Kreislauf geschlossen in Hamburg

In Hamburg demonstriert eine Pilotanlage das wirtschaftliche Phosphor-Recycling aus Klärschlammasche. Das Endprodukt Phosphorsäure ist ein hochwertiges und vielseitig einsetzbares Produkt, das den Anforderungen der Industrie an einen Recyclingrohstoff entspricht.

Hamburg Wasser und Remondis Aqua betreiben auf der Hamburger Kläranlage seit fast 20 Jahren die Verwertungsanlage für Rückstände aus der Abwasserbehandlung (VERA). Diese Mono-Wirbelschichtfeuerungsanlage behandelt sämtliche Hamburger Klärschlämme nach Teiltrocknung sowie weitere externe regionale und überregionale Schlämme. Bei einem Input von rund 65.000 Tonnen Trockensubstanz pro Jahr verbleiben als Verbrennungsrest rund 20.000 Tonnen trockene Asche.

Seit der Betriebsaufnahme der VERA 1997 wird die Asche stofflich verwertet. Aufgrund des hohen Siliziumgehaltes von knapp 30 Prozent eignet sich das Trockengut hervorragend, um in der Hamburger Kupferhütte als Schlackenbildner eingesetzt zu werden. Das Schmelzprodukt wurde 15 Jahre lang vollständig im Wasserstraßenbau eingesetzt. Das Gesamtkonzept VERA und Ascheverwertung war auch Vorzeigemodell bei der EXPO 2000.

Seither hat sich die Beurteilung des Nutzens der Inhaltsstoffe deutlich verändert. Klärschlammasche enthält wertvolle Mineralien und Nährstoffe wie Calcium, Magnesium, Phosphor, aber auch Eisen und Aluminium. In der Summe sind rund 75 Gewichtsprozente der Asche diesen Wertstoffen zuzuordnen.

Wegen der absehbaren Endlichkeit der für die Natur unentbehrlichen Phosphate hat dieser Stoff eine besondere Bedeutung und die Rückgewinnung aus Klärschlamm oder Klärschlammasche wird zunehmend gefordert. Die Hamburger Asche ist reich an Phosphor – ein Recycling aus diesem Stoffstrom ist deshalb effizienter als die Rückgewinnung aus dem Klärschlamm.

Damit die Phosphate nicht verloren gehen, sind viele Recyclingverfahren entwickelt worden, die darauf beruhen, Phosphate wie Magnesium-Ammonium-Phosphat (MAP) oder Calciumphosphat aus Abwässern oder Klärschlämmen direkt in Kläranlagen zu gewinnen und als Düngemittel der Landwirtschaft anzubieten. Ähnlich wie beim Klärdünger ist jedoch erkennbar, dass in der Landwirtschaft solche Produkte nicht angemessen honoriert werden, sodass ein zukünftiges Phosphor-Recycling ein zusätzlicher Kostenfaktor sein wird und nur über höhere Abwassergebühren zu finanzieren ist.

Industrielle Verwendung

Besser ist es, wenn die „Ressourcenquelle Kläranlage“ ihre Abfälle so aufbereitet, dass Produkte entstehen, die in der Industrie als Rohstoffe mit adäquater Wertigkeit akzeptiert und dort in verkaufsfähige Produkte weiterverarbeitet werden können. Bei diesem Grundsatz besteht prinzipiell kein Unterschied zu anderen Bereichen der Kreislaufwirtschaft, beispielsweise zu der Metallindustrie, wo aus „Schrott“ wertvolle Metalle wie Eisen, Aluminium, Zink, Kupfer oder Silber bis hin zu den besonders kostbaren Metallen der Seltenen Erden zurückgewonnen werden. Für das Phosphor-Recycling schließt sich auf diesem Weg erstmalig ein Stoffkreislauf für Phosphor insgesamt.

Wegen der günstigen Kombination von Stickstoff (N) und Phosphat (P) werden in der Landwirtschaft überwiegend Ammoniumphosphate wie zum Beispiel Diammoniumphosphat ((NH4)2HPO4) eingesetzt, die aus Ammoniak und Phosphorsäure hergestellt werden. Daher gibt es für reine Phosphatdünger (Calciumphosphate) nur einen sehr kleinen Markt. Diesen von Kläranlagen mit dort erzeugten Phosphaten aus Rückgewinnungsanlagen zu beliefern, ist kein marktwirtschaftlich tragbares Konzept.

Aus diesem Grund hat Remondis Aqua bei der Entwicklung neuer Verfahren das technische Konzept mit dem Ziel verändert, vermarktungsfähige Rohstoffe zu gewinnen, um dadurch die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Mit dem „Tetraphos“-Verfahren ist es erstmalig möglich, den in Klärschlammaschen enthaltenen Wertstoff Phosphor wirtschaftlich zurückzugewinnen. Das Endprodukt Phosphorsäure ist ein hochwertiges und vielseitig einsetzbares Produkt, das den Anforderungen der Industrie an einen Recyclingrohstoff entspricht. Im Prozess fallen keine zusätzlichen Abfallstoffe an, sondern es entstehen mit dem Rohstoff Gips und einer Metallsalz-Lösung zusätzlich werthaltige und in der Industrie sowie Kläranlagen nutzbare Stoffe. Die Pilotanlage der Phosphor-Rückgewinnung in Hamburg erreicht die Recyclingquoten der novellierten Klärschlammverordnung. Sie leistet somit einen Beitrag für die zukünftige Versorgung mit Phosphor als wichtigem Dünger und elementarem Lebensbaustein.

Das Verfahren ergänzt die Prozesskette Abwasserreinigung mit Phosphor-Elimination, energetischer und thermischer Verwertung der Klärschlämme um das Phosphor-Recycling. Die Abwasserreinigung entwickelt sich dadurch neben ihrer Bedeutung als Schadstoffsenke und neuerdings Energielieferant zu einer Rohstoffquelle wichtiger endlicher Grundstoffe.

Die in Hamburg aus der Klärschlammasche zurückgewonnene Phosphorsäure dient als Grundstoff für die Düngemittel- und Futtermittelproduktion sowie Lebensmittelzusätze und Korrosionsschutzmittel. Dem Unternehmen ist es damit gelungen, einem drohenden rohstofflichen Engpass durch ein innovatives und mittlerweile preisgekröntes Verfahren entgegenzuwirken.

Red.