Bei Bauprojekten mit Raumzellen ist oft unklar, welche brandschutztechnischen Nachweise erforderlich sind. Hilfestellung bietet ein Praxisleitfaden von Experten der RWTH Aachen und Modulbauspezialisten.
Die Bedeutung von modularem Bauen steigt immer weiter an: Die steigenden Bevölkerungszahlen und der demographische Wandel erfordern eine schnelle und qualitätsvolle Schaffung von Wohnraum sowie von Gesundheits-, Bildungs- und Betreuungsimmobilien. Der Modulbau hat sich dabei in den letzten Jahren in vielfältiger Art und Weise weiterentwickelt. In Bauprojekten mit Raumzellen stellen sich Bauherrschaften, Planer, Hersteller und Behörden immer wieder die Frage, welche bautechnischen Nachweise, insbesondere zum Brandschutz, konkret erforderlich sind.
Da bisher kein einheitliches Verständnis bei allen Beteiligten hinsichtlich der Eigenschaften, Voraussetzungen und Eignungen der Nachweise besteht, führt dies zu Unsicherheiten und Verzögerungen in den Projektabläufen sowie Kostenanstiegen. Die Folge: Die eigentlichen Vorteile der Raumzellenbauweise gegenüber der konventionellen Bauweise, die neben ökologischen Aspekten in einer kürzeren Projektdauer sowie geringeren Projektkosten liegen, kommen nicht zum Tragen.
Raumzellenexperten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Landesverwaltung
Das Center Building and Infrastructure Engineering (CBI) der RWTH Aachen hat daher Anfang 2021 den ersten Praxisleitfaden für brandschutztechnische Nachweise im Modulbau veröffentlicht. Die Mitglieder des CBI sind Raumzellenexperten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Landesverwaltung. Sie befassen sich mit aktuellen Herausforderungen für eine erfolgreiche Bauweise mit Raummodulen, Containern und ehemaligen Seefrachtcontainern.
In Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen haben die Experten innerhalb eines Jahres ein Dokument erarbeitet, das Hinweise zum Nachweis von brandschutztechnischen Eigenschaften von Modulbaukonstruktionen komprimiert zusammenfasst.
Das Konsortium umfasst das Institut für Stahlbau der RWTH Aachen mit dem Lehrstuhl für Stahl und Leichtmetallbau sowie dem Lehr- und Forschungsgebiet Nachhaltigkeit im Metallleichtbau. Zu den beteiligten Raumzellenexperten gehören unter anderem die Firmen Algeco, Alho, Säbu, Kleusberg sowie der Brandschutzexperte BFT Cognos.
Hilfestellung für Bauherrschaften, Planer, Hersteller und Behörden
In regelmäßigen Arbeitstreffen erarbeitete das Konsortium den Praxisleitfaden zu Anforderungen an Bauteile von Raumzellengebäuden als Stahltragkonstruktion aus Gründen des Brandschutzes. Diese einheitliche Hilfestellung für Bauherrschaften, Planer, Hersteller sowie Behörden umfasst folgende Punkte:
- Einführung und Definition von Begrifflichkeiten und Anforderungen
- Unterteilung in drei Raumzellentypen: Typ I (Seefrachtcontainer), Typ II (nach außen freie Stahlrahmen) und Typ III (nach außen beplankte Stahlrahmen)
- Auflistung und Evaluierung der Nachweisformen der Verwendbarkeit und Anwendbarkeit auf nationaler sowie europäischer Ebene.
- Darstellung alternativer Nachweisansätze auf Basis der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen.
Die Veröffentlichung des Praxisleitfadens ist der erste Schritt zum Brandschutz im Modulbau. In der zweiten Phase wollen die Mitglieder des CBI verschiedene Konstruktionsmerkmale für Raumzellentypen in brandschutztechnischer Hinsicht erarbeiten und versuchen, Standards zu definieren und Bauprozesse zu beschleunigen.
Dr. Carl Richter, Geschäftsführer des CBI, sagt über die Modulbauaktivitäten der RWTH Aachen: „Wir freuen uns, dass wir eine starke Community und Expertise im Modulbau aufgebaut haben. Das gemeinsame Wissen bringen wir auch in die nächste Projektphase ein sowie in die kommenden Projekte, zum Beispiel die Nachhaltigkeitsbewertung von Raumzellengebäuden und das Building Information Modelling.“