Verstärkt ausbilden, bisher verwaltungsferne Jobkandidaten ansprechen und ältere Beschäftigte weiterqualifizieren – für die Rathäuser gilt das angesichts des Fachkräftemangels als Gebot der Stunde. Über das Thema sprach der gemeinderat mit Lars Gölz vom Niederlausitzer Studieninstitut.
Herr Gölz, der Bedarf an Nachwuchspersonal in den Rathäusern ist als Folge des verstärkten Ausscheidens vieler älterer Mitarbeiter in den Ruhestand schon jetzt spürbar. Was heißt das für den Stellenwert der Aus- und Fortbildung?
Gölz: Auf Grund der breit gefächerten und teilweise hochkomplexen Aufgabengebiete einer Kommunalverwaltung hat eine gute Ausbildung dort schon immer einen sehr hohen Stellenwert. Da es allerdings zunehmend schwieriger wird, gut ausgebildete Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt zu finden, bilden Verwaltungen nun verstärkt aus und greifen zusätzlich auf Quereinsteiger zurück, die dann mit entsprechenden Fortbildungen auf die Verwaltungsaufgaben vorbereitet werden.
Um Nachwuchskräfte gewinnen zu können, muss es zunächst überhaupt ein Jobbewerberpotenzial geben. Jobkandidaten sind besonders in den ländlichen Räumen dünn gesät. Wie kann eine Fortbildungseinrichtung wie Ihr Institut hier helfen?
Gölz: Das NLSI ist da in zwei Richtungen aktiv: Zum einen entwickeln wir gemeinsam mit den Kommunalverwaltungen in unserem Verbandsgebiet die bestehenden Aus- und Fortbildungslehrgänge stetig weiter. So haben wir vor zwei Jahren einen Kompetenzlehrgang geschaffen, der speziell auf Quereinsteiger mit akademischem Abschluss zugeschnitten ist. Zum anderen gehen wir verstärkt an die Öffentlichkeit. Wir begleiten beispielsweise einzelne Verwaltungen, die sich auf Aus- und Fortbildungsmessen präsentieren, und wir berichten regelmäßig der Presse über unsere Aktivitäten.
Am NLSI bieten Sie die Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten an. Wie groß ist das Interesse an diesem Lehrgang und wo in der (Aus-)Bildungslandschaft für den öffentlichen Dienst ist diese Qualifikation einzuordnen?
Gölz: Bei der Berufsausbildung zum Verwaltungsfachangestellten handelt es sich um die klassische Berufsausbildung für die öffentliche Verwaltung. Sie ist sehr breit angelegt und befähigt dazu, in nahezu allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung als Sachbearbeiter eingesetzt zu werden. Für die Kommunalverwaltungen stellt sie daher nach wie vor die wichtigste Berufsausbildung dar. Mit ihrem hohen Anteil an Rechtsfächern zählt sie allerdings auch zu den anspruchsvollsten Berufsausbildungen. Trotzdem ist sie bei Berufseinsteigern äußerst beliebt, da der spätere Einsatzbereich in einer Verwaltung so vielfältig ist. Das beweist auch der hohe Anteil an Abiturienten, die diesen Weg einschlagen. Und das, obwohl in Deutschland ein allgemeiner Trend zum Studium besteht.
Was lässt sich für die Absolventen und für den Arbeitgeber aus dem Abschluss „Verwaltungsfachangestellter“ machen?
Gölz: Ausgebildeten Verwaltungsfachangestellten steht vor allen Dingen der Weg offen, die Aufstiegsfortbildung zum Verwaltungsfachwirt zu besuchen. Diese ermöglicht die Eingruppierung ab Entgeltgruppe 9b TVöD, was in etwa dem gehobenen Dienst in einer Beamtenlaufbahn entspricht und den Weg in die Führungsetage eröffnet.
Wie wandelt sich die Ausbildung für Verwaltungskräfte angesichts neuer Themen in der Verwaltung, etwa E-Government, Datenschutz und interkulturelle Kompetenz?
