Kostenfalle umgehen beim Liegenschaftserwerb

Kommunen sind häufig besonders am Erwerb von Konversions­liegenschaften interessiert. Eigentümer dieser Grundstücke ist in der Regel die Bundes­anstalt für Immobilienaufgaben. Beim Ankaufsprozess gilt es eine Reihe von Besonder­heiten zu beachten, damit ein angemessener Kaufpreis gefunden wird.

Der Begriff „Konversion“ bezeichnet in der Stadtplanung die Wiedereingliederung von Brachflächen. Er wird vor allem für die Umnutzung von ehemaligen militärischen Anlagen (Konversionsflächen) für zivile Zwecke verwendet. Durch den Abzug von Streitkräften und die aktuelle Bundeswehrstrukturreform werden zahlreiche militärisch genutzte Liegenschaften nicht mehr benötigt. Die Grundstücke stehen in den meisten Fällen im Eigentum der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Für diese Liegenschaften, die sich oft in attraktiver Lage innerhalb des Gemeindegebietes befinden, muss eine zivile Anschlussnutzung gefunden werden.

Die Kommunen sowie Unternehmen, an denen eine Kommune mehrheitlich beteiligt ist, können diese Grundstücke über den bevorzugten Direkterwerb (Erstzugriffsoption) erlangen und dabei für bestimmte Nutzungszwecke Kaufpreisnachlässe erhalten. Über die Erstzugriffsoption können von der Konversion unmittelbar betroffene Kommunen Liegenschaften zum gutachterlich ermittelten Verkehrswert ohne Bieterverfahren erwerben. Die Kommune muss hierfür gegenüber der BImA verbindlich erklären, dass der Erwerb dauerhaft unmittelbar der Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben dient (Zweckerklärung). Der Erstzugriff verfällt, wenn der Erwerbsberechtigte das Erwerbsinteresse nicht innerhalb von sechs Monaten nach Mitteilung durch die BImA erklärt hat.

Kaufvertrag und Gutachten aufeinander abstimmen

Das Verkehrswertgutachten wird von Sachverständigen der BImA oder von seitens der BImA beauftragten externen Gutachtern erstellt und ist von grundlegender Bedeutung, da es den Kaufpreis bestimmt. Bei der Wertermittlung werden nicht selten Fehler gemacht. Daher sollte das Gutachten nicht ungeprüft von der Kommune akzeptiert, sondern kritisch geprüft werden.

Zudem ist es von entscheidender Bedeutung, Grundstückskaufvertrag und Verkehrswertgutachten bis ins Detail aufeinander abzustimmen. Denn das Gutachten hat eine weit größere Bedeutung für den Grundstückskaufvertrag als nur die Feststellung des Kaufpreises. So werden im Verkehrswertgutachten häufig bestimmte Annahmen ungeprüft unterstellt. Beispielsweise wird angenommen, dass sich keine Altlasten im Boden befinden. Dies wird dann zur Grundlage der Bewertung gemacht. Konversionsgrundstücke sind aber in hohem Maße altlastenverdächtig. Sofern dies im Verkehrswertgutachten ausgeklammert wird, muss der Kaufvertrag Regelungen treffen, wie mit Altlasten umgegangen wird. Andernfalls droht hier eine dramatische Kostenfalle. Gleiches gilt für eine Vielzahl weiterer Sachverhalte wie Kampfmittel, archäologische Funde, Denkmalschutz, Abfälle oder Gebäudeschadstoffe.

Eine weitere Besonderheit ist, dass der Erstzugriff auch dann entfällt, wenn die Verkaufsverhandlungen mit der BImA nicht innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des Wertermittlungsergebnisses zur notariellen Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages geführt haben. Hier darf sich die Kommune nicht darauf verlassen, dass die Verhandlungen ausreichend zügig geführt werden.

Vielmehr zeigt die Erfahrung, dass nur durch eine strukturierte Planung und ständige Überwachung des gesamten Verhandlungsprozesses diese Frist eingehalten werden kann. Auch wenn diese Jahresfrist von der BImA regelmäßig insoweit verlängert wird, als das Erstzugriffsrecht nicht entfällt, führt das Überschreiten der Frist dazu, dass von der BImA ein neues Verkehrswertgutachten gefordert wird. Dies führt zum einen zu Mehrkosten und hat zum anderen – und viel entscheidender – oft die erhebliche Steigerung des Verkehrswerts und damit des Kaufpreises zur Folge.

Chance zum Verhandeln

Weiteres wesentliches Element des Kaufvorgangs ist die Gewährung von Kaufpreisnachlässen, sogenannten Verbilligungen. Grundlage ist die erst am 27. September 2018 in Kraft getretene, neue Verbilligungsrichtline (VerbR 2018). Verbilligungen auf den Kaufpreis (Verkehrswert) werden etwa für die Nutzung der Flächen für soziale Einrichtungen, für die Unterbringung von Flüchtlingen, für Infrastruktureinrichtungen und für Maßnahmen nach den Regelungen zum Besonderen Städtebaurecht gewährt. Der in der Praxis häufigste Fall ist die verbilligte Abgabe von Liegenschaften für Zwecke des sozialen Wohnungsbaus.

Gerade in diesem Bereich kam es durch die VerbR 2018 zu erheblichen Änderungen, die zu deutlich höheren Verbilligungsabschlägen führen. Inwieweit auch vor 2018 abgeschlossenen Grundstückskaufverträge von dieser Neuregelung erfasst sind, richtet sich nach den Regelungen des Vertrages. Daher sollten auch Altverträge rechtlich darauf geprüft werden, ob die VerbR 2018 gilt und es dadurch zugunsten der Kommunen zu nachträglichen Verbilligungen und damit zur Rückzahlung von Kaufpreisteilen kommen kann.

Die BImA legt einen Standardkaufvertrag vor. Dieser sollte von einer Kommune jedoch nicht ohne Weiteres akzeptiert werden, auch wenn in der Regel von der BImA deutlich gemacht wird, dass kaum Verhandlungsbereitschaft besteht. Gleichwohl können durch die richtige Verhandlungstaktik und ausreichend Erfahrung erhebliche Verbesserungen für die Kommunen durchgesetzt werden.

Wesentliche Grundlage bei der Vertragsgestaltung ist dabei der Überblick über das Zusammenwirken der vielen Regelungen. Denn die Kosten, die auf die Kommune beim Erwerb zukommen, ergeben sich nicht allein aus dem Kaufpreis, sondern werden durch verschiedenste Stellschrauben im Gesamtvertrag bestimmt. Hier ist insbesondere die Verteilung von Chancen und Risiken und Folgekosten von entscheidender Bedeutung. Hinter einem günstigen Kaufpreis können dramatische Folgekosten stecken.

Michael Hoppenberg / Nadine Bethge

Die Autoren
Michael Hoppenberg ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Wolter Hoppenberg Rechtsanwälte mit Sitz in Hamm, Münster und Berlin, Dr. Nadine Bethge ist dort Rechtsanwältin