Luftfilter: Schulen ausstatten oder nicht?

Ein Prüfraum mit Dummys im Indoor Air Test Center IATC des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP. Foto: Fraunhofer IBP

Wie sich Risiken durch virushaltige Aerosole in Innenräumen minimieren lassen, haben Forscher aus 15 Fraunhofer-Instituten im Projekt „AVATOR“, kurz für „Anti-Virus-Aerosol: Testing, Operation, Reduction“ sowie in der „Healthy Air Initiative“ am Institutszentrum Stuttgart untersucht. Ein Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse der Studien, die für Auswahl und Betrieb geeigneter mobiler Luftreiniger für Schulen relevant sind.

Virushaltige Aerosolpartikel in der Luft stellen neben der Infektion im Nahbereich (< 1,5 Meter) einen Hauptübertragungsweg bei COVID-19 dar. Ihre Entfernung aus der Innenraumluft durch regelmäßiges Lüften oder eine raumlufttechnische Anlage wird als Maßnahme der Wahl angesehen, sorgt eine ausreichende Frischluftzufuhr doch gleichzeitig für den Abtransport von Kohlendioxid, flüchtigen organischen Verbindungen, Geruchsstoffen und Feuchte.

In Schulen sind meist keine raumlufttechnischen Anlagen vorhanden. Die freie Lüftung über das Öffnen der Fenster im notwendigen zeitlichen Umfang ist teilweise aus baulichen, akustischen oder aus Komfortgründen nur eingeschränkt möglich. Hier können Luftreinigungsgeräte unterstützend eingesetzt werden.

Untersuchungen von Luftreinigern in Räumen ergaben, dass Filtrations-, UVC- und Kaltplasma-/Ionisationsgeräte die Konzentration an Aerosolpartikeln, die vermehrungsfähige Erreger enthalten, deutlich verringern können. Ausreichend dimensionierte Geräte reduzieren bei fachgerechter Aufstellung die Konzentration an potenziell erregerhaltigen Aerosolpartikeln in der Luft. Sie können Infektionen im Nahbereich jedoch nicht verhindern.

Filtration von Aerosolpartikeln aus der Raumluft

Die Behandlung der Raumluft kann nach zwei Ansätzen erfolgen: durch Filtration oder durch Inaktivierung. Filtrierende Luftreiniger führen die Raumluft über ein oder mehrere Filtermedien, meist eine Kombination aus Grobstaub- und Partikelfilter. Die Aerosolpartikel werden auf dem Partikelfilter abgeschieden und die gereinigte Sekundärluft wird dem Raum wieder zugeführt. Solche Geräte entfernen auch Schimmelpilzsporen, Bakterien und Pollen aus der Raumluft.

Abscheidende Luftreinigungsgeräte verfügen über stärkere Lüfter als inaktivierende Geräte, da der Luftstrom durch das Filtermedium geführt werden muss. Dies bedingt ein höheres Betriebsgeräusch und einen höheren Stromverbrauch. Die Schallleistungspegel der Geräte sollen 43 bis 45 dB(A), der Schalldruckpegel im Raum 35 dB(A) nicht überschreiten. Ist die Standzeit der Filtermedien erreicht oder überschritten, müssen diese fachgerecht gewechselt und entsorgt werden. Das Innere des Gerätes muss gereinigt werden.

Die entsprechenden Vorschriften bezüglich Arbeitsschutz und Entsorgung sind hierbei zu beachten. Dabei ist sicherzustellen, dass es zu keiner Kontamination der Umgebung mit abgeschiedenen oder im Gerät abgelagerten Partikeln kommt, denn diese könnten noch infektiös sein.

Erreger inaktivieren durch UVC-Strahlung

Inaktivierende Geräte scheiden keine Aerosolpartikel ab, sondern inaktivieren Erreger durch die Anwendung von UVC-Strahlung, Kaltplasma oder Ionisation. UVC-Strahlung verändert die Träger der Erbinformationen (DNA oder RNA) so, dass diese in der Wirtszelle nicht mehr vervielfältigt werden können. Die Vermehrung des Virus ist damit unmöglich.

Damit es zu einer Inaktivierung kommt, müssen die Erreger beim einmaligen Passieren des Geräts mit einer Mindest-Strahlungsdosis (70 J/m²) beaufschlagt werden. Diese Strahlungsdosis wird durch die Verweilzeit in der Bestrahlungszone und die Strahlungsintensität bestimmt. Da UVC-Strahlung für den Menschen schädlich ist, müssen die Geräte so ausgelegt sein, dass sie im Betrieb nicht geöffnet werden können beziehungsweise die Strahlung nicht aus dem Gerät austreten kann. Die üblicherweise in UVC-Geräten eingesetzten Strahlungsquellen verlieren mit zunehmender Betriebsdauer an Leistung. Sie müssen deshalb nach einer festgelegten Laufzeit gewechselt werden. Meist befindet sich vor den UVC-Strahlungsquellen oder der Plasma-/Ionisationseinheit ein Grobfilter, der auch regelmäßig zu wechseln ist.

Bei der Kaltplasma- und der Ionisationstechnologie werden kurzlebige reaktive Spezies erzeugt, die sich an die Oberfläche der Erreger anlagern. Dies fördert deren Abscheidung oder führt zu Reaktionen, die die Strukturen der Erregerhülle so schädigen, dass ein Andocken an oder ein Eindringen in die Wirtszelle nicht mehr möglich ist. Inaktivierende Geräte können als Beiprodukte Ozon erzeugen. Die Ozonfreisetzung in die Umgebungsluft kann konstruktiv minimiert oder mithilfe eines nachgeschalteten Aktivkohlefilters verhindert werden. Das ist notwendig, da Ozon ein starkes Oxidationsmittel ist, das die Atemwege reizt.

Einbringen von desinfizierenden Wirkstoffen

Als weitere Luftreinigungstechnologie wird die permanente Einbringung von desinfizierenden Wirkstoffen (Wasserstoffperoxid, Natriumhypochlorit, Chlordioxid, Hypochlorige Säure etc.) in die Raumluft angeboten. Diese Verfahren werden zum Teil erfolgreich zur Raum- und Oberflächendesinfektion eingesetzt. Die für eine wirksame Inaktivierung von Erregern in der Luft benötigte Konzentration ist bislang unbekannt, ebenso mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit von im Raum befindlichen Personen.

Mobile Luftreiniger müssen so aufgestellt werden, dass der Luftstrom weder im Ansaug- noch im Ausblasbereich behindert wird. Das Wiederansaugen der gereinigten Luft muss vermieden werden. Bei der Wahl des Aufstellungsorts ist zu beachten, dass in unmittelbarer Nähe Zugerscheinungen auftreten können. Mobile Luftreiniger sollen vor Unterrichtsbeginn eingeschaltet werden und kontinuierlich bis nach Unterrichtsende in Betrieb bleiben. Luftreiniger bedürfen der regelmäßigen und fachgerecht durchgeführten Wartung. Ihr Betrieb ist kein Ersatz für regelmäßiges Lüften. Christian Scherer

Der Autor: Dr.-Ing. Christian Scherer ist Diplom-Chemiker und Leiter der Abteilung Umwelt, Hygiene & Sensorik beim Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP am Standort Holzkirchen.