Gölz: Zum einen finden diese Themen in der Lehre Berücksichtigung. So bekommen beispielsweise angehende Verwaltungsfachangestellte in dem Modul Informations- und Kommunikationssysteme mit, wo einzelne Herausforderungen bei der Digitalisierung liegen. Zum anderen haben diese Themen auch Einfluss auf die Organisation des Lehr- und Prüfungsbetriebs. Die Technik bietet immer neuere Möglichkeiten, den Unterricht zu bereichern. Wir setzen seit ein paar Jahren unter anderem interaktive Tafeln ein.
Der öffentliche Dienst gilt als ein attraktiver, aber für verwaltungsferne Zielgruppen unbekannter Arbeitgeber. Auf was kommt es an, wenn sich Jobbewerber ohne Verwaltungserfahrung für eine Karriere im Rathaus interessieren?
Gölz: Bewerber müssen sich zunächst darüber im Klaren sein, dass sich die Arbeit in einer Verwaltung völlig anders gestaltet als in der Privatwirtschaft. Neueinsteiger tun sich nicht nur mit den komplexen rechtlichen und finanzwirtschaftlichen Zielvorgaben schwer. Auch politische Mechanismen, Transparenzgebote und Mitbestimmungsrechte sowie Befugnisse von Aufsichtsbehörden sind für den Laien schwer zu durchschauen. Quereinsteiger sollten sich daher sehr genau informieren, welche Aus- und Fortbildungslehrgänge speziell auf die Verwaltung abgestimmt sind und welche davon von den jeweiligen Kommunalverwaltungen überhaupt anerkannt werden. Die Berufsausbildung zum Verwaltungsfachangestellten oder die von Studieninstituten und Verwaltungsschulen angebotenen Angestelltenlehrgänge zählen hier in jedem Falle dazu.
Und was muss in diesem Zusammenhang der Arbeitgeber wissen?
Gölz: Die kommunalen Arbeitgeber stehen bei beruflichen Quereinsteigern zunehmend vor dem Problem, dass sie bei der Fülle von unterschiedlichen Abschlüssen und Studienrichtungen kaum noch anhand von Zeugnissen und Zertifikaten beurteilen können, inwiefern der jeweilige Bewerber ausreichende Kompetenzen für die Tätigkeit in einer Kommunalverwaltung erworben hat. Speziell zugeschnittene Auswahlverfahren werden daher bei Quereinsteigern bald unverzichtbar sein.
Kann die Weiterqualifizierung älterer Mitarbeiter in den Kommunalverwaltungen ein Weg sein, dem Engpass bei den Fachkräften entgegenzuwirken?
Gölz: Jeder Mitarbeiter ist wichtig. Daher sollte man auch die Weiterqualifizierung älterer Mitarbeiter in Erwägung ziehen. Das Vorurteil, ältere Mitarbeiter würden sich mit dem Lernen schwertun und hätten vor dem Hintergrund des herannahenden Ruhestands nicht mehr die Bereitschaft, etwas Neues zu lernen, mag zwar an der einen oder anderen Stelle stimmen. Es gibt jedoch viele engagierte ältere Mitarbeiter, die sich darauf einlassen und gerne einen neuen Weg gehen.
Interview: Wolfram Markus
Zur Person: Lars Gölz (Jg. 1975) ist seit 2015 Studienleiter des Niederlausitzer Studieninstituts für kommunale Verwaltung (NLSI) mit Sitz in Beeskow und hauptamtlicher Dozent Kommunalrecht. Zuvor war er Projektleiter bei der Tourismusagentur der Wirtschaftsförderung Bergstraße GmbH (Hessen). Das NLSI ist als kommunaler Zweckverband mit der Aus- und Fortbildung des Verwaltungspersonals der Städte, Gemeinden und Landkreise im Südosten Brandenburgs beauftragt. Die Träger sind: die Städte Cottbus und Frankfurt (Oder) sowie die Landkreise Dahme-Spreewald, Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree und Spree-Neiße.