Mannheim stellt um

Die gelben Säcke für das Einsammeln von Verpackungen sind in vielen Städten ein Dauerärgernis. In Mannheim werden Verpackungsabfälle jetzt zusammen mit anderen Wertstoffen in einer Tonne gesammelt.

 

In den Restmülltonnen vieler Städte und Gemeinden finden sich heute noch erhebliche Mengen an Wertstoffen. Nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz sind Papier-, Metall-, Kunststoff- und Glasabfälle spätestens ab dem 1. Januar 2015 getrennt zu sammeln. Einzelheiten zu dieser Getrenntsammlung sollten eigentlich in einem Wertstoffgesetz geregelt werden. Schon seit Jahren wird auf politischer Ebene über dieses Gesetz diskutiert – bislang ohne konkretes Ergebnis. Wie die bisherigen Verhandlungen gezeigt haben, sind die Interessen von privaten Entsorgungsunternehmen und Kommunen einfach zu unterschiedlich.

Mit dem Verpackungsgesetz ist jetzt zwar ein Wertstoffgesetz „light“ in der Ressortabstimmung. Aber auch dieser Entwurf sieht eine Zusammenarbeit zwischen den für die Verpackungsentsorgung zuständigen privaten dualen Systemen und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) nach dem Kooperationsprinzip vor. Die grundsätzlichen Interessenkonflikte sind damit nicht gelöst.

In Mannheim (rund 318.000 Einwohner, Baden-Württemberg) wollte man nicht länger auf ein neues Gesetz warten und hat zum 1. Januar 2017 die Wertstofftonne eingeführt. Die Einsammlung von Leichtverpackungen (LVP) in einem gelben Sack wurde gleichzeitig abgeschafft. Dessen Inhalt kommt nun auch in die Wertstofftonne. Damit ist die Wertstofftonne nicht nur ein ökologischer Fortschritt, sondern auch leicht verständlich und kundenfreundlich. Bislang wurden 19,4 Kilogramm pro Einwohner/Jahr an LVP im gelben Sack eingesammelt. Diese Menge soll nun durch die Wertstofftonne auf 24,8 kg pro Einwohner/Jahr gesteigert werden – ein Zuwachs von immerhin 5,4 Kilogramm pro Einwohner oder rund 1800 Tonnen für die gesamte Stadt.

Kosten aufgeteilt

Auf der Grundlage der Verpackungsverordnung werden seit 1993 die Leichtverpackungen von privaten Unternehmen eingesammelt und verwertet. Demgegenüber liegt die Zuständigkeit für die Erfassung und Verwertung der übrigen Wertstoffe aus privaten Haushalten beim öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Die gemeinsame Sammlung von Verpackungen und anderen Wertstoffen in einem Behälter fasst diese beiden Systeme zusammen. Demzufolge sind die Zusammenarbeit und die Aufteilung der Kosten zwischen den für die Sammlung der LVP zuständigen dualen Systemen und dem örE zu regeln.

Zur Umsetzung der gemeinsamen Sammlung hat sich die Stadt Mannheim für das Gebietsteilungsmodell entschieden, das in anderen Kommunen, wie zum Beispiel Berlin, Bielefeld, Darmstadt und im Rhein-Sieg-Kreis bereits praktiziert wird. Bei diesem Modell werden die Gesamtkosten der Wertstofftonne über die Aufteilung des Sammelgebiets zwischen den Akteuren Kommune und duale Systeme abgebildet. Diese Aufteilung orientiert sich am Anteil der LVP und der übrigen Wertstoffe im Sammelgemisch. Auf der Basis einer Abfallanalyse wurde der kommunale Anteil für Mannheim auf 22 Prozent der Sammelmenge festgelegt.

Der Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Mannheim hat daher die Aufstellung und Leerung der Wertstofftonnen in einem Sammelgebiet übernommen, das auf Grundlage statistischer Daten einem Anteil von 22 Prozent der Bevölkerung Mannheims entspricht. Auch für Umschlag, Sortierung und Verwertung der Wertstoffe ist der Eigenbetrieb zuständig. Die hierfür entstehenden Kosten werden von allen Mannheimer Haushalten über die Hausmüllgebühren finanziert.

Für die übrigen 78 Prozent des Stadtgebietes wurde vom zuständigen dualen System die turnusmäßige öffentliche Ausschreibung durchgeführt. Hieran hat sich auch der kommunale Eigenbetrieb beteiligt, den Zuschlag aber nicht erhalten.

