Mit Energieeffizienz obenauf

Mit einer hochwertigen Abdichtung und einem dachspezifischen Dämmsystem lassen sich sparsame Häuser bauen und in der Sanierung 30 bis 40 Prozent Energie und Kosten sparen und damit gleichzeitig Komfort und Gebäudewert steigern.

Flachdächer sind der am stärksten beanspruchte Teil eines Gebäudes und extremen Belastungen ausgesetzt. Jährlich werden in Neubau und Sanierung rund 200 Millionen Quadratmeter Flachdächer abgedichtet. Ihre Lebensdauer beträgt durchschnittlich 20 bis 25 Jahre. Durch den Abriss entstehen Milliarden Tonnen Abfall, und der Neubau verbraucht weitere wertvolle Ressourcen.

Nachhaltige Planung geht anders: Hochwertige Abdichtungssysteme erreichen eine doppelt so lange Lebensdauer im Vergleich zu normalen Abdichtungen und verbrauchen halb so viele Ressourcen. Das nachhaltige Ziel sollte also ein gut gedämmtes, sicher abgedichtetes Dach für ein gesamtes Gebäudeleben sein.

Mit den Anforderungen an den Wärmeschutz steigen auch die Anforderungen an die Dämmstoffe. Bei der Materialwahl geht es darum, eine möglichst nachhaltige, wirkungsvolle Dämmleistung zu erreichen. Dabei hängt die optimale Wärmedämmung vor allem von der Effizienz des Dämmstoffs und dem angestrebten U-Wert ab. Der U-Wert bestimmt je nach gewähltem Dämmstoff und Wärmeleitfähigkeit WLS die daraus resultierende Dicke.

Dämmstoffe im Vergleich

Die Unterschiede sind gravierend: Der Hochleistungsdämmstoff Polyurethan-Hartschaum (PUR/PIR) besitzt mit Wärmeleitstufe WLS 023 den besten Dämmwert im Vergleich zu allen gebräuchlichen Wärmedämmstoffen. Das bedeutet höchste Dämmleistung bei geringster Dämmstoffdicke. Mit gerade einmal 120 Millimetern erfüllt der PUR/PIR-Dämmstoff bereits den langfristig sinnvollen U-Wert ≤ 0,19 W/m2K.

Vergleichbare Materialien der WLS 045 benötigen für ein gleiches Ergebnis fast die doppelte Aufbauhöhe, nämlich 220 Millimeter Dämmdicke. Materialen der WLS 035 benötigen immer noch 180 Millimeter. Doppelte Aufbauhöhe bedeutet aber nicht nur einen weit größeren Aufwand an Transport und bei der Verarbeitung, sondern auch bei der Ausgestaltung von Details entstehen Detailprobleme, die das Potenzial für Verarbeitungsfehler erhöhen. Ganz zu schweigen vom Gewicht: Ist es doch ein schwerwiegender Unterschied, ob ein Dach von 1000 Quadratmetern mit leichten 3500 Kilogramm PIR oder mit dem achtfachen Gewicht von rund 27 Tonnen Mineralfaser zusätzlich belastet wird.

Neben Wärmeleitfähigkeit, Dicke und Gewicht spielen Umwelt- und Gesundheitsaspekte eine Rolle. Hier wird leider sehr oft pauschaliert. So werden Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen wie Hanf oder Holz besser bewertet als Dämmstoffe aus nicht nachwachsenden Rohstoffen. Stimmt das denn? Die Umweltproduktdeklaration EPD beschreibt mit dem Primärenergiebedarf den Bedarf an Rohstoffen und Energie für die Herstellung eines Produktes und gibt damit eine Vergleichskennzahl. Bezogen auf die Produktgattung Dämmstoffe enthält der Primärenergiebedarf nur einen Teil der Wahrheit, denn er vergleicht nur den Wert Megajoule pro Kubikmeter (MJ/m3). Man muss jedoch auch hier den U-Wert unseres Beispiels von 0,19 W/m2K als objektive Vergleichsbasis heranziehen.

So ergeben sich für die aufgeführten Dämmstoffe folgende Werte des Primärenergiebedarfs: EPS 333 MJ/m3, PUR/PIR 363 MJ/m3, Mineralfaser 712 MJ/m3, Holzfaser 1695 MJ/m3. Hierbei sind die Nutzungsphase und die Nachnutzungsphase nicht berücksichtigt.

Die Betrachtungen zeigen, dass PIR-Wärmedämmelemente die höchste Dämmleistung bei geringster Dämmstoffdicke und gleichzeitig hervorragende Umweltwerte aufweisen. Dabei sind die Platten formstabil, tritt- und druckfest, temperatur- und heißbitumenbeständig, chemisch und biologisch beständig, geruchsneutral und physiologisch unbedenklich, schimmel- und fäulnisfest und unverrottbar, sodass ihre Funktion über viele Jahrzehnte sichergestellt ist. Das leichte Material lässt sich einfach zuschneiden und bis ins Detail präzise und schnell verarbeiten.

Dach mit Zusatznutzen

Doch ist ein Dach ohne Zusatznutzen heute noch als nachhaltig zu bezeichnen? Der Dachgarten auf der Wohnanlage, das Dachbiotop zum Artenschutz auf dem Verwaltungsgebäude oder eine Fotovoltaikanlage auf der Industriehalle – es gibt viele Möglichkeiten, die Flächenversiegelung auszugleichen und dabei einen Zusatznutzen zu erzielen oder die versiegelten Flächen für die zusätzliche Gewinnung erneuerbarer Energien einzusetzen. Die verstärkte Nutzung der Flachdächer von Gewerbe- und Verwaltungsgebäuden, von Wohnanlagen könnte vor allem in Ballungsgebieten eine sinnvolle und ertragreiche Herausforderung werden.

Die weitläufigen Dachflächen erlauben vielfältige Zusatznutzen auf bereits bebautem Grund. Wenn der Aufbau stimmt, das Dach also sicher abgedichtet und effizient gedämmt ist, dann sind der weitere Aufbau eines Gründachs oder einer Fotovoltaikanlage immer ein Gewinn.

Gründächer mindern die negativen Auswirkungen der Flächenversiegelung, verlängern die Lebensdauer der Dachabdichtung und schaffen zusätzlichen Lebensraum für Mensch und Tier. Sie entlasten als Wasserspeicher die Entwässerungssysteme, binden Staub, heizen sich auch bei extremen Temperaturen kaum auf, verbrauchen CO2 und verbessern als Sauerstoffproduzent das Klima.

Holger Krüger

Der Autor
Holger Krüger ist Leiter Anwendungstechnik des auf Dachsysteme spezialisierten Unternehmens Paul Bauder in Stuttgart; er arbeitet in diversen Normausschüssen und Fachverbänden wie VDD Industrieverband Bitumen-Dach- und Dichtungsbahnen mit