen Standard). Das kann damit begründet werden, dass Projekte, die eine Nachhaltigkeitszertifizierung anstreben, in einer sehr frühen Planungsphase die Beteiligten der unterschiedlichen Disziplinen an einen Tisch holen, um integrale Entscheidung zu treffen, die sich positiv auf das Zertifikat aber auch auf die ganze Gebäudeperformance auswirken.

Regelmäßiges Controlling

Zielführend ist es, wenn ein offizieller Auditor der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen den Prozess von Anfang an begleitet, denn nur ein Auditor darf die Zertifizierungsunterlagen bei der DGNB einreichen. Die Auditoren kennen die Details des Zertifizierungssystems und können so die Bauherren und die Projektbeteiligten zum Thema optimal beraten und steuern. Das dadurch eingeführte regelmäßige Controlling zum Abgleich von Qualitäten in Planung, Vergabe und Ausführung ermöglicht es, auf den Projektverlauf im Erstellungsprozess zu reagieren und führt damit zu einer größeren Planungssicherheit und Risikominimierung.

Nachhaltigkeitszertifizierung bedeutet, sich die geschaffene nachhaltige Immobilienqualität offiziell bestätigen zu lassen. Es fallen dabei das Honorar für das Beratungs- und Nachhaltigkeitsmanagement des Auditors und Dokumentationsaufgaben durch die Projektbeteiligten, DGNB-spezifische Ingenieurleistungen wie Ökobilanzierung sowie Gebühren der Zertifizierungsstelle an. Dies führt zu Mehrkosten für den Zertifizierungsprozess, die in der Regel bei mittleren Bauvorhaben weniger als zwei Prozent der Bausumme ausmachen. Strebt man nicht ein Zertifikat in Platin an, ist in der Regel nicht mit Mehrkosten in den Baukosten zu rechnen, vorausgesetzt die Nachhaltigkeitskriterien werden bereits in Ausschreibung und Vergabe berücksichtigt.

Um nachhaltige Immobilienqualität zu schaffen, kann die Definition von Nachhaltigkeitszielen anhand der Kriterien eines etablierten Nachhaltigkeitssystems als Steuerungsinstrument dienen – sowohl für den kommunalen Neubau, den Bestand als auch den Betrieb. Aktuell konzentrieren sich die Betrachtungen auf energetische Maßnahmen insbesondere im Bestand. Auf Dauer besteht das Potenzial – und auch die Aufgabe – den Begriff Nachhaltigkeit umfassender zu definieren.

Kati Herzog

Die Autorin
Dr. Kati Herzog ist Mitglied der Geschäftsleitung der Bilfinger Bauperformance in Frankfurt am Main und Leiterin Business Development sowie Key Account Management