Grundsätzlich ist bei den Verhandlungen zu akzeptieren, dass Systembetreiber und öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger teilweise unterschiedliche Interessenslagen haben. Gleichzeitig gibt es auf beiden Seiten relativ wenig „Verhandlungsmacht“, da die rechtlichen Regelungen hier ausschließlich das Konsensualprinzip kennen.

Die Behältergrößen der Wertstofftonne wurden mit 240 Liter (zweirädrig) und 1100 l (vierrädrig) festgelegt. Die 240-l-Tonnen werden im Teilservice geleert, das heißt diese Tonnen müssen am Leerungstag herausgestellt werden. Die 1100-l-Tonnen werden im Vollservice geleert. Die Müllwerker holen diese Tonnen selbst vom Grundstück. Alle Behälter werden im vierwöchentlichen Turnus geleert. Weitere Regelungen betreffen zum Beispiel die Mitbenutzung der Recyclinghöfe, die Zuständigkeit für Eigentümer und Aufstellung der Behälter sowie die Art der Sortierung, Verwertung und Nachweisführung.

Durchgängiges Qualitätsmanagement erforderlich

Die Zweiteilung des Entsorgungsgebietes darf nicht zu unterschiedlichen Qualitäten in der Entsorgung führen. Daher sind auch umfangreiche Abstimmungen mit dem privaten Entsorgungsunternehmen zu treffen, so beispielsweise zum Vorgehen bei Nach- und Umbestellungen von Tonnen, der Mitnahme von gelben Säcken in der Umstellungsphase, zur Erbringung und Abrechnung von Sonderleistungen (vierzehntägliche Leerung, Vollservice, Erschwernisse) sowie zum Umgang mit Fehlbefüllungen.

Für den direkten Kontakt mit dem Kunden wird der örE allerdings immer die Hauptverantwortung tragen. Dies betrifft zum Beispiel die Vorgaben bei der Aufstellung der Wertstofftonne (Volumen je Standplatz), die Beratung bei eventuellen Standplatzproblemen (kein oder zu wenig Platz für die Wertstofftonne) und die gesamte Öffentlichkeitsarbeit. So wurde die Mannheimer Bevölkerung, Grundstückseigentümer und politische Gremien laufend über die Einführung der Wertstofftonne informiert. Unter anderem wurden dabei 180.000 Flyer an alle Haushalte sowie über 35.000 Briefe an die Grundstückeigentümer verschickt.

Weitere Maßnahmen waren eine Plakatkampagne, mehrere Presseartikel, umfassende Informationen im Internet, Werbetafeln auf den städtischen Müllfahrzeugen und Infostände. Für Anfragen stand ab Oktober 2016 ein extra dafür eingerichtetes Servicetelefon zur Verfügung.

Die Aufstellung von rund 50.000 zusätzlichen Tonnen konnte in Mannheim bis Ende 2016 abgeschlossen werden. Ab dem 2. Januar 2017 werden diese Tonnen geleert. Das Beispiel Mannheims zeigt: Die gemeinsame Sammlung von Verpackungen und Wertstoffen ist machbar. Der Weg dorthin ist allerdings nicht leicht.

Stefan Klockow / Reinhard Wick

Die Autoren
Dr. Stefan Klockow ist Leiter des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft Mannheim und Geschäftsführer der ABG Abfallbeseitigungsgesellschaft,
Reinhard Wick ist Leiter der Abteilung Technik und Konzepte beim Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Mannheim

Info: Seit Jahresbeginn 2017 wird in Mannheim die Wertstofftonne geleert. Sie ist für die Aufnahme folgender Stoffe vorgesehen:

  • Leichtverpackungen aus Kunststoff, Metall und Verbundstoffen (bisher Gelber Sack)

  • Stoffgleiche Nichtverpackungen aus Kunststoff und Metall, die tonnengängig sind. Dazu gehören zum Beispiel Spielzeug, Eimer oder Gießkannen aus Kunststoff, Töpfe oder Pfannen aus Metall sowie Eisenwaren.

Hingegen sollen Glas, Papier, Elektrokleingeräte, Batterien, Textilien und Schuhe sowie Holz nicht über die Wertstofftonne entsorgt werden. Für diese Abfälle bestehen in Mannheim gut funktionierende Systeme zur getrennten Sammlung, die ein hochwertiges Recycling ermöglichen.